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Modesty Blaise 06: Die Lady macht Geschichten

Modesty Blaise 06: Die Lady macht Geschichten

Titel: Modesty Blaise 06: Die Lady macht Geschichten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Peter O'Donnell
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glaube nicht, daß dieser Weg sehr klug gewählt war, aber nach dem Bericht, den ich erhielt, scheint Okubo ein schwieriger Kerl zu sein, der alles nach seinem eigenen Kopf machen möchte. Jedenfalls wollte man in Prag dieses heiße Eisen so rasch wie möglich loswerden; das ist durchaus verständlich. Hätte er uns von seiner Absicht abzuspringen benachrichtigt, so hätten wir seine Flucht wesentlich besser organisieren können. Selbst jetzt kann ich ihn, genügend Zeit und seine Kooperation vorausgesetzt, entweder über die baltische Küste oder zurück durch die Tschechoslowakei und über die österreichische Grenze bringen. Der Mann, der Okubo derzeit versteckt hält, berichtet jedoch, daß dieser nicht bereit ist, zu kooperieren.»
    Waverly zuckte die Achseln. «Das begreife ich. Wenn man kaum mehr als einen Steinwurf weit von der Freiheit entfernt ist, will man nicht in die andere Richtung reisen. Überdies muß man bei einem wissenschaftlichen Genie gewisse Konzessionen machen. Tarrant, Sie müssen die Situation akzeptieren, wie sie ist, und ihn von Ost- nach West-Berlin schaffen.»
    «Es tut mir leid, aber dazu fehlt mir jede Möglichkeit», erwiderte Tarrant schroff.
    Der Minister runzelte die Stirn. «Wenn man ihn von Moskau nach Berlin bringen konnte, so können Sie ihn doch bestimmt über die Mauer bringen? Es sind kaum hundert Meter.»
    «Aber ganz besondere hundert Meter. Okubo ist Japaner und kaum ein Meter vierzig groß. In Deutschland wirkt er so auffallend, als trüge er ein Schild mit seinem Namen herum. Ihn herauszubringen würde eine größere Operation erfordern. Und das Schlimmste ist, daß wir nicht die einzigen sind, die von seinem Aufenthalt in Ost-Berlin wissen. Das KGB ist ebenfalls darüber informiert.»
    Waverly wollte eben an seiner Pfeife ziehen, jetzt hielt er inne. «Woher wissen Sie das?»
    Tarrant zögerte. Er haßte es, unnötige Informationen weiterzugeben, selbst an einen Minister. Widerwillig sagte er: «Wir haben seit sieben Jahren einen Mann im Hauptquartier des ostdeutschen Sicherheitsdienstes.»
    «Ich verstehe. Ich werde es bei Cocktailparties nicht erwähnen», sagte Waverly leicht ironisch. Er stand von seinem Schreibtisch auf und ging zum Fenster. «Wenn die Russen wissen, daß Okubo dort ist, werden sie vermutlich ganz Ost-Berlin nach ihm durchkämmen, und es ist, wie Sie richtig bemerkten, nicht einfach, einen Japaner zu verstecken. Je früher er herauskommt, desto besser.»
    «Die Russen suchen ihn nicht sehr eifrig», sagte Tarrant. «Sie wissen, daß wir Okubo gut versteckt halten, und sie warten einfach, bis er sein Versteck verläßt. Dann werden sie ihn schnappen. Starow versteht sein Geschäft.»
    «Starow?»
    «Generalmajor Starow, Leiter des russischen Geheimdienstes in Ost-Berlin. Er ist sehr gerissen; ein Mann, den ich fürchte.» Waverly kehrte zu seinem Schreibtisch zurück. «Sie sagten, daß es einer größeren Operation bedürfe, um Okubo herauszuschaffen. Ich verstehe, was Sie meinen. Aber dann müssen Sie eben eine solche Operation starten.»
    Tarrant bemühte sich, Angst und Ärger, die er verspürte, zu verbergen. «Wir haben fünfzehn Jahre dazu gebraucht, um unser Netz in Ost-Berlin aufzubauen», sagte er ruhig. «Man braucht Zeit, um die richtigen Leute anzuwerben und auf die richtigen Plätze zu bringen; jetzt haben wir ein sehr ordentliches kleines, aber dichtes Netz. Da und dort wurden vorsichtig Agenten eingeschleust. Zur Zeit tun sie nichts; sie ruhen, und sie wurden nur aus einem Grund dort plaziert, wo sie heute sind – damit wir sie aktivieren können, wenn die Lage in Berlin jemals wirklich kritisch werden sollte.
    Das ist ihr wahrer Zweck, und sie sollten für nichts anderes aktiviert werden, auch wenn es noch so verlockend ist. Ich bin der Ansicht, daß Okubo das nicht wert ist, Herr Minister. Es wäre, als benützte man Kamikaze-Piloten, um ein Ruderboot zu entern.»
    Waverly starrte eine Weile ins Leere, dann sagte er:
    «Können Sie für den Auftrag Agenten anheuern? Geld spielt keine Rolle.»
    Tarrant richtete sich ein wenig auf. «Spielt keine Rolle für wen, Herr Minister? Das Budget sämtlicher Abteilungen des Secret Service wurde letztes Jahr empfindlich und dieses Jahr nochmals gekürzt. Wir verfügen jährlich über etwas mehr als zehn Millionen Pfund. Ich bezweifle, ob das für die Telefonrechnungen des CIA ausreicht.»
    Waverly schüttelte den Kopf. «Sie sind schon zu lange im Geschäft, um sich über die Sparsamkeit der

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