Mörder im Chat - Ostsee-Krimi : (Aus Rostock)
Er nahm sich ein Zimmer im Hotel Plaza Madrid , Calle Madrid Nr. 15, und blieb fünf Tage in der Hauptstadt. Am 15. Februar brach er mit einem Erster-Klasse-Bus der Gesellschaft Autobuses de Oriente ADO nach Villahermosa auf, wo er im Holiday Inn am Paseo Tabasco unterkam: Er checkte am 16. um 9:14 Uhr ein, am 19. um 10:23 Uhr aus. Was er in der Hauptstadt des Bundesstaates Tabasco wollte, war in groben Zügen klar: Er besuchte den Parque-Museo La Venta mit den Olmeken-Statuen, er machte einen Abstecher zur Laguna de las Ilusiones, vor allem aber wollte er sich mit Professor José María Carrión treffen – Barbara stöhnte leise wegen der drei Akzente. Der Professor war einst Forschungsstudent an der Rostocker Sektion Lateinamerikanistik gewesen und leitete nun das Museo Regional de Antropología am CICOM , dem Centro de Investigación de las Culturas Olmeca y Maya . Laube war über die Jahre mit ihm in sporadischem Briefkontakt gewesen, und schon am Abend des Ankunftstages betranken sich die beiden Männer mörderisch. Laut Professor Carrión hatte Laube einen niedergedrückten Eindruck gemacht; auf jeden Fall habe er sehr unter der Schließung des Lateinamerika-Instituts und seiner Entlassung gelitten – von beidem habe er übrigens erst aus der Presse erfahren. Während seiner Zeit in Villahermosa hatte Laube wieder Kontakt zu mindestens zwei Prostituierten, von denen eine ermittelt werden konnte, eine Honoria Martínez Landa.
Dann klaffte eine Lücke im Wegeverzeichnis des Dr. Laube.
Uplegger war nach nicht einmal zwei Stunden zurück. Aaron Meyer war dabei geblieben, nichts von seinen Absichten zu verraten. Auf die Frage, wie er in Deutschland seine Brötchen verdiene, hatte er allerdings geantwortet. In Charlotte hatte er nicht nur brotlose Wissenschaften studiert, sondern auch ein paar IT-Semester besucht, sodass er als selbständiger Programmierer arbeitete; vor allem kleine Firmen aus MV und Privatleute buchten ihn. Zudem hatte er eingeräumt, dass er es gewesen war, der Lenas IP verschleiert hatte, auf ihren Wunsch und ohne dass sie ihm erklären musste, warum sie es wollte. Für Meyer schien das selbstverständlich zu sein.
»Vor ihm muss man sich nicht rechtfertigen, wenn man dem Schnüffelstaat ein Schnippchen schlagen will«, sagte Uplegger und goss sich Kaffee ein. Barbara hatte eine große Kanne gekocht.
»Schnüffelstaat, das sind wohl wir?« Barbara hatte im Sekretariat eine Karte von Mexiko und Guatemala ausdrucken lassen und legte sie auf den Tisch. Dann fasste sie zusammen, was sie bisher von Laubes Reise wusste. »Es klafft eine Lücke von drei Tagen, nachdem er Villahermosa verlassen hat. Obwohl sie gründlich gearbeitet zu haben schienen, konnten die mexikanischen Kriminalisten sie nicht schließen. Laube taucht am 23. Februar in den Abendstunden in San Cristóbal de las Casas auf und nimmt ein Zimmer im Hotel Santa Clara . Und er mietet einen Wagen, einen weißen Ford Ranger, der nie zurückgegeben wird. Außerdem muss er eine junge Frau kennengelernt haben, mit der ihn Zeugen mehrmals gesehen haben. Sie wurde ihres Akzentes wegen als Europäerin angesehen, zwei Zeugen hielten sie sogar für eine Baskin.«
Uplegger runzelte die Stirn. »Eine Baskin in … wie heißt dieser Bundesstaat?«
»Chiapas.«
»Eine Baskin in Chiapas?« Etwas ratlos betrachtete er die Karte von Mexiko.
»Sie konnte sogar identifiziert werden.« Barbara schlug einen Ordner auf. »Eva Uriarte aus Managua, geboren in Bilbao, ging mit süßen 19 nach Mittelamerika, um den revolutionären Befreiungskampf der dortigen Völker zu unterstützen. Man nimmt an, dass sie der ETA nahestand. In Nicaragua unterstützte sie die Sandinisten und half zugleich der salvadorianischen Befreiungsfront FMLN, in Managua Waffen- und Sprengstoffdepots anzulegen. Als bei der Wahl in Nicaragua 1990 die bürgerlichen Kräfte siegten, wurden vor der Machtübergabe schnell noch viele ausländische Unterstützer eingebürgert, darunter 88 Spanierinnen und Spanier wie Uriarte. Nachdem eines der Depots am 23. Mai 1993 in die Luft geflogen war, floh sie, vermutlich nach Mexiko, genauer Chiapas, wo am 1. Januar 1994 der Bauernaufstand ausbrach. Die Zapatisten, Sie erinnern sich?«
»Nur schwach. Da war etwas mit einem Commandante Markus …?«
»Subcommandante Marcos«, korrigierte Barbara. »Ob Uriarte etwas mit der EZLN«, sie las ab, »mit dem Ejército Zapatista de Liberación Nacional zu tun hat … zwei Akuts! … also mit der
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