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Mönchsgesang

Mönchsgesang

Titel: Mönchsgesang Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Günter Krieger
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Angelegenheit. Aber wenn Ihr meint, hier trotzdem herumschnüffeln zu müssen, dann haltet doch ein schärferes Auge auf unseren edlen Ritter. Dieser ungehobelte Mensch ist zu allen Schandtaten fähig.«
    Heinrich nutzte die Gelegenheit, sie aus der Reserve zu locken. »Hm! Dass Norbert und Bruder Adam sich hassten, ist kein Geheimnis. Aber warum hätte Norbert auch Bruder Theodor umbringen sollen?«
    »Ein Kreuzbruder hasst nicht!«, warf Walraf ein, ohne auf Heinrichs Frage einzugehen.
    Notker stieß seinen Mitbruder an. »Lass ihn nur!«, zischte er. »Seine Unwissenheit verleitet ihn eben zu Torheiten. Wir sollten uns wieder unseren wahren Aufgaben widmen.« Sie ließen Heinrich stehen und folgten ihren Mitbrüdern, die inzwischen durch die Klosterkirche wieder in das Hauptgebäude gelangt waren. Nachdenklich sah Heinrich ihnen nach. Spätestens jetzt wusste er, dass die Suche nach dem Mörder sich als äußerst heikel erweisen würde.
    Ein verlegenes Räuspern ließ ihn herumfahren. Reiner und Karsil, die beiden Novizen, waren von hinten an ihn herangetreten.
    »Der Prior sagt, wir sollen Euch ins Gästehaus bringen, Herr«, erklärte Reiner.
    Heinrich schenkte ihnen ein wohlwollendes Lächeln. Von Mathäus wusste er, dass die beiden offen und umgänglich waren. Er beschloss, ihnen später die Fragen zu stellen, die er eigentlich den Mönchen hatte stellen wollen. »Gut, zeigt mir mein Zimmer«, sagte er. »Aber zuerst müssen wir meinen Hund holen. Er liegt immer noch auf dem Klosterhof – hoffe ich zumindest.«
    Die Novizen zuckten zusammen, als sie sahen, wie der riesige Hund auf seinen Herrn zustürmte. Heinrich beruhigte sie. »Keine Angst! Chlodwig ist meistens zahm wie ein Lamm.« Dennoch ließen Reiner und Karsil ihn auf dem Weg zum Gästehaus nicht aus den Augen.
    Sie führten ihn in das Zimmer, in dem bereits Mathäus genächtigt hatte. Ein Holzkohlebecken in der Ecke spendete glimmende Wärme. »Ich danke euch«, sagte Heinrich und verscheuchte den voreiligen Chlodwig mit einer verärgerten Handbewegung von seinem Bett.
    Die Novizen nickten ihm zu und wollten sich wieder entfernen. Heinrich aber, der sie nicht ziehen lassen wollte, ohne ihnen wenigstens ein paar Informationen entlockt zu haben, rief sie zurück. Obwohl er wusste, dass die beiden intelligent genug waren, seine Masche zu durchschauen, eröffnete er die Befragung mit leichtem Geplänkel. »Wer von euch ist Karsil?«
    »Ich, Herr!«
    »Wie ich hörte, gehörtest du zu den Unglücklichen, die sich eine Pilzvergiftung zuzogen.«
    »Ja, Herr. Aber nennt mich deswegen nicht unglücklich. Denn Bruder Walraf, Bruder Notker und ich haben es überlebt – ganz im Gegensatz zu unserem armen Bibliothekar.«
    »Kanntet ihr Theodor gut?«
    »Nicht besser oder schlechter als die anderen Mitbrüder«, erwiderte Reiner. »Aber eines kann man getrost behaupten: Er war ein sehr verschlossener Mensch. Zu Karsil allerdings empfand er eine gewisse Zuneigung.«
    »Ist das wahr, Karsil?«
    Der Novize nickte zustimmend.
    »Weshalb gerade zu dir?«
    »Ich weiß es nicht.«
    »Wie ließ er es dich merken?«
    »Wenn es Botengänge zu erledigen galt, ließ er immer nur mich rufen.«
    »Welche Botengänge?«
    »Nun«, Karsil kratzte nachdenklich über seine Tonsur. »Beispielsweise durfte ich im vergangenen Sommer ein bestelltes Buch im Kloster Wenau abholen. Wie Ihr ja sicherlich wisst, besitzt Schwarzenbroich bislang kein eigenes Scriptorium. Aus diesem Grund ließ Bruder Theodor ab und zu Bücher bei den Prämonstratensern in Auftrag geben.«
    »Um welches Buch handelte es sich hierbei?«, fragte Heinrich interessiert.
    »Um eine Kommentierung der Weisheiten Salomos.«
    »Und du hast keine Ahnung, warum er ausgerechnet dich für diese Botengänge ausersah?« Heinrich sah ihn eindringlich an, obwohl er sich die Antwort auf diese Frage längst zusammengereimt hatte: Offenbar hatte Theodor Gefallen an dem jungen Mann gehabt.
    »Nein, Herr, ich weiß es nicht. Aber es ist durchaus üblich, dass man einen Novizen schickt.«
    »Könnt ihr euch einen Reim auf all die schrecklichen Geschehnisse der letzten Tage machen?«, fragte Heinrich nun ohne Umschweife. »Seht ihr irgendwelche Zusammenhänge zwischen Adams und Theodors Tod? Gibt es Dinge, die euch im Nachhinein merkwürdig erscheinen?«
    »Alles erscheint mir merkwürdig, Herr«, antwortete Reiner kopfschüttelnd. »Wenn ich niemals in meinem noch jungen Leben ratlos war – jetzt bin ich es. Vielleicht ist es

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