Modesty Blaise 09: Die Lady fliegt auf Drachen
Er ist Leiter des britischen Geheimdienstes, aber wir nehmen an, daß er in diesem Fall privat dort war. Am nächsten Morgen fuhren Garvin und Tarrant in die Stadt zurück, während Fletcher noch ein paar Tage blieb.»
Sie fing Beauregards Blick auf und gab vor, in ihr Notizbuch zu schauen, bevor sie weitersprach. «Ach ja. Aus Fletchers auffallend zufriedenem und glücklichen Aussehen schlossen wir, daß das Blaise-Girl ihn mit ins Bett genommen hat. Um unsere Anwesenheit nicht zu auffallend zu machen, haben wir einen weiteren Beobachter angeheuert, und es wurde uns später berichtet, daß Blaise und Fletcher am 5. zu dessen Studio in Cheyne Walk fuhren.»
«Am fünften dieses, Miss Scott?»
«Oh – mh – ja, Herr Präsident. In dem Studio herrschte nämlich ein Chaos, weil dieser Fletcher unfähig ist, für sich selbst zu sorgen. Blaise gab Anweisung, das Studio zu reinigen und alles in Ordnung zu bringen, dann nahm sie Fletcher mit in ihr Penthouse am Hydepark.» Clarissa blickte von ihrem Notizbuch auf.
«Ende des Berichtes, Herr Präsident.»
«Nicht ganz. Ich habe gehört, daß sie gestern abend mit Fletcher nach Malta geflogen ist.»
Uriah saß mit geschlossenen Augen da. Er zog sich häufig von der Welt zurück und verbrachte seine Zeit in einem Zustand, den er für Meditation hielt; in Wahrheit vermied er auf diese Weise die fortwährende Notwendigkeit, alles zu rationalisieren. Jetzt öffnete er die Augen und fragte: «Besitzt unsere gefallene Schwester nicht eine Villa auf dieser Insel?»
«Ja, es stand in dem dicken Dossier, das uns der gute Mr. Palmer gab.»
Clarissa sagte ernst: «Ist das nicht ein ganz klein wenig besorgniserregend, Beau? Ich meine, Fletcher ist jetzt weit weg, und wenn er sich plötzlich an etwas erinnert, könnte das ein wenig unangenehm für uns sein.»
Beauregard klopfte wieder mit dem Hammer und lächelte Dr. Feng gütig an. «Wir erwarten den Bericht unseres medizinischen Experten, Dr. Feng.»
Der Chinese hatte sich im Geist Notizen gemacht, um sie später in seine Dossiers über die drei Anwesenden einzutragen, aber er war auf Beauregard Brownes Frage vorbereitet und antwortete sofort: «Je länger die Gedächtnisblockierungen anhalten, desto geringer wird das Risiko, daß sie verschwinden, Herr Präsident. Unter normalen Umständen würde ich sagen, die Wahrscheinlichkeit, daß Fletchers Erinnerung wiederkehrt, ist nicht größer als ein Prozent.» Er hielt inne und fuhr dann langsam fort: «Es ist möglich, daß Miss Blaise ihn nach Malta, den Ort, von dem er verschwand, brachte, um sein Gedächtnis zu stimulieren. Aber in Wahrheit gibt es nichts, woran sich Fletcher in Malta erinnern könnte, da er durch einen Schlag auf die
Medulla oblon-gata
das Bewußtsein verlor, ohne seinen Angreifer überhaupt zu sehen.»
«Danke, Doktor», sagte Beauregard Browne und blickte auf die Anwesenden. «Fragen?»
Clarissa sagte: «Nun, ich persönlich glaube, daß es irgendeine Alarmglocke geben könnte. Schließlich ist das Gehirn eine höchst merkwürdige Sache … zumindest weiß ich, daß meins merkwürdig ist. Und wenn irgendein Ding etwas im Kopf des armen Mr. Fletcher auslöste, wäre das ziemlich peinlich. Ich will sagen, wir haben doch Kontakt mit diesen riesig tüchtigen Sizilianern auf Malta, denselben, die wir für den van Gogh-Job benutzt haben. Warum können wir sie nicht für eine Überwachung einsetzen?»
«Der Aufsichtsrat wird befriedigt sein zu hören», sagte der Vorsitzende bescheiden, «daß ich die Möglichkeit eines Aufenthaltes auf Malta beim Lesen des Palmer-Dossiers sofort vorausgesehen habe. Unsere Leute in Malta wurden daher instruiert, das Wohnzimmer und das Schlafzimmer der Blaise-Villa, bevor die beiden einziehen, mit Abhörgeräten zu versehen.» Clarissa de Courtney-Scott blickte ihn mit großen Augen bewundernd an. «Beau! Du schlauer alter Kerl!»
«Danke, Liebling. Es schien mir eine kluge Vorsichtsmaßnahme. Im Augenblick sind wir ziemlich beschäftigt, aber ich habe das Gefühl, daß unser verehrter Patron binnen kurzem die Liquidierung von Blaise und Comp. anordnen wird, um sicherzugehen, daß sie Fletchers Gedächtnis nicht in Schwung bringen.»
Dr. Feng sagte: «Es wäre sicherlich einfacher, Fletcher zu töten.»
Beauregard Browne hob die Hände. «Unser verehrter Präsident ist ein Kunstliebhaber, mein Guter. Kunst! Ihre Dienste wurden in Anspruch genommen, um die Liquidierung von Künstlern zu
vermeiden
. Wir werden
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