Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Modesty Blaise 05: Die Goldfalle

Modesty Blaise 05: Die Goldfalle

Titel: Modesty Blaise 05: Die Goldfalle Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Peter O'Donnell
Vom Netzwerk:
so ungewöhnlicher Begabung, die jedoch völlig verschüttet waren unter der grauen Lethargie, die eine schwere Kindheit und ein Leben als herumstreunender Verbrecher ihm auferlegt hatten.
    Sie hatte ihn aus dem Gefängnis geholt und ihm gesagt, daß sie an solchen Ratten, wie er bisher eine gewesen war, nicht interessiert sei, und ihn mit einer Spezialaufgabe betraut, die er ganz allein ausführen sollte.
    Es war eine riskante Sache, aber eine Vorahnung bewog sie, das Risiko auf sich zu nehmen. Die Aufgabe bestand darin, 10000 Dollar in Gold nach Hongkong zu bringen, und dieses Geld setzte sie aufs Spiel wie ein Pokerspieler, denn sie hatte etwas von dem Potential erahnt, das tief in Willie Garvin verborgen lag.
    Die einfache Aufgabe war restlos schiefgegangen, ohne seine Schuld. Aber was er riskiert und erreicht hatte, aus eigener Initiative, um die Scherben wieder zusammenzusetzen und alles in Ordnung zu bringen, das war eine Geschichte, die ihr den Atem verschlug, als er sie ihr nach seiner Rückkehr erzählte. Der Mann, der zurückkam, war nicht mehr der alte Willie Garvin, und er hatte sich Woche für Woche stärker verändert, bis schließlich, wie ein Schmetterling aus der Puppe, der neue Willie Garvin erschien, ein umgänglicher, heiterer Mann, eine Persönlichkeit, die sogar ihre hartgesottenen, eifersüchtigen Vertrauten im inneren Kreis des «Netzes» beherrschte.
    Schon nach knapp einem Jahr war er ihr Stellvertreter, und die anderen akzeptierten das als etwas völlig Natürliches. Sie hatte eine perfekte rechte Hand gefunden. Was aber noch wichtiger war, viel wichtiger: sie war nicht mehr allein. Sein Verstand harmonierte vollkommen mit dem ihren, und er war ihr rückhaltlos ergeben. Sie wußte, daß er sie auf Grund einer sonderbaren geistigen Affinität regelrecht anbetete. Ja, jetzt konnte sie dieses Wort gelten lassen. Es war keine blinde Anbetung. Er kannte ihre Fehler und nahm sie hin, weil sie zu ihr gehörten; er mochte sie so, wie sie war.
    Außerdem lag ihre Beziehung über dem Niveau körperlicher Begierde. Diese stellte sich nicht ein, war kein Teil von dem, was langsam zwischen ihnen heranwuchs, obwohl er sie uneingeschränkt als Frau anerkannte, stolz auf sie als Frau war.
    Und als sie das «Netz» aufgelöst und sich ins Privatleben zurückgezogen hatten, war abermals eine Veränderung in ihren Beziehungen eingetreten, denn nun war er nicht mehr ihr Angestellter. Sie hatte es – wenn auch widerstrebend – für das Beste gehalten, ihn seinen eigenen Weg gehen zu lassen. Das war für Willie Garvin aber nicht das Richtige gewesen. Er war verloren ohne seinen Talisman Modesty Blaise. Und das Schicksal wollte es nicht zulassen. Dann war Tarrant gekommen und mit ihm das erste Abenteuer der neuen Art, dem schon bald weitere gefolgt waren. Wenn Tarrant keinen Auftrag für sie hatte, wurden sie von anderer Seite in Abenteuer verwickelt, oft durch die absonderlichsten Zufälle. Sie suchten die Gefahr nicht, aber die Gefahr suchte sie, und sie fanden sich nach und nach damit ab, denn die scharfe Würze gelegentlicher Gefahr war beinahe so etwas wie eine Sucht geworden.
    Jetzt aber …
    Jetzt war Willie Garvin tot, und für den Augenblick war ihre Welt zusammengebrochen. Sie waren nie töricht gewesen, hatten stets vor Augen gehabt, daß eines Tages, vielleicht dieses, vielleicht nächstes Mal, ihr Glück sie im Stich lassen und einer von ihnen sterben würde. Das gehörte zu dem Spiel, für das sie sich entschieden hatten, so wie andere Leute sich dafür entschieden, Berge zu besteigen und die berüchtigte Traversierung zu machen, bei der vor ihnen schon ein Dutzend Menschen das Leben gelassen hatten.
    Jetzt war es passiert, und es hatte Willie getroffen.
    Vielleicht war es besser so. Sie wußte, er selbst würde es sich so gewünscht haben, denn sie konnte den Verlust leichter verschmerzen als er. Leicht? Großer Gott, wenn das leicht war …
    Sie gab sich einen Ruck und drückte das gefährliche Fünkchen des Selbstmitleids aus. Keine Tränen. Willie Garvin ist tot. Ertrage es. Akzeptiere es.
    Schlaf gut, Willie, Liebling. Es waren schöne Jahre.
    Du warst immer da, wenn ich dich brauchte. Eine Schulter, an der ich mich nach einem harten Job ausweinen konnte. Deine Schulter war die einzige, an der ich geweint habe. Du mochtest das. Dank für alles, Willie. Du hast mir immer das Gefühl gegeben, ich sei etwas Besonderes.
    Sie vergegenwärtigte sich seine Stimme, die heisere Stimme, und das

Weitere Kostenlose Bücher