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Modesty Blaise 05: Die Goldfalle

Modesty Blaise 05: Die Goldfalle

Titel: Modesty Blaise 05: Die Goldfalle Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Peter O'Donnell
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Art von Gefahr befand, der Gefahr, an sich selbst zu zweifeln, das Selbstvertrauen zu verlieren.
    Das war schlimm. Sie lächelte Giles zu und schüttelte fast unmerklich den Kopf, um ihm zu verstehen zu geben, er solle sich keine Sorgen machen. Sie schloß die Augen und begann langsam und mit unendlicher Geduld, ihre innere Kraft wiederaufzubauen, ihre geborstenen Schutzdämme zu reparieren.
    Früher oder später mußte man einmal verlieren.
    Aber es durfte nicht diesmal sein. Auf keinen Fall diesmal, wo es gegen Brunel ging. Diesmal mußte sie gewinnen, das war sie schon Willie schuldig. Ja, tu’s für Willie. Das würde ihm mehr Freude machen als alles andere. Als Akt des Gedankens, an Stelle eines Blumenstraußes.

9
    Adrian Chance legte die Hände um Lisas Hals und drückte sanft zu. Das eine Handgelenk trug noch immer die Male von Willies Zähnen unter einem fünf Zentimeter breiten Verband. Sie lag auf dem Rücken quer über dem Bett, und ihr Kopf hing auf groteske Weise über den Bettrand herab. Er lag breit auf ihr. In der feuchten Luft klebte ihr Fleisch. Sonnenlicht drang in schmalen Streifen durch die Latten der Jalousie vor dem großen Fenster.
    «Komm, sprich mit mir, Lisa», sagte Chance und beobachtete mit hämischer Freude den verwirrten Gesichtsausdruck auf ihrem Gesicht.
    «Bitte, ich kriege ja kaum Luft.» Sie zappelte ein bißchen, und er ließ es zu, daß sie ihre Lage ein wenig veränderte, so daß sie ihren Kopf auf das Bett legen konnte. Er spürte, wie sie zitterte, und dachte befriedigt, daß sie es nicht vortäuschte.
    Ein wenig verzweifelt sagte sie: «Es tut mir leid. Ich versuche es, aber ich weiß nicht, was du von mir willst, Adrian. Du bist so anders.»
    «Du mußt dich an meine Launen gewöhnen, Liebling. Das habe ich dir schon mehrmals gesagt. Sprich mit mir.»
    «Aber – worüber denn?»
    «Oh, laß mal sehen. Erzähl mir, wie es mit Willie Garvin war.»
    «Das kann ich nicht. Ich hab’s vergessen.» Sie schloß die Augen.
    «Jammerschade. Erzähl mir, wie du es genossen hast, zuzuschauen, wie wir ihn aus dem Flugzeug geworfen haben. Sicher erinnerst du dich noch. Du hast geschrien, als es passierte.»
    «Ich hatte Angst.»
    «Um ihn.»
    «Nein!» Sie wollte, daß es überzeugend klang, damit die Stimmen es hörten und ihr die Lüge glaubten. «Ich hatte Angst, er – er könnte loskommen und mir etwas tun.»
    Vier Tage waren vergangen, seit die Dakota auf dem Rollfeld von Kigali gelandet war, siebzig Kilometer nördlich von Bonaccord. In den ersten beiden Nächten hatten ihr die Stimmen keinen Moment Ruhe gelassen.
    Sie hatten das Böse in ihr erkannt, hatten gewußt, daß sie über den Tod eines Feindes erschüttert war. In dem Augenblick, als sie ihn in den Tod stürzen sah, hatte sie aufgeschrien, nicht nur aus Angst um ihn, sondern auch vor Schreck und aus Protest. Die Stimmen hatten sie dafür bestraft. Die ganzen Nachtstunden hindurch hatten ihre leidenschaftslosen Vorwürfe in ihrem Kopf gewispert, bis sie das Gefühl gehabt hatte, sie würde den Verstand verlieren und sich beinahe nach dieser Erlösung gesehnt hatte.
    Aber in den letzten beiden Nächten hatten sie sie in Ruhe gelassen. Offenbar war die Bestrafung vorbei. Sie wollte nie wieder an Willie Garvin denken, denn das hätte vielleicht wieder den Unwillen der Stimmen erregt.
    «Ein fallender Körper», sagte Adrian Chance und streichelte sie, «wird mit etwa zehn Meter pro Sekunde im Quadrat beschleunigt. Nach einem Fallweg von etwa fünfhundert Meter erreicht er eine Endgeschwindigkeit von ungefähr hundertachtzig Stundenkilometer. Ich bin nicht sehr gut im Kopfrechnen, aber wenn er in tausend Meter Höhe rausgefallen ist, dann würde ich meinen, daß er mindestens zwanzig Sekunden gebraucht hat, bis er unten ankam und ein Loch in die Erde bohrte. Oder aufschlug, je nachdem. Was mag er sich wohl die ganze Zeit gedacht haben, frage ich mich?»
    Sie fing an zu schluchzen. Trockenes, lautloses Schluchzen erschütterte ihren Körper. Wieder wußte er, daß das nicht das übliche vorgetäuschte Schluchzen war, ihm zu Gefallen, und die Freude über seinen Erfolg sandte feurige Strahlen durch seine Adern. Als sie sich beruhigt hatte, sagte er: «Was hältst du von Modesty Blaise?»
    «Ich weiß nicht.» Ihre Stimme war ein kaum vernehmbares Flüstern. «Sie sagt nichts, sie tut nichts.»
    «Das stimmt.» Es klang ärgerlich. «Aber Brunel glaubt noch immer, sie sei eine Art Superfrau, die er für sich arbeiten lassen

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