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Mönchsgesang

Mönchsgesang

Titel: Mönchsgesang Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Günter Krieger
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hatte.
    Die Große strich verlegen eine nasse Haarsträhne aus ihrem hübschen Gesicht. Strahlend weiße Zähne kamen zum Vorschein. »Verzeiht mir, ich wusste nicht …«
    »Du wusstest nicht, dass du hier einen alten Gesellen antreffen würdest.«
    »Das habt Ihr gesagt.«
    »Nun, leider kann ich mich nicht mehr verjüngen. Falls du zu Mathäus willst, so kann ich dir nicht helfen. Er wurde irgendwohin gerufen, in ein Kloster, oder so. Einer der Mönche ist wohl über den Jordan, verstehst du?«
    »Oh!«
    »Der vielbeschäftigte Dorfherr wusste leider nicht, wann er zurückkommt.« Dreyling ließ sich ächzend auf einen Hocker am Tisch nieder und angelte einen Apfel aus einer hölzernen Schale.
    Die junge Frau nickte verständnisvoll. Da sie keine Aufforderung erhielt, sich ebenfalls hinzusetzen, zupfte sie verlegen ein paar Laubreste aus den durchnässten Haaren der Kleinen. Schließlich holte sie tief Luft.
    »Ich bin …«
    »Ich weiß, wer du bist. Du bist Jutta, Mathäus' Gefährtin.« Er biss in seinen Apfel und deutete mit dem Kinn auf die Kleine. »Aber wer bei allen Heiligen ist das?«
    »Das ist Maria.«
    Dreyling grunzte skeptisch. »Ist sie … deine Tochter?«, fragte er lauernd.
    »Nein, ist sie nicht.« Juttas Zurückhaltung schwand; ihre Stimme nahm nun sogar einen energischen Ton an. »Aber würdet Ihr Euch nun dazu herablassen, uns endlich zu sagen, wer Ihr denn eigentlich seid?«
    »Sicher.« Er hob gleichgültig seine Schultern. »Mein Name ist Dreyling.«
    »Dreyling? Das sagt mir nichts.«
    »Sollte es aber. Denn Mathäus wird bald auch so heißen.«
    Jutta blinzelte nachdenklich. »Ihr seid Richmond«, behauptete sie, »Mathäus' Vater.«
    »Freut mich, dass mein Sohn mich nicht totgeschwiegen hat.«
    Jutta machte einen Knicks und streckte ihm ihre Hand entgegen, die dieser, ohne sich freilich von seinem Platz zu erheben, mit einem kurzen Nicken ergriff. Maria begrüßte ihn unter Juttas Anleitung auf die gleiche Weise. Jutta half der Kleinen beim Ausziehen der durchnässten Überjacke, bevor sie sich ihrer eigenen entledigte. Dann ging sie zum Herd und griff nach einem Tuch.
    »Ich hoffe, Ihr habt nichts dagegen, Herr Richmond, wenn wir unsere Haare ein wenig trocknen.«
    Wieder hob Dreyling seine Schultern. »Ich bin nicht der Hausherr«, bemerkte er. Mit einer schwungvollen Bewegung beförderte er das Gehäuse seines Apfels durch das Fenster nach draußen. Nach einer Weile nahm er zur Kenntnis, wie die beiden Mädchen sich zu ihm an den Tisch setzten. Er spürte, wie die neugierigen Kulleraugen der kleinen Maria unablässig auf ihm ruhten. Allerdings tat er so, als würde er dies nicht bemerken, denn er hatte keine Lust, den Blick des Kindes zu erwidern.
    Jutta war die seltsame Atmosphäre in diesem Raum leid und sie bemühte sich um Auflockerung.
    »Ihr habt Euch also entschlossen, Euren Sohn zu besuchen?«, fragte sie mit einem wahrhaft bezaubernden Lächeln, das auf Dreyling allerdings keine Wirkung auszuüben schien. »Sicher hat Mathäus sich sehr gefreut.«
    »Sicher, sehr«, brummte Dreyling.
    »Und Eure Frau? Kümmert sie sich derweil um das Geschäft?«
    Dreyling schüttelte den Kopf. Mit knappen Worten erzählte er, was vorgefallen war.
    Jutta senkte betreten den Blick. Mathäus hatte oft von seiner Mutter erzählt, wesentlich öfter als von seinem Vater. Sie wusste, dass die Nachricht vom Tod seiner Mutter ihn besonders erschüttert haben musste. »Es tut mir so Leid«, sagte sie schließlich. Sie unterdrückte den Impuls, nach der Hand des anderen zu greifen.
    »Ja, ja, mir auch.« Dreyling starrte zur Decke, als wolle er niemandem einen Blick in seine feuchten Augen gewähren.
    »Wollt Ihr etwas essen?«, fragte Jutta nach einer Weile des Schweigens.
    Dreyling brummelte etwas Unverständliches vor sich hin.
    »Ich werde etwas von der Suppe aufwärmen.«
    Sie stand auf und machte sich am Herd zu schaffen, während Dreyling immer noch die bohrenden Kulleraugen der kleinen Maria auf sich spürte. Endlich wagte er einen Blick auf das Kind, was dieses unverzüglich ausnutzte, um dem Alten ihre himbeerrote Zunge zu präsentieren. Dreyling spitzte den Mund und schaute schnell in eine andere Richtung.
    Schließlich erschien Jutta wieder am Tisch und verteilte drei Teller, aus denen es appetitanregend dampfte.
    »Sicher wollt Ihr das Tischgebet sprechen, Herr Richmond.«
    »Wie? Ach so, sicher.« Dreyling murmelte ein paar Verse, bevor sie alle drei ein Kreuzzeichen schlugen.
    »Ach

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