Mörder im Chat - Ostsee-Krimi : (Aus Rostock)
halbamtlich, dass sie hypersensibel war. Hören Sie, Jonas, dachte sie, hy-persensibel!
»Wenn Sie unseren Spezialisten später eine Speichelprobe geben, könnten wir …«, sagte Uplegger.
Frau Schultz fuhr mit einem spitzen Schrei in die Höhe: »Eine Speichelprobe? Wozu?«
Das war jetzt eben weder sensibel noch empathisch, dachte Barbara und schaute zum Fenster hinaus. Der Hund fixierte sie noch immer, und sofort erstarb das aufkeimende Grinsen auf ihren Lippen.
»Wir könnten dann klären, ob das Blut vielleicht von … von Lena stammt«, sagte Uplegger etwas kleinlaut.
»Wieso suchen Sie nicht nach ihr? Was tun Sie eigentlich? Wenn Blut in der Wohnung ist … Oh Gott!« Sie sank auf den Sessel zurück, schlug die Hände vors Gesicht und begann zu schluchzen. Draußen lief der Hund davon. Nur Barbara bemerkte es.
Wenig später hörte man es bellen, vom Vorgarten und der Haustür her. Diese wurde geöffnet, ein anscheinend beachtlicher Schlüsselbund klirrte, ein Mann sagte: »Nein, Othello, bleib draußen!«, dann rief er: »Schatz? Schahatz!«
Uta Schultz nahm die Hände vom Gesicht, fuhr sich über die im Übrigen trockenen Augen und stand auf. Schritte waren zu hören, zuerst aus dem Flur, dann aus dem Wohnzimmer. »Schaaahatz?« Seine Frau ging ihm entgegen, aber bevor sie das Wohnzimmer betreten konnte, stand er bereits an der Schwelle zum Wintergarten. Sein Haar war eher rotbraun als rot zu nennen.
Schultz kniff die Augen zusammen, runzelte die Stirn und sagte zu den Beamten: »Entschuldigung, ich wusste nicht, dass Sie noch da sind.«
Barbara stand auf und ließ sich die Hand drücken. Uplegger erhob sich ebenfalls. Auch er bekam die Hand geschüttelt, dann setzte man sich wieder. Herr Schultz musterte skeptisch das verzerrte Gesicht seiner Frau.
»Ist etwas passiert?«
»Sie haben Blut …« Wieder schluchzte sie, konnte gar nicht mehr aufhören und lief hinaus. Eine Tür schlug zu.
Herr Schultz musterte verwirrt die Kriminalisten. »Blut? Wo?«
»In der Wohnung Ihrer Tochter Lena.«
»Und Lena? Was hat das mit Lena …?«
»Wir wissen es nicht, Herr Schultz«, sagte Uplegger mit gesenkter Stimme. »Ihre Tochter ist unauffindbar, und als sich Nachbarn Sorgen zu machen begannen, hat die Concierge die Wohnung mit einem Generalschlüssel geöffnet. Es fanden sich Blutspuren, also wurden wir gerufen.«
»Hören Sie! Ich weiß gar nicht, was … ich verstehe nichts.« Herr Schultz sah nicht entsetzt aus und schon gar nicht wie ein erschütterter Vater, sondern er war wirklich vollkommen ratlos. Und das war ja auch normal, wenn man mitgeteilt bekam, in der Wohnung der Tochter befänden sich Blutspuren statt des eigenen Kindes. »Welche Nachbarn haben sich Sorgen gemacht?«
»Daniel und Miriam, zwei Studenten«, antwortete Barbara.
»Ah ja, von denen hat sie mal erzählt. Ich kann das nicht nachvollziehen. Warum die sich Sorgen machen … Kennen die Lena denn?«
»Wer kennt Lena überhaupt?«
Das war eine Frage, die saß. In den Augen des Vaters sammelten sich Tränen. Aus dem Badezimmer war die Spülung zu hören, dann ging die Tür. Othello war auf die Terrasse zurückgekehrt. Wieder war der Blick seiner braunen Hundeaugen allein auf Barbara gerichtet.
Frau Schultz betrat den Wintergarten, platzierte sich auf die Lehne des Sessels, den ihr Mann besetzte, und legte ihm einen Arm um die Schulter. Er schüttelte den Kopf.
»Ja, viel haben wir nicht gewusst von dem Leben, das sie führt. Ich meine, seit sie aus dem Haus ist. Wir wissen natürlich, wo sie arbeitet, aber was sie sonst macht?« Er hob die Achseln. »Sie sagt immer, dass sie viel liest. Und dass die Arbeit anstrengend ist und sie danach manchmal erschöpft vor den Fernseher fällt. Na ja, das geht mir auch oft so.« Er lächelte flüchtig. »Aber diese Nachbarn … Wenn die sich Sorgen machen, muss es doch ein recht enges Verhältnis gewesen sein? Vielleicht sogar Freundschaft? Lena hat das immer so dargestellt, als wäre es mehr … so lala. Mehr als eine normale Nachbarschaft mit Guten Tag und Guten Weg, aber als Freundschaft hat sie es nie beschrieben.«
»Wir sind selbst nicht sicher, ob man es so nennen kann«, sagte Barbara. »Kennen Sie denn Freunde Ihrer Tochter?«
»Annalena«, sagte die Frau. »Annalena … Karsten?«
»Annalena Kruse. Als wir noch in Schmarl wohnten …«
»Ja, wir wissen Bescheid. Haben die beiden denn noch Kontakt?«
»Lena spricht nicht mehr davon«, sagte die Mutter. »Ich hab mich vor einiger
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