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Mönchsgesang

Mönchsgesang

Titel: Mönchsgesang Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Günter Krieger
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verriet keinerlei Gefühle. Er hatte die Hände in den Ärmeln seiner Kutte vergraben.
    »Ich grüße Euch, Bruder Engelbert!«
    Nun reckte der Angesprochene doch erstaunt seinen Kopf. »Ihr kennt mich?«
    Heinrich nickte und schwang sich aus dem Sattel. Er schritt auf den Subprior zu, wobei er seinem durchdringenden Blick standhielt. »Ich kenne Euch vom Hörensagen. Bitte führt mich zu Eurem Prior.«
    Engelbert deutete mit dem Kinn auf Chlodwig. »Der Hund kann aber nicht mit rein.«
    »Natürlich nicht. Hast du gehört, Chlodwig? Du bleibst hier und rührst dich nicht von der Stelle.«
    Chlodwig setzte sich auf sein Hinterteil und gähnte herzhaft.
    »Folgt mir«, sagte Engelbert.
    »Wartet! Mein Aufenthalt hier wird wohl etwas länger dauern. Darf der Diener mein Pferd in den Stall führen?«
    Engelbert blinzelte skeptisch. »Sicher. Aber leider gibt es keine Stallburschen, die sich darum kümmern könnten.«
    »Ich weiß. Macht Euch deswegen keine Gedanken.« Er wandte sich an den rothaarigen Diener. »Du hast es gehört, Dietrich. Bitte, bring Thusnelda in den Stall. Anschließend kannst du wieder nach Merode reiten.« Er winkte ihn zu sich heran. »Und wenn du Kummer hast«, flüsterte er, »dann vertraue dich dem Dorfherrn an. Ich bin sicher, er wird dir nicht den Kopf abreißen.«
    Verwirrt und erstaunt zugleich stammelte Dietrich ein paar unvollendete Sätze, doch Heinrich folgte dem Subprior bereits in das Innere des Klostergebäudes.
    Engelbert führte ihn durch schmale Korridore. Schließlich erreichten sie den Kapitelsaal, wo Engelbert ihn warten hieß. Durch die Tür, die der Subprior nicht wieder hinter sich verschlossen hatte, spähte Heinrich nach draußen. Am Ende des Korridors sah er einen alten Mönch eiligst hinter einer Tür verschwinden. Das wird Edmond, der Gärtner, sein, überlegte er. Nach ein paar Augenblicken kam der alte Mönch wieder zum Vorschein; seine auffällige Eile war mit einem Male verflogen. Dann verschwand er aus Heinrichs Blickfeld.
    Heinrich betrachtete den Kapitelsaal. Hier also hatte Mathäus seine Befragung durchgeführt. Ob es hier Verstecke gab, von denen aus ein Verborgener hätte lauschen können? Er schritt prüfend die weiß gekalkten Wände entlang, die er hier abklopfte und dort abtastete.
    »Sucht Ihr etwas Bestimmtes?«
    Heinrich wandte sich um. Hinter ihm stand Anselm, der Prior. Der Tonfall seiner Stimme signalisierte gedämpfte Verärgerung, seine Augen indessen waren kaum noch imstande, dieses Gefühl zu unterstreichen. Tief eingefallen lagen sie in ihren Höhlen, umrandet von traurigen grauen Ringen.
    »Ja, Pater! Ich suche nach möglichen Verstecken, in denen jemand hier stattfindende Gespräche verfolgen könnte.«
    »Was geht Euch das an? Wer seid Ihr?«
    Statt einer Antwort holte Heinrich eine Briefrolle aus seinem Gewand hervor und reichte sie dem Prior. Der warf einen fragenden Blick darauf.
    »Vom Meroder Dorfherrn? Der Mann, der einen Schwarm schlafender Hornissen aufschreckte und dann verschwand?«
    »Sicherlich tut Ihr ihm Unrecht mit diesem Vergleich, Pater.«
    Anselm zuckte müde seine Achseln. Dann entrollte er den Brief und begann zu lesen. Ab und zu schaute er auf und runzelte die Stirn. Schließlich gab er den Brief mit einem abschätzigen Grunzlaut seinem Überbringer zurück. »Und nun sollt Ihr den Mörder finden?«, fragte er ungläubig. »Bitte, nehmt es mir nicht übel, aber ich fürchte, die Lösung dieses Falles ist eine Frage des Geistes, nicht eine der rohen Gewalt.«
    »Wenn Ihr damit auf die Läsionen in meinem Gesicht anspielt, Pater, so seid beruhigt: Ich denke nicht, dass mein Geist unter den Schlägen, die ich erhielt, gelitten hat.«
    »Gott stehe uns bei«, stöhnte der Prior in Anbetracht des vermeintlichen Raufboldes vor seinen Augen.
    Heinrich ignorierte sein Stoßgebet. »Wie geht es Euren Mitbrüdern Walraf, Notker und Karsil, Pater?«
    Anselm zeigte ein bitteres Lächeln. »Ist das Euer erstes Verhör?«
    Heinrich fasste ihn sanft bei der Schulter. »Es ist mir durchaus klar, Pater, dass mein Auftrag Euch äußerst seltsam erscheint. Die vergangenen Tage müssen wie ein Alptraum für Euch gewesen sein. Doch bitte: Versucht, mir zu vertrauen! Ich möchte nur den Mörder entlarven – sonst nichts!«
    Der Prior sah ihn mit seinen müden Augen an, sagte aber nichts.
    »Also, Pater: Wie geht es Euren Mitbrüdern?«
    »Sie sind wohlauf«, erklärte Anselm leise. »Nachdem die giftigen Säfte ihren Körpern vollständig

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