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Mönchsgesang

Mönchsgesang

Titel: Mönchsgesang Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Günter Krieger
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Posaunen. Wie in Trance nahm er die Flammen wahr, die neben ihm emporzüngelten. Unwillkürlich sah er die Nibelungen vor sich, die in Kriemhilds Rachefeuer verzweifelt um ihr Leben kämpften. Die Balkendecke, sie stürzt ein, waren seine letzten Gedanken. Dann wurde es dunkel um ihn.
    Mathäus spürte das kalte Wasser, das ihm jemand ins Gesicht schüttete. Doch er weigerte sich, dies als Tatsache hinzunehmen. Warum sollte jemand ihm, einem Beamten des Markgrafen, kaltes Wasser ins Gesicht schütten? Sicher war das wieder einer dieser dummen Träume.
    Jetzt begann dieser Jemand ihn auch noch zu schlagen! Und seinen Namen zu brüllen! Nein, dies war kein Traum: Jemand verpasste ihm tatsächlich ein paar deftige Ohrfeigen und rief seinen Namen. Halb zornig, halb fassungslos öffnete er seine Augen.
    Das Erste, was er sah, war Norberts rotbärtiges Gesicht. Hinter dem Ritter standen die Kreuzherren wie ein paar dunkle Statuen, starrten sorgenvoll auf ihn herab. Er lag mitten auf dem Klosterhof, und zwei Dutzend Schritte von ihm entfernt brannte die hölzerne Baracke der Knechte lichterloh. Mit einem Mal kehrte seine Erinnerung zurück.
    »Was ist mit dem armen Kerl geschehen?«, murmelte er und versuchte sich aufzurichten.
    Norbert von Kerpen half ihm dabei. Er beantwortete die Frage des Dorfherrn, indem er den Finger über seinen Hals gleiten ließ. »Ihr seid ein gottverdammter Idiot, Mathäus«, sagte er kopfschüttelnd. »Wolltet Ihr Euch den Arsch verbrennen?«
    Mathäus wurde von einem heftigen Schwindel erfasst, als er endlich stand. Es war, als hämmerten tausend kleine Männchen in seinem Kopf. Seine Kleidung war an mehreren Stellen verkohlt, und sein linker Unterarm glühte wie ein heißes Eisen. Stöhnend nahm er die faustgroße Brandwunde wahr, die sich dort abzeichnete.
    Der Prior trat an ihn heran und legte behutsam eine Hand auf seine Schulter.
    »Herr Mathäus, seid Ihr wohlauf?«
    »Ich glaube, ich lebe noch.«
    »Norbert hat Euch das Leben gerettet.« Seine Stimme hatte einen bedauernden Unterton, und Mathäus fragte sich, ob dieses Bedauern daher rührte, dass ausgerechnet der ungeliebte Ritter ihn gerettet hatte oder ob er gar die Rettung als solche bedauerte.
    »Er hat Euch aus der brennenden Baracke geholt, bevor diese einstürzte«, fuhr der Prior fort. »Ein paar Augenblicke später, und es wäre um Euch geschehen gewesen. Wie konntet Ihr bloß so töricht sein?«
    Mathäus hob die Schultern. Dann wandte er sich an den Ritter, der ihn schief angrinste.
    »Danke!«, sagte der Dorfherr erschöpft.
    »Ach, scheißt drauf.«
    »Wie viele Tote gibt es?«
    »Einen«, antwortete der Prior. »Diesmal hat es den armen Iring erwischt. Gott sei seiner Seele gnädig!«
    Mathäus nickte und wandte sich wieder dem Ritter zu. »Wieso habt Ihr mir nicht erzählt, dass Adam und Ihr Euch neulich fast geprügelt hättet?«
    Norbert begann dröhnend zu lachen. »Ich habe Euch soeben das Leben gerettet, Mathäus, und Ihr habt nichts Besseres zu tun, als mir gleich wieder eine Eurer merkwürdigen Fragen zu stellen?«
    »Leider habt Ihr meine merkwürdige Frage nicht beantwortet, Herr Norbert.«
    Das Lachen des Ritters erstarb. Zornig schaute er die Mönche an. »Was zur Hölle habt Ihr ihm erzählt?«, fragte er lauernd.
    »Die Wahrheit!«, antwortete Engelbert anstelle des verzweifelten Priors.
    »Die Wahrheit!«, äffte der Ritter ihn nach und sah Hilfe suchend zum Himmel. »Beim Sack des Teufels, der alte Adam und ich haben doch bloß ein paar Nettigkeiten ausgetauscht.«
    »Nettigkeiten!«, zischte Notker.
    »Er nannte mich einen verkommenen Hurensohn und ich ihn einen falschen Heiligen. Daraufhin wollte er mir tatsächlich an den Hals, aber …«, er deutete auf die Mönche, »… zum Glück hinderten seine Mitbrüder ihn daran. Mehr ist nicht gewesen.«
    Mathäus sah die Mönche fragend an. Niemand widersprach der Version des Ritters.
    »Ich danke Euch nochmals, Herr Norbert.«
    Der Kerpener stapfte davon, ein paar unflätige Bemerkungen vor sich hin murmelnd.
    Der Prior atmete hörbar auf. »Ihr solltet nun Euren Arm behandeln lassen«, sagte er mit einem kritischen Blick auf die Verbrennung des Dorfherrn. »Bruder Edmond wird Euch eine Kräuterpackung machen.«
    »Gestattet mir vorher noch eine Frage: Sprach Euer Mitbruder Theodor nicht von einer Schlafstörung, die ihn manchmal plagt?«
    Der Prior hob die Augenbrauen. »Warum?«
    »Es wundert mich, dass er hier nicht zugegen ist. Der Krach auf dem

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