Modesty Blaise 08: Heiße Nächte für die Lady
hinabbewegen. Der Mann wartete.
Dann, als sie die Terrasse erreicht hatte, fuhr er auf sie los, seine Messerhand schwang ausholend nach oben, bereit zum tödlichen Stich. Collier mußte seine Augen anstrengen. Es war, als schaute er einem seltsamen Schattenspiel zu. Modestys lange Beine bewegten sich rasch und behende, sie drehte sich, wirbelte herum. Er sah den Schimmer ihres bloßen Fußes in Brusthöhe aufblitzen, sah den Mann taumeln, sich wieder fangen und erneut angreifen. Auch als die Gestalten ineinander verschmolzen und zusammen zu Boden gingen, fühlte er keine Besorgnis. Sein Gesicht war immer noch zu jenem haßerfüllten Grinsen verzerrt, als er sah, wie der große Mann von Modestys hochschwingenden Beinen in die Höhe geschleudert wurde und weit über die Terrassenkante hinausflog. Die gestreckte Gestalt sauste durch die Luft, drehte sich während des Flugs langsam um sich selbst und krachte dann kopfüber auf eine Stufe fünf Meter tiefer.
Der Körper prallte auf und rollte dann schlaff, aber ziemlich schnell, eine Stufe nach der andern hinab, bis er schließlich etwa sechs Stufen über dem Erdboden liegen blieb. Collier wandte seine Augen von ihm fort und sah Modesty die Treppe hinaufkommen.
Sie rief ihm entgegen: «Irgendwelche Schwierigkeiten?»
«Nein.» Der Klang seiner Stimme kam ihm selbst sonderbar vor. Modesty kam oben an, nahm ihm den Revolver aus der Hand und blickte sich um. «Ich denke, wir können nun beruhigt sein. Wenn noch jemand dagewesen wäre, hätte er sich inzwischen bemerkbar gemacht.» Ihr Atem ging schwer, und er sah, wie aus ihrer aufgerissenen Lippe etwas Blut sickerte. Er sagte:
«Ich danke dir …» Seine Stimme brach ab.
Dinah saß zusammengesunken auf dem großen Stein. Sie war in den Umhang des getöteten Mannes gewickelt, klammerte sich an Willie, den Kopf an seine Brust gepreßt. Er stand dicht neben ihr, den einen Arm schützend um sie gelegt, in der anderen Hand ein Messer, und sprach leise auf sie ein. Ihr Körper bebte, ihr Gesicht war von Krämpfen entstellt, ihr Mund verzerrt, und sie kämpfte um ihre Beherrschung. Als die anderen erschienen, hob Willie seine Stimme und sagte: «Jetzt ist alles vorbei. Hier kommt Steve.»
Collier lief zu ihr herüber und nahm sie in die Arme. Sie drückte sich an ihn und krächzte: «Du … in Ordnung?»
«Ja. O Gott, Dinah …»
«Mo-Modesty?»
«Nichts passiert.» Es fiel ihm schwer zu sprechen.
«Ich l-ließ mir von Willie erzählen. Er s-sagte, diese Männer wollten mich …»
«Ja. Denk nicht mehr daran, Herzchen. Sie sind tot.»
Seine Stimme hob sich, heiser vor neu aufwallender Wut. «Sie sind mausetot!»
Tränen flossen jetzt aus ihren blinden Augen und netzten seine Brust. Sie wisperte schwach: «Bring … Bring mich nach Hause, Steve … Ich fühle mich elend, ganz krank. Im Magen und weiter unten. Wo ist Modesty?»
Colliers verstörtes Gesicht wurde grau. «O mein Gott», stieß er hervor. Modesty trat heran und nahm Dinahs Hand. «Ich bin hier, Liebes. Wir werden dich jetzt nach Hause bringen.»
«Bleib bei mir … bitte.»
«Jede Sekunde. Ich verspreche es. Versuch jetzt, dich zu beruhigen, Kleines. Willie wird dich gleich hinuntertragen, und dann werden Steve und ich dich zum Hotel zurückbringen, und in ein paar Stunden werden wir einen erstklassigen Arzt hier haben.» Sie nickte Willie zu. «Fertig, Willie!»
Er nahm Dinah behutsam hoch und fragte: «Soll ich hierbleiben und aufräumen, Prinzessin?»
«Ja, bitte. Irgendwelche Schwierigkeiten?»
«Nein, Es wird ein paar Wochen dauern, bis die Straßenarbeiter dieses Endstück erreichen, und alles wird dann überwuchert sein. Oh, du könntest mir den Spaten und die Machete aus dem Jeep dalassen.»
Zehn Minuten später befanden sie sich auf der Rückfahrt, Modesty am Steuer des Jeeps, Collier auf dem Rücksitz, in seinen Armen Dinah. Er erkundigte sich bei Modesty: «Was hat Willie vor?»
Modesty erklärte es ihm. «Die Männer begraben, alle ihre Spuren beseitigen, ihr Auto ein Stück in den Dschungel hineinfahren und dann nach Hause laufen.»
«Mein Gott, dazu wird er die ganze Nacht brauchen.»
«Das macht Willie nichts aus.»
Mit erstickter Stimme preßte Dinah hervor: «Ich … ich verstehe nicht. Wer war das, Modesty? Warum wollten sie mich … mich töten?»
«Ich weiß es nicht, Dinah. Aber ich werde es herausfinden.» Sie schaltete in den vierten Gang und fuhr glatt und gleichmäßig, damit die von Übelkeit geschwächte Frau nicht
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