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Mönchsgesang

Mönchsgesang

Titel: Mönchsgesang Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Günter Krieger
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übrigens«, bemerkte Dreyling zwischen zwei Löffeln Suppe, »nenn mich nicht Herr Richmond. Ich bin ja kein Bauer. Mein Name ist Dreyling.«
    Jutta nickte verstehend und zwinkerte Maria zu.
    »Wollt ihr beide eigentlich heiraten?«, fragte Dreyling plötzlich unvermittelt.
    Jutta schreckte zusammen. Mathäus hatte seinen Vater also nur oberflächlich informiert. »Wie bitte?«, fragte sie, um Zeit für die Formulierung einer Antwort zu gewinnen.
    »Du und Mathäus, wollt ihr heiraten?«
    Jutta schluckte. Was sollte sie ihm antworten? Dass es zwei Dinge auf dieser Welt gab, die sie sich sehnlichst wünschte? Nämlich erstens dem Herrgott als Ordensfrau in einem Nonnenkloster zu dienen und zweitens den Rest ihres Lebens an Mathäus' Seite zu verbringen? Sollte sie ihm von ihren beiden Herzenswünschen berichten, die einander ausschlossen wie Feuer und Wasser und von denen allenfalls einer irgendwann in Erfüllung gehen konnte? Sie hatte den Herrgott schon oft um eine Erleuchtung gebeten, doch bislang war sie ihr noch nicht zuteil geworden. Sollte sie das dem Alten sagen, der ein seltsamer, unnahbarer Kauz zu sein schien und wahrscheinlich ohnehin wenig Verständnis für solcherlei Dinge haben würde?
    »Wenn Gott es will, werden Mathäus und ich heiraten«, sagte sie schließlich langsam.
    Dreyling nickte. »Sicher. Wenn es so weit ist, wird Gott einen seiner Engel vorbeischicken, der Euch auf einer Posaune Bescheid bläst. Übrigens würde ich mir das gründlich überlegen, meinen Sohn zu heiraten.«
    Jutta presste zwei Finger auf ihre Stirn. Wahrscheinlich bemerkte sie die Zornesfalte, die sich dort zu bilden begann, und war nun bemüht, diese zu verbergen. »Warum?«, fragte sie.
    Dreyling sah über den drohenden Klang in der Stimme der jungen Frau hinweg und löffelte weiter seine Suppe. »Weil er ein sturer Dickkopf ist. Darum.«
    Jutta beugte ihren Oberkörper nach vorne. »Mag sein, dass er ein sturer Dickkopf ist«, erwiderte sie glockenklar, »aber er ist auch der beste und liebste Mann, den ich jemals getroffen habe. Und niemand – niemand! – wird es jemals schaffen, mich von etwas anderem zu überzeugen!«
    Dreyling hielt beim Essen inne und schaute in Juttas Gesicht, das vor kompromissloser Entschlossenheit strotzte und ihn unwillkürlich beeindruckte.
    »Mama, ich bin satt!« meldete sich auch nun erstmals Maria zu Wort. Ihr helles Stimmchen wurde von einem kaum noch wahrnehmbaren Akzent begleitet.
    »Mama? Wieso Mama?«, fragte Dreyling. »Ich dachte, du wärst nicht ihre Mama.«
    »Aber sie darf mich so nennen«, erwiderte Jutta lakonisch.
    Dreyling zog seine Mundwinkel nach unten und schüttelte fast unmerklich seinen Kopf. »Oh Gott, was sind das bloß für Zeiten und Sitten«, murmelte er wie zu sich selbst.
    Jutta erhob sich von ihrem Hocker. »Es hat aufgehört zu regnen«, bemerkte sie spitz. Dennoch war sie sichtlich bemüht, keine unbedachten Worte von sich zu geben. »Maria, wir sollten das ausnutzen, um nach Schlich zurückzukehren.«
    »Nach Schlich? Ist das auch so ein, äh, Dorf wie dieses?«
    »Ja.«
    »Weit weg?«
    »Nein. Einer der Nachbarorte.«
    Sie griffen nach ihren Jacken und wandten sich ein letztes Mal dem Herrn am Tisch zu.
    »Ich bin froh, Euch kennen gelernt zu haben, Herr Dreyling«, erklärte Jutta und versuchte zu lächeln. Sie war erstaunt, als sie sah, dass Dreyling sich von seinem Platz erhob.
    »Ich habe mich auch gefreut. Ich hoffe, wir sehen uns wieder.«
    Sie nickte und verließ mit Maria die Stube. Die Kleine indessen ließ es sich nicht nehmen, dem Mürrischen beim Hinausgehen noch einmal flink die Zunge herauszustrecken.
    Diesmal erwiderte Dreyling die Geste des Kindes.

7
    A ls Mathäus merkte, dass der Regen nachgelassen hatte, erhob er sich von seiner Pritsche und schritt zu dem Fenster seiner Kammer. Staunend tastete er über die glatte Oberfläche des Glases, ein Luxus, den selbst die Herren von Merode noch nicht für sich in Anspruch nahmen. Konrad aber, dessen war Mathäus sich sicher, würde Feuer und Flamme sein, wenn man ihm die Vorzüge des Fensterglases schmackhaft machen würde. Der Herr der westlichen Burghälfte und der halben Herrschaft Merode nahm für sich in Anspruch, ein kultivierter Edeling zu sein, stets mondän und auf der Höhe der Entwicklungen dieser Zeit. Mathäus schmunzelte. Er wusste, dass Konrad hinter diesen Wunschvorstellungen weit zurückblieb. Im Gegensatz zum Besitz und Reichtum Wilhelms, des Markgrafen von Jülich, wirkte

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