Modesty Blaise 05: Die Goldfalle
Grinsen, das sie begleitete. «Du siehst phantastisch aus, Prinzessin. Gehn wir noch ein bißchen im Foyer auf und ab, damit die anderen Männer eine Stinkwut auf mich bekommen.»
Du hast mich zum Lachen gebracht, Willie. All die Geschichten über die Mädchen, die du gekannt hast. Hast du mich manchmal begehrt? Ich hab nie versucht, dich dahin zu bringen. Es ist nicht alles, nicht einmal das Wichtigste. Wir hatten so viel mehr. Ich habe immer das Gefühl gehabt, daß du nichts ändern wolltest, weil es uns hätte verderben können, was wir hatten.
Und du kannst recht gehabt haben. Ich wäre traurig gewesen, wenn ich das Große verloren hätte, um das Kleine zu bekommen. Ich glaube, du hast das auch gespürt.
Schlaf gut, Willie, Liebling. Ich hab dir das eingebrockt, aber ich werde jetzt nicht anfangen, mich schuldig zu fühlen. Du würdest das gar nicht mögen.
Ich weiß nicht, ob du dir noch Sorgen um mich machen kannst, aber bitte tu’s nicht. Wenn es ihnen gelingt, mich aus dem Weg zu räumen, dann bestimmt nicht, weil ich mich nicht gewehrt hätte, das weißt du.
Ich werde ein bißchen Zeit brauchen, um mein Gleichgewicht wiederzufinden. Es wird hart sein, allein zu bleiben nach all den Jahren, aber ich werde nicht aufgeben. Und da ist noch der arme Giles. Ich muß ihn hier herausholen, wenn ich irgend kann. Es wird nicht leicht sein. Ich brauche eine bessere Chance, als du sie hattest. Halt mir die Daumen.
Schlaf gut, Willie, Liebling …
Die Bewältigung war vollzogen, sie hatte sich der Wirklichkeit gestellt, wenn auch der Schmerz noch frisch war und nie ganz vergehen würde. Mit sanfter Gewalt zwang sie sich, ruhig zu werden.
Ihre Nerven waren jetzt nicht mehr angespannt. Sie verlangsamte ihren Atem noch mehr und suchte und fand jenen tranceartigen Yoga-Seinszustand, der wie ein kleiner Winterschlaf ist, in dem die geistigen und körperlichen Vorgänge beinahe zum Stillstand kommen. Und so ruhte sie sich aus.
Als sie die Augen wieder öffnete, hatte die Sonne ihren Zenit überschritten. Vor sich konnte sie die nordafrikanische Küste sehen. Die Sitze gegenüber waren leer. Auf der anderen Seite saß Jacko, den Kopf wehleidig auf ein Kissen gelegt, ein feuchtes Handtuch um den Hals geschlungen oder, besser gesagt, zwischen Kopf und Schultern, denn Hals hatte er fast keinen. Er konnte von Glück reden, daß er noch lebte, dachte sie ein wenig bitter. Die meisten Menschen hätten sich den Hals gebrochen, als Willie aus der Tür fiel.
Adrian Chance, dessen Handgelenk verbunden war, schaute sie haßerfüllt mit seinen mörderischen blauen Augen an. Sie wußte, weshalb. Trotz widriger Umstände hätte Willie sie um ein Haar beide geschlagen, ihn und Muktar. Das war eine unerträgliche Demütigung. Chance mußte jemanden dafür hassen, und da Willie tot war, war sie der beste Ersatz. Das Mädchen Lisa lag weiter vorn zusammengerollt auf einem Doppelsitz und schlief.
Modesty drehte den Kopf und sah, daß Pennyfeather sie nachdenklich betrachtete. Sein Gesicht war müde und eingefallen, aber es war ganz ruhig. Sie sah, daß seine Müdigkeit auf dem Schock, nicht auf Angst oder Verzweiflung beruhte. Das war gut. Sie zog eine Augenbraue hoch, schaute auf den leeren Sitz gegenüber und fragte, wo Brunel sei.
Pennyfeather antwortete ihr sehr leise, beinahe flüsternd, damit Chance ihn nicht verstehen konnte: «Er ist im Cockpit, oder wie man das nennt, wo der Pilot sitzt.» Er schaute auf seine in den Ärmeln der Zwangsjacke steckenden Arme hinunter, dann wieder in ihr Gesicht. «Es tut mir leid. Ich meine wegen Willie. Könnt ich doch deine Hand halten.»
Sie nickte, um ihm zu zeigen, daß sie alles verstand, was sich hinter seinen Worten verbarg, alles, was man nicht mit Worten sagen konnte. Nach einer Weile sprach er weiter. «Du hast eine Ewigkeit geschlafen. Fühlst du dich jetzt ein bißchen besser?»
«Ja. Und du?»
«Mir fehlt nichts. Möchtest du aufs Klo gehen?»
«Nein. Ich hab nicht einfach geschlafen. Ich war für eine Weile woanders.»
«So was wie Yoga? Eine Art Trance?»
«Ja, gewissermaßen.»
«Ich wußte nicht, daß du das kannst.»
«Ein alter Mann namens Sivaji hat es mich gelehrt. In der Wüste Thar, nördlich von Dschodphur. Später schickte ich Willie zu ihm …» Sie verstummte. «Aber das ist jetzt unwichtig. Ist irgend etwas gewesen?»
«Nicht viel. Vor einer Stunde haben sie mich losgemacht und aufs Klo gehen lassen. Dieser silberhaarige Dreckskerl hat dir die ganze Zeit
Weitere Kostenlose Bücher