Modesty Blaise 09: Die Lady fliegt auf Drachen
Jagdgründe zu befördern, dann werden wir dringend einen Ersatz von ähnlichem Kaliber brauchen. Wir würden Ihnen sofort eine lukrative Stellung in unserer kleinen Gemeinschaft anbieten – gewisse Vorsichtsmaßnahmen vorausgesetzt. Euch beiden, auch dem stämmigen Garvin.»
Sie wußte, daß er log, aber sie sagte achselzuckend:
«Das ist etwas anderes. Wenn ich eine Chance habe, dann spiele ich mit.»
Willie Garvin hatte sie mit ausdruckslosen Augen angestarrt, um ihre Signale zu lesen. Jetzt sagte er ärgerlich: «Genug von ihr. Was geschieht mit mir, wenn sie umgelegt wird?»
«Keine Sorgen, alter Brummbär. Für Sie gelten die gleichen Bedingungen.»
«Ich kann ihn spielend töten. Aber nicht mit einer Schußwaffe. Ich benutze niemals welche.»
«Das haben wir gehört.» Beauregard Browne lächelte ihn strahlend an. «In Ihrem Fall schlug Uriah tatsächlich vor, daß Sie im Augenblick des Gerichtes Ihr Messer benutzen dürfen. Ist er nicht ein Schatz? Ich meine, wirklich. Ist er das nicht?»
Neunzig Minuten später hielt Condori, eine Zigarre zwischen den Zähnen, den Jeep vor dem Schießplatz an. Neben ihm saß Willie Garvin, dahinter ein Wächter mit dem Karabiner im Anschlag. Modesty saß in einem Jeep, der von Beauregard Browne gelenkt wurde. Hinter ihr saß Clarissa de Courtney-Scott, in der Hand eine zugefeilte Fahrradspeiche mit einem Holzgriff. Beide Gefangenen waren mit Handschellen an den Sitzrahmen gekettet. Beauregard Browne hatte ihnen eine Stunde lang die Insel gezeigt. Sie hatten das Rollfeld besichtigt, in einem offenen Hangar ein Wasserflugzeug gesehen, den kleinen Hafen und das großzügig ausgestattete Gebäude betrachtet, in dem Condoris Leute wohnten; Schwimmbad, Turnhalle und Kinosaal. Beauregard Browne hatte ihnen auf einem Hügel westlich des Flugfeldes eine Radarantenne gezeigt und einige Zeit auf dem sogenannten Richtplatz verbracht, wo er die Kombination von landschaftlichen und funktionellen Vorteilen hervorhob, die dieser Ort seiner Ansicht nach besaß.
An der Südküste der Insel versammelten sich jetzt die Männer, die dienstfrei hatten, auf einem ebenen Platz, der auf einer Seite von niedrigen Felsen gesäumt war. Vor den Felsen lagen Sandsäcke, und davor hatte man einen tiefen Graben ausgehoben, um die Zielscheiben bedienen zu können.
Beauregard Browne blieb neben dem ersten Jeep stehen und stieg gemächlich aus. «Jetzt werden Sie einfach begeistert sein», sagte er. «Es ist eine Vorführung, wie sie unser Uriah zum besten gab, als er auf einer Ranch arbeitete, bevor er für höhere Aufgaben ausersehen wurde. Er wird jeden Augenblick hier sein. Fühlen Sie sich gut und bequem? Natürlich können Sie heraushüpfen, aber diese Handschellen werden wir nicht aufschließen, denn wenn Sie von so vielen Waffen umgeben sind, könnten Sie in Versuchung kommen, sich schlecht zu betragen.»
Die beiden Gefangenen kletterten von ihren Sitzen und blickten apathisch und desinteressiert um sich. Clarissa stellte sich hinter Willie und rückte scheinbar unbewußt näher, bis ihre Brust seinen an den Jeep geketteten Arm berührte. Nach einer Weile drehte er sich nachdenklich und mit erwachender Neugierde nach ihr um.
«Ach», sagte Beauregard Browne, «hier kommt er.»
Einer der Landrover näherte sich den Felsen und blieb stehen. Reverend Uriah Crisp kletterte aus dem Beifahrersitz. Er trug einen schwarzen Stetson, ein kariertes Hemd, enge Cowboyhosen und Stiefel mit hohen Absätzen und kleinen Sporen. An seiner Hüfte baumelten zwei Revolver in den traditionellen Halftern.
Er hätte eine lächerliche Figur sein können, aber keiner von Condoris Wächtern zeigte sich amüsiert. Als er zum Schießstand ging, blickten sie ihm respektvoll nach. Erstaunlicherweise war sein Gang trotz der hohen Absätze weniger unbeholfen als sonst. Als er vorbeiging, warf er Modesty und Willie einen langen ermahnenden Blick zu, dann blieb er acht Meter vor dem Felsenkranz stehen. In dem Augenblick kam eine Zielscheibe in Form eines Mannes in Sicht – schwarz außer dem Kopf und dem Herzen.
Einen Augenblick stand Uriah mit schlaff herabhängenden Armen da, im nächsten Augenblick waren die Revolver in seinen Händen und drehten sich um die Abzugbügel. Einer verließ seine Hand, drehte sich in der Luft, und im selben Augenblick feuerte der andere und bohrte ein schwarzes Loch in den weißen Kopf.
Als der erste Revolver in seine Hand zurückfiel, schoß er ein Loch in das Herz, während der zweite
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