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Modesty Blaise 06: Die Lady macht Geschichten

Modesty Blaise 06: Die Lady macht Geschichten

Titel: Modesty Blaise 06: Die Lady macht Geschichten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Peter O'Donnell
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sollte vieles sein. Manchmal sogar ein Heidenspaß. Wie lange wird die Lehrzeit dauern? Ich meine, wie lange brauchst du, um die Statue zu vollenden?»
    «Ich könnte sie in eineinhalb Tagen beenden.» In seinen Augen blitzte Belustigung auf, und er sagte bedächtig: «Ich bin jedoch ein langsamer Lerner, daher werde ich mindestens zwei Wochen brauchen.»
    Ihr Gesicht strahlte. «Gut! Das hatte bereits einen Anflug von Stil.»
    Er lächelte immer noch, als er sich der Statue zuwandte und Meißel und Hammer nahm. Jetzt konnte er unter der Oberfläche des Holzes deutlich die Umrisse des Gesichts erkennen. Das Bild erfüllte sein Inneres, und seine Hände fieberten, es auszuführen.
    Die Maserung … so. Die Kurve … so. Eine kleine Einbuchtung hier und eine unmerkliche Rundung dort, um das Licht einzufangen …
    Mit einem tiefen Atemzug des Glücks setzte er die Klinge an das Holz.

Der Mauer-Trick
    Der Minister unterstrich ein paar Worte in dem vor ihm liegenden Bericht, dann blickte er über den Schreibtisch hinweg Sir Gerald Tarrant an und sagte:
    «Ich habe gehört, daß Professor Okubo einer der bedeutendsten Bakteriologen der Welt ist. Bakteriologie gehört heutzutage zu den wichtigsten Aspekten der Verteidigung, und wenn er zu haben ist, dann wollen wir ihn haben. Das heißt, wir
müssen
ihn haben.»
    Tarrant seufzte heimlich. Er schätzte Waverly und hatte ihn persönlich gern. Aber Waverly ließ sich – wie vielleicht alle Politiker – in seinem Urteil gelegentlich von bestimmten Vorlieben beeinflussen; und als Verteidigungsminister gehörte seine ganze Liebe der wissenschaftlichen Forschung auf militärischem Gebiet.
    «Wenn Sie Okubo so dringend haben wollen, Herr Minister», sagte Tarrant, «dann sollten Sie mit jemand anderem darüber sprechen. Meine Organisation in OstBerlin ist nicht darauf eingerichtet, Überläufer herauszubringen.»
    Waverly begann seine Pfeife zu stopfen. Er war ein untersetzter Mann mit kleinen, intelligenten Augen in einem markanten Gesicht. «Ich habe den Premierminister davon überzeugt, daß in diesem Fall eine besondere Anstrengung gemacht werden muß.»
    Vor sechzehn Jahren war Okubo dem amerikanischen Sicherheitsdienst in Tokio entwischt und in Moskau wiederaufgetaucht. Er war bekannt als ungewöhnlich begabter Wissenschaftler mit verdächtigen politischen Neigungen. Aber erst nach seinem Verschwinden stellte man fest, daß er ein überzeugter Kommunist war. Jetzt, mit vierzig Jahren, hatte er genug von Karl Marx’ «schöner neuer Welt» und war abermals abgesprungen. Doch dieses neuerliche Untertauchen hatte er ungeschickt und schlecht geplant. Tarrant gefiel es ganz und gar nicht.
    Er sagte: «Selbst wenn wir ihn herausbringen, bezweifle ich, ob wir ihn lange halten können. Die Amerikaner werden Millionen ausgeben, um ihm ein Laboratorium einzurichten. Warum sollte er bei uns bleiben und sich mit einem Bunsenbrenner und einem Streifen Lackmuspapier begnügen?»
    Waverly lächelte. «So schlimm ist es nicht. Sie wissen, daß ich dem Finanzministerium beachtliche Summen für wissenschaftliche Forschung entrissen habe. Und es hat den Anschein, als wolle Okubo zu uns kommen. Holen Sie ihn heraus und überlassen Sie das übrige mir.»
    Die ersten Nachrichten über Okubos Verschwinden aus Moskau hatte Waverly direkt von der britischen Botschaft erhalten. Nach 48 Stunden tauchten Gerüchte in der internationalen Presse auf, die kurz darauf dementiert wurden. Zu diesem Zeitpunkt ließ er Tarrant zu sich rufen. Tarrant übernahm ungern einen Auftrag, der bereits begonnen und vermasselt worden war, obwohl in diesem Fall Okubo selbst dafür verantwortlich zeichnete.
    Der Minister sagte: «Sie haben bisher gut gearbeitet.»
    «Ich hatte bisher keine Chance, gut oder schlecht zu arbeiten», sagte Tarrant höflich. «Sie baten mich um Informationen über Okubo, und dann tauchte er plötzlich selbst auf.»
    «Ja.» Waverly blickte wieder auf den vor ihm liegenden Bericht. «Das ist nur eine Art Kurzfassung. Wie kam er von Moskau nach Berlin?»
    «Über Prag. Nach dem Einmarsch der Russen gelang es unserer Prager Abteilung, ein oder zwei verbitterte tschechische Parteimitglieder anzuwerben. Einer davon ist ein Wissenschaftler, der Okubo gut kennt.
    Offenbar haben sie diesen amateurhaften Fluchtplan gemeinsam ausgebrütet. Okubo reiste ohne Schwierigkeiten nach Prag, und dort tauchte er unter. Sein Freund informierte die Prager Abteilung, und sie brachte Okubo bis Ost-Berlin. Ich

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