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Mönchsgesang

Mönchsgesang

Titel: Mönchsgesang Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Günter Krieger
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hatten?«
    Anselm ließ sich erschöpft auf einen Schemel sinken. »Nun, Bruder Adam und Bruder Theodor liebten beide Bücher.«
    »Das weiß ich. Weiter, Pater. Denkt nach. Vergesst auch die beiden Stallknechte nicht.«
    Der Prior strich nachdenklich über das rotweiße Kreuz auf seiner Brust. Er schien einen Gedanken zu hegen, den er aber nicht auszusprechen wagte.
    »Also, Pater?«, ermunterte ihn der Dorfherr.
    »Nun, Odo, der tote Stallknecht und Bruder Theodor …«
    »Ja?«
    Anselm räusperte sich. »Zwar war ich nicht ihr Beichtvater …«
    »Umso besser. Dann erzählt um Himmels willen, was Ihr wisst, Pater. Es geht um die Aufklärung dubioser Todesfälle.«
    »Von beiden ging die Rede, dass sie … na ja, dass sie widernatürlich veranlagt waren.«
    Mathäus entsann sich der Worte Norberts und nickte. »Wisst Ihr, ob Theodor und Odo ein Verhältnis hatten?«
    »Nein, das weiß ich nicht«, erwiderte Anselm ein wenig unwirsch, »ich weiß ja nicht einmal, ob die Geschichten wahr sind, die man sich erzählt. Unter den Knechten und Laienbrüdern gibt es ein paar geschwätzige Kerle. Gott alleine kennt die Wahrheit. Und das reicht.«
    »Nicht ganz!«, widersprach Mathäus. »Auch wir müssen nach der Wahrheit forschen, wenn wir den Mörder entlarven wollen.« Er wandte sich wieder dem toten Bibliothekar zu. »Sagt, Pater, was gab es heute zum Abendmahl?«
    »Etwas Wein, Brot – und ein paar Pilze.«
    Sie sahen sich beide in die Augen.
    »Pilze«, wiederholte der Prior, als sei ihm eine Erleuchtung gekommen. »Vielleicht hatte der arme Theodor einen giftigen darunter.«
    »Ja, vielleicht. Wer sammelt die Pilze und wer bereitet sie zu?«
    »Das macht in der Regel Ekkehard, einer unserer Laienbrüder. Er ist für die Küche verantwortlich.«
    »Gut. Ich wollte den Knechten und Laienbrüdern ohnehin ein paar Fragen stellen. Das muss nun sofort geschehen.«
    »Sofort?«, wunderte sich der Prior.
    »Ja, sofort. Bitte, lasst sie alle im Kapitelsaal antreten.«
    Anselm vergrub resignierend sein Gesicht in seinen Händen. »Oh Gott, oh Gott«, murmelte er. »Was ist bloß aus Schwarzenbroich geworden?«
    Mathäus legte eine Hand auf seine Schulter. »Ich weiß, wie Euch zumute ist. Aber ich verspreche Euch, das Rätsel zu lösen, Pater. Doch nun lasst uns zuerst in den Krankensaal gehen. Wir wollen sehen, wie es Bruder Walraf geht.«
    Bruder Walraf schlief. Auch Bruder Edmond hatte sogleich an eine Pilzvergiftung gedacht und dem Cellarius zunächst ein Brechmittel und dann einen Schlaftrunk verordnet. Engelbert und Notker standen ebenfalls wachend neben seinem Bett und beobachteten die Atmung ihres Mitbruders, deren tiefe Regelmäßigkeit ihnen aber anzeigte, dass es dem Kranken nun besser ging. Der Prior informierte sie mit zittriger Stimme über Theodors Tod, was eine weitere tiefe Bestürzung auslöste. Die Mönche sprachen ein gemeinsames Gebet; der alte Edmond kämpfte sichtlich mit den Tränen. Eine greifbare Verzweiflung war spürbar, und Mathäus machte sich im Stillen klar, dass auch der Mörder in diesen schweren Stunden Betroffenheit heucheln würde.
    Anschließend führte der Prior ihn in den Kapitelsaal, wo sich gemäß seiner Anordnung inzwischen alle Laienbrüder versammelt hatten. Mathäus zählte ihrer sieben. Sie wirkten erschöpft und verzweifelt. Manche waren lediglich mit ihrem Schlafgewand bekleidet. In ihren Gesichtern vermischten sich Ruß und Schweiß zu einem schmierigen Schwarz; ihre verzweifelten Löschversuche hatten sie längst aufgegeben. Ein alter Stallknecht hustete unaufhörlich.
    Mathäus bat den Prior, die Männer mit Wein zu versorgen. Anselm ging selbst, um ihn zu holen. Schließlich begann der Dorfherr mit seiner Befragung.
    »Dass es nur einen von uns erwischt hat, grenzt an ein Wunder«, erklärte ein fuchsgesichtiger junger Mann namens Ludger, der sich zum Wortführer der Schar erhob. Mathäus erkannte in ihm den Knecht, der am Tag zuvor sein Pferd in Empfang genommen hatte. Er nickte dem Burschen aufmunternd zu.
    »Ich wurde durch das Maunzen einer Katze wach, die das Feuer wohl witterte. Als ich merkte, was im Gange war, weckte ich sogleich die anderen.« Er schüttete gierig einen Becher Wein herunter. »Leider«, sprach er leise, »hat Iring es nicht mehr rechtzeitig geschafft.«
    Mathäus nickte und stellte weitere Fragen. Die Männer bezweifelten, dass der Brand durch eine Unachtsamkeit entstanden sein könnte.
    »Kommen wir nun zu Odo«, fuhr Mathäus fort. »Odo kam

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