Modesty Blaise 12: Die Lady läßt es blitzen
weiß.
Alles
! Ich weiß nicht,
wohin
sie von Athen aus gegangen sind. Herrgott, ich würde es Ihnen sagen, wenn ich es wüßte. Schauen Sie – das Geld, das sie mir gegeben hat – es ist im Schreibtisch, oberste Lade – nehmen Sie es, nehmen Sie es! Tun Sie mir nur nichts mit diesem … diesem Ding. Bitte –«
Die Stimme klang wieder verzerrt, verstummte, und man hörte nichts mehr außer einem nasalen heftigen Atmen. Modesty runzelte leicht die Stirn. »Ich glaube, Weng hat ihm wieder den Mund zugeklebt«, meinte sie. »Er sollte Lafarge eigentlich nur ein schwaches Betäubungsmittel geben, um ihn für einige Minuten außer Gefecht zu setzen – Zeit genug für Weng, um zu verschwinden.«
Danny lauschte dem ruckweisen Atmen des verängstigten Mannes. »Vielleicht hat Weng zuerst das Geld geholt«, erwiderte er.
»Vielleicht.« Sie lächelte ein wenig. »Ich habe das Geld ganz vergessen. Oh Gott, Danny, ich bin so froh, daß es Willie war. Diese Leute hätten ihn nicht heimlich nach Athen und noch weiter geflogen, nur um ihn zu töten. Ich weiß nicht, wer sie sind und was sie von ihm wollen, aber es besteht zumindest eine Chance, daß er
lebt
, und –«
Sie unterbrach sich, als plötzlich Wengs verstellte Stimme zu hören war. »Ich habe das Geld, Mr. Lafarge. Die andere Zahlung, die unsere Freundin Miss Blaise Ihnen geleistet hat, kann nicht zurückerstattet werden, daher müssen wir Sie lehren, daß diejenigen, die unsere Freunde schlecht behandeln, ihrer Strafe niemals entgehen.
So
.«
Aus dem Recorder drang ein schauriges Geräusch.
Es war zweifelsohne Lafarge, der durch seinen Knebel hindurch schrie. Daraufhin hörte man nur mehr das Rauschen des Tonbandes und anschließend völlige Stille, als es abgeschaltet wurde. Modesty starrte Danny Chavasse aus aufgerissenen Augen an und schrie dann:
»Weng, Weng, komm
sofort
her!«
Er kam in einer gestreiften Schürze aus der Küche, höflichen Vorwurf in den Augen, und trocknete seine Hände mit einem Handtuch ab. »Ich bin gerade an einem kritischen Punkt eines äußerst komplizierten Rezepts, Miss Blaise –«
»Das ist mir egal.« Sie zeigte auf den Recorder.
»Was hast du mit Lafarge gemacht?«
Er sah sie mit gekränkter Unschuld an. »Nur, was Sie angeordnet haben, Miss Blaise.«
»Wenn du ihn zum Reden gebracht hattest, solltest du ihm eine Spritze verpassen und nach Hause kommen.«
»Die Spritze war nicht nötig, Miss Blaise«, sagte Weng geduldig. »Als ich ging, schlief Mr. Lafarge auf dem Sofa, ein freier Mann. Ich habe ihn sogar zugedeckt.« Weng gelang es, einen noch beleidigteren Blick aufzusetzen. »
Ich
habe ihn nicht zusammengeschlagen.
Ich
habe nicht seine Rippe gebrochen und sein Knie und seinen Hals verletzt und –«
»Sei jetzt einmal still, Weng.« Sie ließ die Kassette ein Stück zurücklaufen und spielte das Ende mit Lafarges dumpfem, aber markerschütterndem Schrei nochmals ab.
»Was zum Teufel war das?« fragte sie wütend.
Wengs Gesicht leuchtete auf, als hätte er plötzlich begriffen. »Ach
das
, Miss Blaise? Das war Mr. Lafarges Einbildung. Wenn eine Person wie Mr. Lafarge sich Ihnen gegenüber unhöflich benimmt, werden Sie hoffentlich verstehen, daß das auch mich als Ihren Hausboy herabwürdigt, daher galt es also, eine persönliche Schuld zu begleichen.«
Sie fragte geduldig: »Was genau hast du mit ihm gemacht, Weng?«
Er hatte sich nun die Hände fertig abgetrocknet und legte das Handtuch über den Arm. »Als ich das Geld holte, das Sie ihm gegeben hatten, Miss Blaise, bin ich auch in die Küche gegangen und habe ein Stück Eis aus dem Kühlschrank genommen.« Weng lächelte versonnen. »Als ich zurückkam, teilte ich Mr. Lafarge mit, daß die Triads ihn für das, was er getan hatte, bestrafen müßten, nahm die Vorlegegabel und rammte das Stück Eis in …« Weng hüstelte entschuldigend, »in seine Eier. Ich glaube, der erste Eindruck der großen Kälte muß sich für ihn genauso wie große Hitze angefühlt haben – natürlich unterstützt durch seine Einbildung. Das scheint mir die Art der Vergeltung zu sein, die Mr. Garvin selbst angewendet hätte.« Sie blickte zu Danny, dann wieder zu Weng und sagte: »Mein Gott.« Dann nach einer Weile. »Er ist also durch den Schock ohnmächtig geworden?«
»Innerhalb von Sekunden, Miss Blaise. Ich habe das Betäubungsmittel nicht gebraucht.«
Sie nickte langsam und stand auf, schaute einige Augenblicke über die Stadt und wandte sich dann wieder an Weng.
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