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Modesty Blaise 06: Die Lady macht Geschichten

Modesty Blaise 06: Die Lady macht Geschichten

Titel: Modesty Blaise 06: Die Lady macht Geschichten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Peter O'Donnell
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wohnte, und ich glaube, sie vertrugen sich sehr gut. Janet sprach immer noch von Ihrer königlichen Hoheit, aber jetzt war es bloß ein Scherz ohne Stachel.
    «Sie wurde entführt, Jan», sagte ich. «Eine alte, böse Rache. Die Sorte Männer, denen man nicht einmal in Alpträumen begegnen möchte. Und sie brachten sie an einen Ort, der sich Glencroft Castle nennt. Morgen mittag fangen sie an, sie auseinanderzunehmen.»
    Eine Reihe Fragen war fällig, Janet stellte jedoch keine einzige. Als ich zum Telefon ging, hinkte sie mir nach, legte eine Hand auf meinen Arm und sagte mit ruhiger Stimme: «Sie weiß sich zu verteidigen.»
    Das war auch mir klar. Wenn Gefahr im Anzug war, konnte Modesty sich glänzend verteidigen. Aber das hier war anders. Ich erklärte es Janet, während ich Dave Craythorpes Nummer suchte. Dave hatte eine Beagle Pup, die in White Waltham, nicht weit von
The Treadmill
, stand. Er hat uns schon öfters da- und dorthin geflogen. Ich betete, daß er greifbar sein und Zeit haben würde, oder daß ich seine Beagle ausborgen und selbst nach Glasgow fliegen könnte.
    Seine Nummer meldete sich nicht. Janet fragte:
    «Wen willst du erreichen und wozu?»
    Ich sagte es ihr. Sie legte die Hand auf die Telefongabel und unterbrach die Verbindung. «Vaters Beechcraft steht in Heathrow», sagte sie. «Er kam Dienstag an und ist immer noch in London. Ich bringe dich selbst nach Glasgow, Willie.» Mein Gott! Der gute alte Earl! Ich fragte nicht, ob er ihr die Beechcraft zur Verfügung stelle, weil ich eine Ahnung hatte, daß sie sich nicht die Mühe machen würde, ihn um Erlaubnis zu fragen. In Heathrow würde sie niemand zurückhalten, wenn sie die Leute mit jenem unnachahmlichen Blick anschaute, hinter dem zehn Generationen Earls standen. Und die Beechcraft flog 350 Kilometer in der Stunde, die Beagle bloß 180.
    Ich nahm sie in die Arme und küßte sie – nicht nur aus Dankbarkeit. Sie roch frisch und kühl, und es war gut, sie zu küssen. Dann rief ich eine Nummer an, und diesmal hatte ich Glück. Wee Jock Miller sagte: «Eh?», und ich erklärte ihm, daß ein guter Wagen ab zwei Uhr früh auf dem Flugplatz von Glasgow warten solle.
    Er sagte bloß: «Hm, Willie», und hängte auf. Jock bezog eine Rente, weil er von einer Schußwunde auf einem Auge blind war, und seitdem hatte er eine Garage in Glasgow. Er sprach nie sehr viel, doch wenn er «Hm» machte, konnte man beruhigt sein.
    Janet sagte: «Als kleines Kind war ich einmal in Glencroft Castle. Es ist bloß ein großes Haus nördlich von Loch Shiel, mitten in der Einsamkeit.» Ich sagte ihr, daß das Haus einen Telefonanschluß hatte, also noch bewohnbar sein müsse. Ich ging hin und her, öffnete Schubladen, nahm ein paar Sachen aus der Tasche und legte andere hinein. Janet zuckte mit keiner Wimper, als sie meine Ausrüstung sah. Sie wußte einiges über Modesty und mich, und ich nehme an, sie erriet noch wesentlich mehr.
    «Bis vor einigen Jahren lebte die Familie dort», sagte sie. «Dann zog sie aus. Ich weiß nicht, ob sie das Schloß verkauften, aber vermutlich fand sich kein Käufer. Wer immer jetzt dort wohnt, dürfte es für kurze Zeit gemietet haben.»
    Das klang plausibel. Ich schloß die Tasche. Während Janet den Wagen herausholte, ging ich hinauf und zog eine schwarze Hose und eine schwarze Jacke an. In die Jacke eingenäht waren zwei Futterale, und ich steckte in jedes ein Wurfmesser.
    Jetzt fühlte ich mich ruhiger und wurde auch auf der Fahrt nach Heathrow nicht ungeduldig. Fitch hatte Auftrag, mich bis Mittag abzuliefern. Wären wir bis zu diesem Zeitpunkt nicht angekommen, hätte Rodelle begonnen, Modesty zu bearbeiten. Doch jetzt würden wir, wenn alles glattging, um halb drei morgens in Glasgow sein, und ich würde Glencroft Castle gegen halb fünf erreichen. Damit gewann ich ein paar Stunden Dunkelheit und den ganzen Morgen, um etwas in Gang zu setzen.
    In Heathrow hatten wir Glück; wir mußten nicht lang auf die Starterlaubnis warten. Janet fuhr das Flugzeug auf die Piste, stellte den automatischen Piloten ein und bat um eine Zigarette. Sie konnte mir nicht viel über das Schloß erzählen, außer daß es von einer hohen Mauer umgeben und in E-Form erbaut war – ohne den mittleren Querbalken. Ein Flügel wurde wegen Baufälligkeit seit Jahren nicht mehr benützt, die Familie hatte den anderen Trakt bewohnt.
    Während des Flugs sprachen wir wenig. Janet fand wahrscheinlich, daß es nicht viel zu sagen gab, und ich beschäftigte

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