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Mönchsgesang

Mönchsgesang

Titel: Mönchsgesang Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Günter Krieger
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draußen.
    Der Friedhof befand sich auf der Südseite der Kirche. Außer einem alten Ordensmann namens Bernhard, der vor drei Jahren gestorben war, waren Adam und Theodor die ersten Mönche überhaupt, die auf Schwarzenbroich beerdigt wurden. Der Prior verlas einige weitere Gebete, bevor man die Särge der beiden Kreuzbrüder mit Hilfe von Seilen in die Gruben hinabließ. Von weitem studierte Heinrich die Gesichter der Anwesenden, doch er musste gestehen, außer Betroffenheit und Trauer nichts in ihnen lesen zu können. Wer von ihnen heuchelte?
    Ein wenig weiter abseits – neben einem frischen Grab, in dem wohl der Stallknecht Odo ruhte – bestattete man schließlich noch das Flammenopfer Iring. Dann erklärte Anselm das Begräbnis für beendet. Dennoch verharrten die Mönche an den Gräbern. Nur Norbert machte kehrt und kam schwankend auf Heinrich zu.
    »Wer zum Kuckuck seid Ihr denn eigentlich?«, posaunte er, noch ehe er bei Heinrich angekommen war.
    Heinrich wartete, bis der Ritter vor ihm Halt machte. »Mein Name ist Heinrich«, erklärte er. »Ich vertrete Mathäus, den Dorfherrn von Merode.«
    »Was? Diesen Spaßvogel?« Er begann dröhnend zu lachen, so dass die Mönche ihm finstere Blicke zuwarfen. Allmählich wurde ihm jedoch klar, dass es wohl kaum der richtige Augenblick und erst recht nicht der geeignete Ort war, sich lauthals über irgendetwas lustig zu machen. Sein Lachen ging in ein Hüsteln über. »Der war wirklich ein Spaßvogel«, sagte er dann leidlich gedämpft.
    »So? Findet Ihr? Und weshalb?«
    »Er führte sich auf, als wäre er einer der Kurfürsten persönlich.«
    »Wenn Ihr ihn nicht mochtet – weshalb habt Ihr ihn dann aus der brennenden Baracke gerettet und Euer eigenes Leben dabei aufs Spiel gesetzt?«
    »Ich habe nicht gesagt, dass ich ihn nicht mochte.« Norbert grinste verwegen. »Im Gegenteil, ich fand ihn recht amüsant, den Kerl. Ich hatte den Eindruck, dass er tatsächlich noch an eine höhere Gerechtigkeit glaubte. Das imponierte mir. Er wusste, dass diese verdammten Mönche nicht so heilig sind, wie sie gerne tun.«
    »Spielt Ihr damit auf die Todesfälle an?«
    »Ja, ja, die Todesfälle«, sinnierte der Ritter theatralisch. »Selig ist der, der keinen Dreck am Stecken hat.«
    »Habt Ihr denn Dreck am Stecken?«, fragte Heinrich und schaute ihm fest in die Augen.
    Norberts Trunkenheit schien wie weggeblasen. »Ihr etwa nicht?«, sagte er nach einer Weile. »Aber ich bin sicher, dass einer von diesen Brüdern gehörigen Dreck am Stecken hat.«
    »Und wer?«
    »Ich dachte, um das herauszufinden, seid Ihr hier!« Mit einem schmalen Grinsen entfernte er sich.
    Auch die Gruppe der Mönche vor den Gräbern begann sich aufzulösen. Heinrich sah Notker und Walraf mit steinernen Mienen auf sich zukommen. Es war ihm klar, dass der Prior sie längst über den Grund seines Hierseins unterrichtet hatte.
    Heinrich nickte ihnen zu. »Seid gegrüßt, Brüder.«
    Notker und Walraf blieben vor ihm stehen und sahen sich an, als müssten sie erst beratschlagen, ob man den Gruß des Fremden erwidern solle. Heinrich versuchte, es ihnen leichter zu machen.
    »Mein Name ist Heinrich, und ich …«
    »Wir wissen, wer Ihr seid«, unterbrach ihn der Cellarius barsch.
    »Und wenn wir uns Euer Gesicht so betrachten«, fügte Notker spitz hinzu, »dann wissen wir auch, wie Ihr Euch sonst die Zeit zu vertreiben pflegt.«
    Heinrich verzichtete darauf, ihren Spott in die Schranken zu weisen. Er brauchte unbedingt ihr Vertrauen. »Blau ist eben meine Lieblingsfarbe«, erklärte er lächelnd.
    Notkers Gesicht lief puterrot an. »Schämt Euch, dumme Späße zu machen, kaum dass unsere verehrungswürdigen Mitbrüder in geweihter Erde bestattet wurden«, fauchte er.
    Heinrich senkte schuldbewusst den Kopf. »Ihr habt vollkommen Recht. Bitte verzeiht mir, Brüder.«
    Notker und Walraf grunzten etwas Unverständliches. »Ich möchte euch nur bitten, verehrte Brüder«, fuhr Heinrich tief durchatmend fort, »mir wichtige Informationen nicht vorzuenthalten, die Licht in die schrecklichen Ereignisse der vergangenen Tage bringen könnten. Es soll zu eurem eigenen Wohl geschehen.«
    »Pah!« Walraf machte eine verächtliche Handbewegung, und die Sehnen seines Halses kamen zum Vorschein. »Unser Wohl liegt allein in Gottes Hand!«
    Notker nickte zustimmend. »Und wenn denn tatsächlich die Sünde Einkehr gehalten hat in unser Kloster, so wird Gott darüber richten. Es handelt sich hierbei nicht um eine weltliche

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