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Modesty Blaise 05: Die Goldfalle

Modesty Blaise 05: Die Goldfalle

Titel: Modesty Blaise 05: Die Goldfalle Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Peter O'Donnell
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schrillen, gurgelnden Schrei aus und holte mit der anderen Faust aus. Willie fing den Schlag mit der Oberseite seines Kopfes ab, ohne das Handgelenk freizugeben. Dann lehnte er sich zurück und riß die Arme hoch. Mein Gott, er schafft es! dachte sie. Sie wußte, was er vorhatte. Er würde den halb bewußtlosen Jacko hochwuchten und gegen Chance schleudern, so daß dieser zu Fall kommen würde. Drei Sekunden, und er würde sich aus der Zwangsjacke befreit haben, noch immer an den Stuhl gefesselt, aber mit freien Armen und Händen. Jacko hatte einen Revolver, Chance ein Messer. Wenn Willie eines von beiden in die Hand bekam …
    Aber da war noch Brunel. Er saß da, stützte einen Ellbogen auf die Armlehne und das Kinn in die Hand und schaute ruhig zu. Das Mädchen, Lisa, schien starr vor Schreck, ihre Lippen waren blutleer. Dann fing sie an, an ihrem Sicherheitsgurt herumzunesteln. Ihr Mund öffnete sich langsam, um einen Schrei auszustoßen.
    Modesty gab den aussichtslosen Kampf gegen die Gurte auf, sank erschöpft in ihrem Sitz zusammen und schätzte den Abstand zwischen sich und Brunel. Sie könnte, sie könnte vielleicht gerade seine Kniescheibe mit ihrer Stiefelspitze treffen. Genug, um ihn für ein paar Sekunden auszuschalten.
    Sie sah, wie Willie Jackos Körper hochwuchtete und herumwarf, so daß er gegen Chance prallte und dieser heckwärts geschleudert wurde. Im selben Moment klemmte er die rechte Stiefelspitze neben das Stuhlbein, beugte sich vor und schlug mit dem Knie ruckartig seitwärts. Der schmale Riemen an seinem Knöchel zerriß wie Papier. Chance taumelte und fiel, als die Sicherheitsleine ihn plötzlich abbremste. Willie ließ Jacko vor sich zu Boden fallen und setzte ihm den rechten Fuß auf den Hals, auf den Gurt, der um den Hals gewickelt war. Aber als er sich vorbeugte, um sich endgültig die Zwangsjacke über den Kopf zu ziehen, neigte sich das Flugzeug stark zur Seite, um wieder die Bergketten zu überfliegen.
    Der Stuhl fiel nach der Seite um. Und dann schlitterte er mit den Beinen voran über den Boden und mit unglaublicher Präzision genau durch die Mitte der offenen Tür.
    Das Albino-Mädchen schrie auf. Schweißtröpfchen glänzten auf Brunels Stirn, doch er schien ganz ruhig, während er mit seinem kurzen Ärmchen ausholte und ihr mit der flachen Hand auf den Mund schlug. Modesty saß mit verkrampften Muskeln und starrte auf die offene Tür, es schüttelte sie. Denn Willie war noch immer nicht verloren. Nicht ganz. Jackos Sicherheitsleine war zum Zerreißen gespannt, und er lag mit dem Kopf kaum einen halben Meter von der Tür entfernt. Sein Gesicht war beinahe schwarz, und die Zunge quoll ihm dick aus dem Mund. Der Gurt schnürte ihm noch immer den Hals ein. Die beiden Enden, durch die Spannung steif wie Bretter, liefen bis zur Kante der Schwelle, mehr war nicht von ihnen zu sehen. Willie mußte, noch immer an den Stuhl gefesselt, an ihnen baumeln. Adrian Chance kroch vorwärts. Er hatte jetzt ein Messer in der Hand, und auf seinem Gesicht lag mörderische Wut. Er wollte gerade das Leder ein paar Zentimeter vor der Schwelle durchschneiden, doch bevor das Messer den Gurt berühren konnte, wurde er plötzlich schlaff.
    Modesty saß ganz still. Die Schweißtröpfchen auf ihrer Stirn fühlten sich an wie Eisperlen. Sie wußte, was geschehen war. Willie hatte in den zugenähten Ärmeln keinen Halt gefunden. Innerhalb von Sekundenbruchteilen war sein Körper einfach aus der Zwangsjacke herausgerutscht, die von oben durch den um Jackos Hals gewickelten Gurt gehalten wurde.
    Im selben Augenblick, als er fiel, neigte sich das Flugzeug abermals zur Seite. Sie sah die fallende Gestalt, von der grotesk die vier Stuhlbeine abstanden. Sie war schon hundertfünfzig Meter unter ihnen und wurde kleiner und kleiner, während sie in einer langgestreckten Parabel den grauen Felswänden entgegenflog. Dann entschwand das winzige Pünktchen, das Willie Garvin war, der in seinen Tod stürzte, ihrem verschwimmenden Blick und wurde eins mit dem Hintergrund.
    Brunel sprach ins Mikrofon. Die Tragfläche der Maschine kam hoch. Sie gewannen wieder Höhe und machten eine Kurve, um neuerlich auf Südkurs einzuschwenken. Sehr langsam wandte sie den Kopf vom Fenster ab. Adrian Chance wickelte den Gurt von Jackos geschwollenem Hals ab. Er holte die leere Zwangsjacke ein, schob die Tür zu, beugte sich einen Moment über den untersetzten Mann, schaute dann auf und sagte zu Brunel: «Alles in Ordnung. Er atmet noch.»

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