Modesty Blaise 09: Die Lady fliegt auf Drachen
Mr. Fletcher nur töten, wenn es absolut notwendig sein sollte. Nun, gibt es noch Probleme, bevor ich diese Sitzung für beendet erkläre?»
Reverend Uriah Crisp öffnete wieder die Augen.
«Das gemeißelte Abbild der großen Verführerin», sagte er mit unterdrückter Wut, «die große grüne Hure, die Männer zur Sünde verleitet …»
«Sprechen wir von der Jadekönigin?» unterbrach Beauregard Browne freundlich.
«Ja.» Uriah lehnte sich vor, die Hände auf dem Tisch gefaltet. «Wer werden unsere Brüder bei der gottgefälligen Arbeit sein, sie fortzutragen, um sie in einer tiefen Höhle, fern von den Blicken der Menschen, zu begraben?»
«Ach, diese Frage hatten wir aufgeschoben, nicht wahr? Mein Freund, wie nett von Ihnen, mich zu erinnern.» Beauregard Browne ordnete die vor ihm liegenden Mappen, dann blickte er jeden von ihnen vertraulich an. «Was die Frage der lokalen Hilfe bei dem
Royal Academy
Projekt betrifft, darf ich mir erlauben mitzuteilen, daß der Präsident zu Recht hofft, den wünschenswerten Beistand von …» Er machte eine Pause und blickte mit einem Flattern der langen Wimpern bescheiden in die Runde, «von Miss Modesty Blaise und Mr. William Garvin zu erhalten.»
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Modesty lag seit ein paar Minuten wach und überlegte ihre morgendlichen Aufgaben; Luke Fletcher döste, den Kopf auf ihrer Schulter, einen Arm über ihren Körper gelegt. Sie schüttelte ihn sanft und sagte: «He, du. Steh auf und mal.»
Er brummte, schmiegte sein Gesicht an ihren Hals und umfaßte ihre Brust. «Wie spät ist es?»
«Neun Uhr vorüber. Höchste Zeit, daß alle Genies auf und an der Arbeit sind.»
«Mmmmm. Hübsch. Also los.» Er legte sich auf sie.
Sie lachte. «Luke, das habe ich nicht gemeint.»
«Aber ich. Du weißt, ein Genie braucht Inspiration.»
«Ich dachte, ich hätte dich letzte Nacht inspiriert.»
«Es war heute morgen, gegen ein Uhr, etwa eine Stunde nachdem wir ankamen.» Seine Hände und Lippen wanderten über ihren Körper. «Aber die Inspiration hat nachgelassen.»
Sie schob die Hüften zurecht, um ihn zu empfangen. «Willst du behaupten, ich sei wie chinesisches Essen? Nur auf kurze Zeit befriedigend?»
Er legte sich voll auf sie und strich mit einer Hand über ihre Brauen. «Keineswegs. Aber ich muß feststellen, daß ich dich nach ein paar Stunden wieder haben möchte. Wie eben jetzt. Hast du etwas dagegen?»
«Eine Dame, die etwas dagegen hat, wenn ein Herr soweit gekommen ist, ist keine Dame.»
Er seufzte tief und befriedigt. «Du bist so zauberhaft. Du bist so lieb zu mir.»
«Es ist hübsch, wenn man geschätzt wird, aber begnüg dich damit, Luke. Miteinander schlafen ist viel zu angenehm, um es mit Gefühlen zu belasten.»
«Gut, ich werde nicht zu intensiv werden. Warum sind wir in einem Gästezimmer, anstatt in dem schönen Schlafzimmer, das du offensichtlich sonst benutzt?»
Wieder lachte sie. «Du stellst zu den merkwürdigsten Zeiten die merkwürdigsten Fragen.»
«Lach nicht so plötzlich, Modesty, sonst beschleunigst du mein Tempo. Das heißt, das tust du sowieso, darum hab ich vermutlich eine seltsame Frage gestellt – um mich abzulenken.»
«Gut so. Ich bin sehr für ein verlängertes Vergnügen. Vielleicht kannst du dich erinnern, daß ich, als wir ankamen, mit einem komischen kleinen Gerät herumgegangen bin. Es ist eine Gewohnheit aus meinen weniger harmlosen Tagen. Ich mache es immer, wenn ich irgendwo einziehe.»
«Was machst du?»
«Nach Wanzen suchen. Abhörgeräten.»
«Was?» Er lehnte sich zurück, um sie anzusehen.
«Das ist doch lächerlich!»
«Ich weiß. Aber gelegentlich lohnt es sich, und so war es gestern nacht. In meinem Schlafzimmer und im Wohnzimmer sind Wanzen. Luke, mein Schatz, ich glaube, du solltest dich ein wenig bewegen, sonst gerätst du in den Rückwärtsgang!»
Er schwieg einen Moment, dann: «Warum hast du sie nicht einfach kaputtgemacht?»
«Das würde den – wer immer es auch sein mag –, der vermutlich gar nicht weit von uns hier zuhört, natürlich warnen. Ich wollte mir die Sache erst näher ansehen. Bitte, sorg dich nicht, Luke. Es ist nichts Ungewöhnliches.»
«Aber warum sollte irgend jemand uns zuhören wollen?»
«Keine Ahnung.»
«Du sagtest, es sei nicht ungewöhnlich.»
«Ich meinte, bei meinem Vorleben – von dem ich dir einiges erzählte, das du aber offenbar nicht zur Kenntnis nimmst – bei meinem Vorleben ist es nicht ungewöhnlich, daß Dinge geschehen, die, wenn sie andern Menschen
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