Modesty Blaise 05: Die Goldfalle
Pennyfeather.» Sie schüttelten die Hände. «Ich wollte nur ein bißchen Luft schnappen. Herrlich, dieses kalte Wetter, wissen Sie, wenn man gerade aus Afrika gekommen ist. Die beiden prügeln sich ein bißchen da drinnen.» Er wies mit dem Daumen auf das fensterlose Gebäude. «Sie wirbeln sich gegenseitig durch die Luft, daß es nur so kracht. Bemerkenswerter Zeitvertreib. Aber ein bißchen beunruhigend, wenn Sie wissen, was ich meine.»
«Ich weiß, was Sie meinen», sagte Tarrant. «Ich glaube, Mr. Spurling nannte Sie Doktor. Sind Sie mit Willie befreundet?»
«Eigentlich mehr mit Modesty. Sie hat mich sozusagen in Tansania aufgelesen, als ich ein bißchen in der Klemme saß. Sie ist furchtbar nett, wissen Sie. Ich wohne jetzt seit zwei Wochen bei ihr; bis ich irgendwo eine Stelle finde.»
«Ja, sie ist furchtbar nett», pflichtete Tarrant ihm bei.
Er war leicht überrascht. Wenn Pennyfeather im Penthouse wohnte, dann war er wahrscheinlich Modestys derzeitiger – Tarrant zögerte im Geiste, welches Wort hier anzuwenden wäre, und entschied sich für Geliebter.
Altmodisch, natürlich, aber «Freund» fand er zu prüde und «ständiger Begleiter» verursachte ihm Übelkeit.
Also war Pennyfeather wahrscheinlich ihr Geliebter.
Merkwürdig. Tarrant hatte den einen oder anderen ihrer Verflossenen gekannt. Hagan, den Agenten. John Dall, den amerikanischen Bonzen. Collier, den urbanen Gelehrten mit dem treffsicheren Humor. Sie waren alle sehr verschieden gewesen, aber dieser hier war wieder ganz anders. Keine Spur von Hagans Zähigkeit, von Dalls beeindruckender Persönlichkeit, von Colliers scharfem Verstand. Er war anscheinend ein junger Wirrkopf. Und doch – er hatte etwas undefinierbar Attraktives an sich. Nein, nicht attraktiv, das klang zu läppisch. Gewinnend vielleicht?
Unvermittelt sagte Pennyfeather: «Wissen Sie, eigentlich bin ich an die frische Luft gegangen, um über Mrs. Leggetts Gallenstein nachzudenken, falls sie wirklich einen hat. Lassen Sie sich deshalb nicht durch mich aufhalten. Gehen Sie ruhig hinein. Ich habe die Türen offengelassen.» Er zeigte wieder auf das Gebäude.
«Danke», sagte Tarrant. «Vielleicht sehe ich Sie später noch. Ich hoffe, Ihr Nachdenken über den Gallenstein führt zu einem zufriedenstellenden Ergebnis.»
«Mmm. Wenn es einer ist», wiederholte Pennyfeather grüblerisch.
Tarrant ging weiter, Pennyfeather sah ihm nach, die Hände tief in den Hosentaschen vergraben; die großen Falten seines Sweaters hingen an ihm herab wie die Runzeln in der Haut eines Nashorns. Die äußere Tür war zugefallen, ging aber auf, als Tarrant dagegendrückte. Er machte einen Schritt und öffnete die innere Tür. Plötzlich konnte er es kaum erwarten, Modesty wiederzusehen. Im Wohnzimmer einer Suite im Dorchester stand Adrian Chance am Fenster und schaute auf den Verkehr hinunter. Er hatte die Arme verschränkt und wirkte sehr angespannt. Jacko lümmelte mit mürrischem Gesicht in einem Sessel. Brunel saß auf der Couch und blätterte gelangweilt in der Morgenzeitung.
«Du brauchst nur ein Wort zu sagen, mehr nicht», sagte Chance scharf. «Gib uns 48 Stunden, und sie sind tot.»
«Ich verstehe.» Brunel blickte nicht von seiner Zeitung auf. «Angenommen, es gelingt euch wirklich. Wozu soll das gut sein?»
Chance drehte sich um und verbarg mit eiserner Selbstbeherrschung seine Wut. «Sie wären tot», zischte er durch die Zähne. «Ist das nicht genug?»
Brunel schaute verwundert auf. «Ich kann dir nicht ganz folgen, Adrian. Wie stellst du dir das denn vor? Siehst du Blaise und Garvin auf einer Wolke im Himmel oder einem Felsen in der Hölle sitzen und in ewiger Wut die Zähne fletschen, weil sie von dir und Jacko umgebracht worden sind? Ich kann wirklich nicht glauben, daß du da die richtige Vorstellung hast. Ich war immer der Meinung, daß der Tod jeder Rache ein Ende setzt.»
«Dann gib uns 72 Stunden», drängte Chance. «Wir würden sie langsam vom Leben zum Tode befördern.
24 Stunden in der Hölle, bevor sie abkratzen.» Jacko knurrte zustimmend. Brunel wandte sich wieder seiner Zeitung zu. «Ich bin an Rache als Selbstzweck nicht interessiert», sagte er leicht ungehalten.
«Das bringt nichts ein. Natürlich habe ich im Prinzip nichts gegen Folterung. Sie kann ein sehr nützliches Mittel sein. Wenn du mir versprechen könntest, daß deine Bemühungen zur Wiederbeschaffung des gesamten Tresorinhalts führen, wäre ich sofort bereit, dir freie Hand zu lassen. Aber
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