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Mönchsgesang

Mönchsgesang

Titel: Mönchsgesang Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Günter Krieger
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Mitbruder? Und ich meine damit nicht Euer klosterbrüderliches Verhältnis – ich bin sicher, dass Ihr dieses zu pflegen suchtet –, sondern ich meine Euer menschliches, privates Verhältnis zu ihm, wenn Ihr versteht, was ich meine.«
    »Eine seltsame Frage«, brummte Notker, verstummte jedoch nach einer Handbewegung des Priors.
    Theodor fingerte an seiner Kutte. »Sicher, ich weiß, was Ihr meint, Herr Mathäus. Und sicherlich ist es Euch längst bekannt, dass Adam sein Amt als Bibliothekar nur ungern an mich abgab. Deshalb wäre es töricht zu behaupten, wir wären wie ein Vater und ein Sohn zueinander gewesen. Ich weiß, dass Bruder Adam schwer an der Entscheidung unseres Priors zu tragen hatte. Und er ließ mich seinen Unwillen darüber oft genug spüren. Manchmal …«, er stockte einen Moment, »… manchmal musste ich mir äußerste Mühe geben, ihn nicht zu hassen. Doch nach seinem Tod hasste ich mich selbst ob der Gedanken, die ich gegen ihn gehegt hatte.«
    Er senkte den Kopf und schwieg. Mathäus bewunderte die Offenheit des jungen Mönches.
    »Und hattet Ihr ebenfalls den Eindruck, Bruder Theodor, dass Adam Euch in den letzten Tagen seines Lebens wohlgesinnter war?«
    »Ja. Diese Wandlung kam von heute auf morgen. Eines Nachts – mich quälte wieder einmal die Schlaflosigkeit – traf ich ihn vor der Treppe zum Kreuzgang. Ich erkundigte mich freundlich nach seinem Wohlbefinden, doch er schalt mich mürrisch einen Naseweis. Am nächsten Tag hingegen war er die Liebenswürdigkeit in Person. Und genau diese Tatsache rüttelt an meinem Gewissen.«
    Mathäus lächelte ihm zu. »Ihr solltet Euch nicht so streng richten, Bruder Theodor. Zwar seid Ihr ein Kreuzbruder, aber immerhin noch ein Mensch. Findet Ihr nicht, Pater Prior?«
    Anselm nickte. »Docendo discimus!«, erklärte er. »Durch Lehren lernen wir!« Er horchte auf, als einer der Novizen an der Tür erschien.
    »Was gibt es, Karsil?«
    »Pater Prior, Ihr wolltet, dass ich Euch Bescheid gebe, wenn die Kerze eine Stunde anzeigt.«
    »Ach ja, richtig.« Er suchte den Blick des Dorfherrn. »Habt Ihr noch weitere Fragen, Herr Mathäus?«
    Mathäus schaute aus einem der kleinen Fenster. Draußen war es längst dunkel geworden. Er schüttelte den Kopf. »Danke, für heute nicht mehr, Pater Prior. Aber ich wäre Euch dankbar, wenn ich in Eurem Gästehaus übernachten dürfte. Morgen würde ich gerne noch Euren Stallburschen und Laienbrüdern ein paar Fragen stellen.«
    »Sicher. Wollt Ihr mit uns speisen?«
    »Ich möchte Eure Gastfreundschaft nicht überstrapazieren, deshalb werde ich in meiner Kammer essen.«
    »Ganz wie Ihr wünscht.« Anselm schien fast erleichtert zu sein. »Karsil, begleite den Dorfherrn ins Gästehaus. Und dann bring ihm etwas zu essen. Brüder, wir wollen uns auf die Komplet vorbereiten.«
    Die Mönche erhoben sich, und die Versammlung löste sich auf.
    Mathäus lag an diesem Abend noch lange wach. Der Novize hatte ihm Wein und etwas zu essen gebracht. Wein und Brot hatte er dankbar verzehrt; die Schale mit den Pilzen indessen hatte er nicht angerührt. Die Pilze weckten wieder wehmütige Erinnerungen aus seiner Kindheit. Mathäus sah seine Mutter, wie sie mit ihrer bezeichnenden Fröhlichkeit den Tisch deckte. Es war Markttag gewesen, und sie hatte einen Korb frischer Pilze erstanden. Er aber, Mathäus, hatte sich geweigert, diese seltsamen Gebilde zu essen. Daraufhin hatte Vater mit seiner Faust auf den Tisch geschlagen, so dass dieser bedenklich zu wackeln begann. Unmissverständlich hatte er dem Sohn klar gemacht, dass er zu essen habe, was Gott Seinen Kindern in Seiner Allmacht und Güte angedeihen ließ. Widerwillig hatte Mathäus das Essen heruntergewürgt; seit jenem Tag allerdings hatte er nie wieder ein Pilzgericht angerührt.
    Ein flackerndes Öllicht ließ den Dorfherrn ein paar hüpfende Schatten wahrnehmen. Draußen wüteten stürmische Böen; Regen klatschte gegen das Glas seines Fensters, so dass er befürchtete, es könnte zerbrechen. Die Gesichter der Mönche tanzten vor seinen Augen wie unruhige Geister: Anselm, Walraf, Engelbert, Notker, Theodor und der alte Edmond … Wieder und immer wieder vergegenwärtigte er sich das Gespräch, das er am frühen Abend mit den Mönchen geführt hatte.
    »Bruder Adam schien glücklich zu sein, dass seine Tage auf Erden gezählt waren!« – »Adam bedachte den Kerpener mit ein paar deftigen Flüchen!« – »Ich musste mir äußerste Mühe geben, ihn nicht zu

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