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Möhrchenprinz - Roman

Möhrchenprinz - Roman

Titel: Möhrchenprinz - Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: dtv
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zeitlichen Druck machen würde. Im Gegenteil. Ich würde den Dampf aus meinen Aktivitäten nehmen und bei den Herren, die Interesse angemeldet hatten, auf Zeit spielen, bis ich genauere Informationen von PS über die weitere Vorgehensweise bekäme. Damit konnte ich die Liste an Themen, die vor der Reise noch erledigt werden mussten, gleich um eine Position kürzen.
    »Außerdem überlege ich, offizieller Sponsor eines Leichtathletikwettbewerbs zu werden.«
    Ich starrte PS an.
    »Oder eines Sportlers.«
    Jetzt drängte sich mir das Bild einer eleganten, kraftvollen, schnellen Gazelle auf. Wieder hatte PS mein Mienenspiel beobachtet und nickte nun, als er sah, dass der Groschen gefallen war.
    »Sprint?«, fragte ich. »Oder Hochsprung?«
    Er zuckte mit den Schultern.
    Ich machte eine weitere Notiz unter der Rubrik »nach der Reise«. Gute Ideen hatte PS ja, allerdings fragte ich mich langsam, wie ich all die Projekte umsetzen sollte. Ich arbeitete bereits mehr als neun Stunden täglich und alles, was er jetzt wieder ausgebrütet hatte, würde das Arbeitspensum dramatisch erhöhen. Ich unterdrückte einen Seufzer. Die Arbeit war interessant, machte Spaß und brachte mich mit PS zusammen. Kein Grund zum Jammern, also.
    »Und nun zu den schlechten Neuigkeiten.«
    Ich blickte irritiert auf.
    »Hast du die Kampagne von Hot Spott schon gesehen?«
    Kampagne? Ich spürte, dass ich blass wurde. »Nein.«
    »Die haben ihre Internetadresse auf jeden freien Zentimeter öffentlicher Fläche gesprüht.«
    Ach so, das meinte er mit Kampagne. Ich nickte.
    »Ich gehe also davon aus, dass sie nach dem Fernsehauftritt und dieser Werbekampagne massenhaft Zulauf bekommen.«
    Ich nickte.
    »Wir sollten uns auf jede Menge Gegenwind gefasst machen.«
    Wie machte man sich in so einer Situation auf Gegenwind gefasst? Ich hatte keinen Schimmer, was er meinte.
    »Du meldest dich bei dieser Initiative und versuchst herauszubekommen, was sie vorhaben.«
    »Nein!«, rief ich reflexartig.
    PS runzelte die Stirn.
    »Äh, ich bin doch nach dem Interview wegen dieses Junggesellenabschieds bei denen sicher bekannt«, murmelte ich.
    In meinem Kopf schwirrten tausend Bilder durcheinander von Daniel, wie er mit seinem Spielzeuggewehr die verkleideten Tiere erschoss, wie er an meinem Küchentisch Pläne schmiedete, die er vor mir verheimlichte, wie glücklich er nach der gelungenen Pressekonferenz war.
    Dann drängten sich Bilder von Thomas dazwischen, dem viel mehr als meinem eigenen Bruder bewusst zu sein schien, in welch grässlicher Situation ich mich befand. Mehr als einmal hatte er mich mit einem verständnisvollen Blick betrachtet, wenn er spürte, dass ich mich über die fehlende Loyalität meines Bruders geärgert hatte. Er hatte mir sogar die Wette angeboten bei Aktionen, die eindeutig zu meinen Lasten gehen sollten und von denen er meinen Bruderdann abhalten wollte. Aber würde er es im Zweifelsfall wirklich mit Daniel aufnehmen? Gehörte seine Loyalität meinem Bruder oder mir?
    Und wem gehörte meine? Meinem Arbeitgeber oder meinem Bruder? Dem Mann, den ich liebte, natürlich. Allerdings liebte ich beide, wenn auch auf unterschiedliche Art und Weise. Meine Loyalität gehörte dem, der in all diesen Aktionen das Opfer war. Meinem Boss. Oder?
    »Du sollst ja nicht persönlich bei dem Spinner auftauchen. Melde dich für den Newsletter und die Facebook-Gruppe an. Sobald du erfährst, um welche Aktion es geht, haben wir immerhin einen Informationsvorsprung.«
    Ich nickte schweigend und machte mit tief über das Papier gebeugtem Kopf eine Notiz auf meinem Block.
    Ich war erleichtert, als das Telefon klingelte und PS die Sitzung für beendet erklärte. Immer noch verwirrt stürmte ich in mein Büro, schloss die Tür hinter mir und legte den Kopf auf den Schreibtisch. Aber dann hob ich ihn wieder und gab mir gedanklich einen Tritt in den Hintern. Zwar hatte ich nie in Daniels Zimmer einbrechen und nach geheimen Zetteln oder Plänen suchen wollen, aber auf die Idee, mich inkognito auf Daniels Website umzusehen und als Helfer zu melden, hätte ich schließlich selbst kommen können. Das würde ich nun nachholen. Ich ging online, richtete mir einen neuen, kostenlosen E-Mail-Account ein und meldete mich bei www.hot-spott.de als willige Aktivistin. Leider wurden keine der geplanten Aktionen konkret mit Thema und Termin genannt, sondern nur die grundsätzliche Bereitschaft abgefragt. Genaueres gäbe es dann jeweils kurzfristig per SMS oder E-Mail.
    Nach den

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