Modesty Blaise 11: Die Lady spannt den Bogen
bewegt, als der Scheinwerfer aufleuchtete, und sie war sich nicht sicher, ob er aufgewacht war oder immer noch schlief.
Oberon starrte sie wortlos und mit glitzernden Augen an. »Sie haben wohl ein wenig Pech gehabt«, sagte St. Maur. »In dieser Bucht hier haben wir einige unserer Landeübungen abgehalten, deshalb ist Ihre Jacht gestern von einer der Gruppen entdeckt worden, nachdem wir Sie bereits in unserer Gewalt hatten.«
Sie sah ihm fest in die Augen und sagte mit scharfer Stimme: »Es wird langsam Zeit zum Aufwachen. Wachen Sie auf und hören Sie mir zu!«
Er runzelte die Stirn. »Wie bitte?«
Ihre Worte waren an Willie Garvin gerichtet gewesen, und sie konnte nur hoffen, daß er sie gehört hatte.
Achselzuckend sprach sie weiter: »Seien Sie doch realistisch. Ihr Spiel ist aus, außer Sie kommen mit mir ins Geschäft.«
Oberon protestierte mit einem unartikulierten Laut.
Seine Begierde, sie zu vernichten, war dermaßen intensiv, daß sie deutlich in der Luft zu spüren war. »Beherrschen Sie sich, Hugh«, wies ihn St. Maur verächtlich zurecht. Dann wandte er sich an Modesty: »Unser Spiel ist noch keineswegs aus, Miss Blaise. Zu meinem größten Leidwesen ist mein Rat in Ihrer Angelegenheit nicht befolgt worden. Ich wußte sehr wohl, daß das einzig richtige Verfahren mit Ihnen und Garvin gewesen wäre, Sie alle beide sofort zu töten, aber Leute wie Golitsyn glauben immer, sie wären noch ein bißchen klüger. Dieser Stümper wollte Sie unbedingt am Leben lassen, um die Geheimdienste auf eine falsche Spur zu führen; und das ist nun das Ergebnis.«
Zum ersten Mal stahl sich eine Spur von Leidenschaft in die harte, metallische Stimme. »Sie haben die Aktion
Morgenstern
scheitern lassen, und die meisten der
Watchmen
sind tot. Durch diese Handlungsweise haben Sie die Aussicht auf Stabilität und Wohlstand in unserem Land um mindestens fünf Jahre verzögert, wofür Sie sich in Grund und Boden schämen sollten, Miss Blaise, Aber damit ist die Angelegenheit keinesfalls abgeschlossen, das kann ich Ihnen versichern. Wenn Sie und Garvin tot sind, wird es niemanden mehr geben, der mich mit den
Watchmen
in Verbindung bringen könnte. Der Untergang des Drioga-Bohrschiffs wird als eine Schiffahrtstragödie durch die Nachrichten gehen, das ist alles. Und ich werde von neuem Kontakt mit den Hintermännern Golitsyns aufnehmen. Dann baue ich die Organisation der
Watchmen
wieder auf.«
Sie betete darum, daß Willie Garvin inzwischen aufgewacht wäre. Daß er begriffen hatte, was hier vorging.
Daß das Kanu nicht abgetrieben war. Sie sagte leise:
»Ich habe gerade von einem Geschäft geredet.« Ihr Blick ging zu Oberon, und ihre Stimme wurde nun laut und schneidend. »Würden
Sie
bitte den edlen Earl übernehmen, wenn es Ihnen genehm ist?«
Oberon starrte sie mit Mordlust in den Augen an, und seine Leidenschaft hatte ihn so sehr gepackt, daß er anscheinend gar nicht zugehört hatte. Sie hoffte jedoch, daß Willie Garvin ihre Anweisung gehört und auch bemerkt hatte, daß sie an ihn gerichtet war. St. Maur brach das Schweigen. »Ich habe keine Ahnung, wovon Sie sprechen, und es ist mir auch ziemlich gleichgültig.
Zwischen uns wird es zu keinem Geschäft kommen.
Ich habe Sie nur deswegen nicht sofort getötet, weil ich vorher noch erfahren möchte, wie es Ihnen und Garvin gelungen ist, das Bohrschiff zu versenken. Das ist eine äußerst wichtige Information, und wenn Sie mir diese Frage unverzüglich beantworten, dann verspreche ich Ihnen einen raschen Tod. Wenn Sie es mir nicht sagen wollen, dann wird er langsam und schmerzhaft sein. Haben Sie mich verstanden?«
»Ich bringe sie schon zum Reden, Major«, stieß Oberon gepreßt hervor. »Ich brauche dazu nur meine Hände … sonst nichts.« Er steckte seinen Revolver in den Halfter und machte bereits einen halben Schritt auf sie zu. St. Maurs Stimme war gar nicht sehr laut, aber schneidend wie ein Messer. »Bleiben Sie
stehen
! Und halten Sie die Waffe auf sie gerichtet.«
Oberon erstarrte. St. Maur fuhr fort: »Sie nähern sich ihr nicht eher, als ich Ihnen die Anweisung dazu gebe, Hugh. Wenn sie sich zu sprechen weigert, dann werden Sie ihr auf meinen Befehl von dort aus, wo Sie jetzt stehen, beide Ellenbogen zerschießen. Danach können Sie näherkommen und ein intensives Verhör vornehmen.«
Es entstand eine kurze Pause. Sie fand sich innerlich damit ab, daß Willie Garvin noch immer bewußtlos sein mußte, und bereitete sich mit einem Teil ihrer
Weitere Kostenlose Bücher