Modesty Blaise 09: Die Lady fliegt auf Drachen
passierten, seltsam wären. Wirst du jetzt, bitte, nicht mehr daran denken? Ich hab es nur erwähnt, damit du nichts überstürzt, und jetzt, fürchte ich, habe ich zuviel gesagt.»
«Du … du glaubst wirklich, daß es kein Grund zur Besorgnis ist?»
«Ich bin nicht sicher. Ich werde es herausfinden. Du mußt dich auf deine Malerei konzentrieren. Ich meine, nachdem du dich die nächste halbe Stunde auf mich konzentriert hast. Das Licht hier in Malta ist fabelhaft für Maler, aber das weißt du ja, du warst ja bereits hier.»
«Ich will
dich
noch oft malen, Modesty.»
«Gut, aber alles zu seiner Zeit. He, hörst du am Ende auf, Luke? Jeder Herr, der es soweit treibt mit einer Dame und dann aufhört, ist kein Herr.»
Sanft bewegte sie ihre Hüften, und er hielt den Atem an.
«Nein …» stieß er mit einem halben Lachen hervor.
«Ich hör nicht auf.»
«Gut.» Ihre Stimme war rauh, und ihre Pupillen wurden groß, als sie sich unter ihm hob. «Improvisieren wir ein wenig. Mich wird kein schiffbrüchiger Maler in der Missionarsstellung nehmen.»
Eine Stunde später saß er in der großen, sonnendurchfluteten Küche beim Frühstück, als sie in Jeans und flachen Leinenschuhen aus dem Badezimmer trat und eine einfache grüne Leinenbluse zuknöpfte. Sie beugte sich zu ihm, gab ihm einen Kuß auf die Wange, und sagte: «Frühstück in Ordnung?»
«Sehr gut, danke.» Er zog sie an sich und küßte ihren Hals. «Die Eier sind einfach perfekt. Frühstückst du auch?»
«Ich werde zuerst einen Spaziergang machen, vorausgesetzt, du läßt meine linke Hinterbacke los.» Sie richtete sich auf. «Geh auf den Balkon und arbeite, wenn du gebadet hast. Du findest alles, was du brauchst, in dem Zimmer, das ich dir gestern abend zeigte.»
«In deinem Studio?»
«So kann man es kaum nennen.» Sie trug ein paar schmutzige Teller zum Spültisch. «Aber es ist gut ausgerüstet.»
«Du sagtest, daß du manchmal malst. Warum hab ich dort keine Bilder gesehen?»
Sie blickte ihn grinsend über die Schulter an. «Nicht einmal Willie Garvin sieht jemals, was ich male. Es ist wirklich ganz schauderhaft. Ich beginne ein Bild, und wenn ich genug davon habe, kratze ich alles wieder weg. Aber ich finde es entspannend.»
«Weißt du, ich könnte dir helfen.»
«Danke, aber ich glaube, wir lassen es so wie es ist.»
«Kennt Willie Garvin dich gut?»
«In- und auswendig. Nein, du kriegst einen falschen Eindruck. Wir sind keine Bettgenossen.» Er blickte sie erstaunt an. «Das ist merkwürdig.»
«Uns scheint es nicht merkwürdig. Noch Kaffee?»
«Mmm … nein, danke.»
«Gut, dann sehen wir uns später. Sei brav.»
Die Villa war auf den hohen Klippen der fast unbewohnten Südostküste der Insel erbaut. An manchen Stellen stieg hier das Terrain vom Meer in breiten Terrassen bis zu dreihundert Meter Höhe an; anderswo wiederum fielen die Kalkklippen steil ab. Das nächste Dorf, Dingli, war drei Kilometer weit entfernt.
Ein paar der höher gelegenen Gründe waren bebaut, und auf den Terrassen gab es ein Netz von winzigen, durch Steinmauern abgetrennten Feldern; der Großteil des Terrains aber war voller Steine und Felsen, die durch eine dünne Schicht grober, mit spärlichem Gebüsch bewachsener Erde hervorschauten.
Noch bevor sie ins Badezimmer gegangen war, hatte Modesty das Auto durch ihr Fernglas erspäht. Sie hatte vorsichtig aus Willie Garvins Zimmer auf der Westseite des Hauses geschaut. Hier formten die Klippen eine große Bucht, deren äußerstes Ende etwa einen Kilometer entfernt war. Das Auto, ein brauner Mercedes, parkte zwischen der engen Schotterstraße und dem Klippenrand in einer flachen Mulde, zum Teil verborgen durch einen jener aus Stein gebauten Unterstände, die die Jäger bei der Schnepfenjagd benutzen.
Modesty verließ das Haus durch den Garten an der Ostseite und folgte einer breiten flachen Rinne, die sich landeinwärts zog. Fünfzehn Minuten später ging sie, nachdem sie einen Umweg gemacht hatte, über zerklüftetes Terrain auf die Schotterstraße zu.
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Tasso lag an die Tür gelehnt in einer Wagenecke, die Kopfhörer aufgesetzt, das Fernglas auf der Brust. Alle Fenster waren offen, damit es nicht zu heiß wurde.
Neben ihm lag der Kassettenrecorder, den er andrehen würde, wenn irgend etwas aus den Abhörgeräten in der Villa jenseits der Bucht kommen sollte.
Er hatte seine Wache bereits in der Morgendämmerung begonnen, aber bis jetzt noch kein Gespräch aufgenommen. Nur ein vages
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