Möhrchenprinz - Roman
sagen wolle, dass der Anführer dieser Bande denselben Namen trüge wie ich.
»Und sie haben angekündigt, dass sie sich weiter für einen Bewusstseinswandel in der Bevölkerung einsetzen werden. Es sei unmenschlich, dass wir Tiere züchten, um sie zutöten und zu essen. Das sei Kannibalismus, denn auch wir seien nicht die Krone der Schöpfung, sondern nur ein Mitgeschöpf unter vielen.«
Was war denn nun mit Daniel? Hatte er seinen Namen nicht genannt? War ich noch sicher? Ich musste mehr erfahren, konnte aber erst nach einem heftigen Räuspern überhaupt einen Ton herausbringen
»Wer, äh, wer ist das denn überhaupt? Sind das Leute von Greenpeace, oder …«
»Nein, eine neue Gruppe. Der Anführer ist ein bekehrter Banker. Ein Feigling, der seinen richtigen Namen nicht genannt hat.«
»Ha!«, rief ich aus.
PS schaute irritiert.
»So ein Feigling!«, fügte ich hinzu und verbarg meine Erleichterung nur mit größter Mühe.
»Der Kerl ist eine Seuche für uns und unsere ganze Branche. Eigentlich dürften wir jetzt gar nicht weg, weil jeden Moment so eine Aktion gegen uns laufen könnte und dann müssten wir schnell reagieren.«
Ich starrte ihn entgeistert an. Natürlich hatte er vollkommen recht. Eigentlich hätte ich selbst auf diese Idee kommen müssen, aber ich freute mich so wahnsinnig auf unsere Reise …
»Aber das wäre ja noch schöner, dass wir uns die Termine unserer Geschäftsreisen von solchen Spinnern diktieren ließen«, sagte PS wütend. »Wenn der Kerl es wagt, mir in die Quere zu kommen, dann kann er sich auf einen Ritt gefasst machen.«
Ich hoffte, dass er juristische Schritte meinte und keine brutale Gewalt, konnte mir aber PS nicht als Schläger vorstellen und beruhigte mich wieder. Allerdings nicht viel, denn nach dieser öffentlichen Kampfansage konnte es nur noch eine Frage der Zeit sein, bis jemand Daniels Namenherausbekam und die Verbindung zu mir herstellte. Ich unterdrückte die Tränen nur mühsam. Daniel, du Hornochse, warum musstest du mir das antun?
Ich brachte den Tag wie in Trance hinter mich, verhandelte weiter mit divenhaften Fernsehköchen und war glücklich, dass ich in der Straßenbahn nach Feierabend einen Sitzplatz ergatterte.
Es dauerte eine ganze Weile, bis ich wirklich realisierte, was meine Augen schon eine Zeit lang wahrgenommen hatten: Die Internetadresse www.hot-spott.de sprang dem Betrachter von jedem Trafokasten, jeder Mauer, jedem Bauzaun und jedem Ampelmast entgegen. Als Graffiti gesprüht, als Poster geklebt oder als Abreißblock angeschraubt.
Wie hatte Daniel das so schnell nach seinem inzwischen offenbar berühmten Fernsehauftritt geschafft? Das musste er doch schon lange im Voraus geplant haben. Und ich war der Feind, mir hatte niemand etwas gesagt, ich saß jetzt hier und schwitzte Blut und Wasser und wurde langsam wirklich sauer.
In entsprechender Stimmung war ich, als ich nach Hause kam, aber Daniel war leider nicht verfügbar, um meine Wut an ihm auszulassen. Stattdessen fand ich Mike und meine Mutter selig vereint in der Küche über zwei großen, blutigen Steaks.
»… man sich von anderen Menschen sein Leben diktieren lässt, dann wacht man plötzlich auf und stellt fest, dass man gar kein eigenes Leben hatte«, erklärte meine Mutter gerade mit vollem Mund. Ein kleiner Tropfen Fleischsaft lief ihr über das Kinn.
Mike nickte und bekräftigte seine Zustimmung durch heftiges Gestikulieren mit seinem Messer. Ich war in einer Stimmung, in der es mir nicht das Geringste ausgemacht hätte, wenn er meine Mutter und sich selbst in einer unbedachtenGeste abgestochen hätte. Nur die Schweinerei in meiner Küche hätte meinen Unmut erregt, aber zur Not hätte ich das in Kauf genommen.
»Welche unheilige Allianz schmiedet ihr zwei denn hier?«, fragte ich unwirsch, während ich den Wasserkocher anstellte.
»Cornelia ist mit Daniel und seinen Freunden unterwegs und hat Mike einfach sitzen gelassen«, sagte meine Mutter mit deutlichem Vorwurf in der Stimme.
Na und?, dachte ich bei mir. Kiffen kann er auch allein.
»Sie ist von Daniels Ideen infiziert, will jetzt auch vegan leben und gegen Tiertöter in die Schlacht ziehen.«
Na super, dachte ich mir. Der Feind sammelt seine Truppen.
»Und Mike hat beschlossen, sich dem Diktat fremder Leute nicht länger zu unterwerfen. Warum sollte er sein Leben auf eine vegane Ernährung umstellen, nur weil dein Bruder es will?«, fuhr Mama fort.
Nun, die Antwort war verhältnismäßig einfach: Mike war eine
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