Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Mörder im Chat - Ostsee-Krimi : (Aus Rostock)

Mörder im Chat - Ostsee-Krimi : (Aus Rostock)

Titel: Mörder im Chat - Ostsee-Krimi : (Aus Rostock) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Hinstorff-Verlag
Vom Netzwerk:
Lasst den Uplegger mal machen, der kann sowieso nie Nein sagen. Seien Sie froh, dass Sie beim Staat arbeiten, in der freien Wirtschaft würde man Sie nach Strich und Faden über den Tisch ziehen. Wenn ich mir vorstelle, wie Sie mit einem gewieften Kaufmann einen Vertrag aushandeln, schlage ich innerlich die Hände über dem Kopf zusammen.«
    Der Ostseeweg kreuzte den nach dem Philosophen Feuerbach benannten. Links breitete sich nun eine Brachfläche aus, auf der zwei Tümpel zu sehen waren, die vielleicht vor der Bebauung sogenannte Sölle gewesen waren, Wasserlöcher in offener Landschaft. Uplegger wehrte sich nun doch: »Woher kennen Sie sich denn in der freien Wirtschaft aus?«
    Ja, woher kannte sie sich dort aus? Barbara seufzte. Natürlich wusste sie über die freie Wirtschaft auch nicht mehr als er. Das Wort frei war wohl ein Euphemismus, wenn man die Zwänge bedachte, denen die Wirtschaft unterlag und zu denen noch jene kamen, die sich die Unternehmer ausdachten, um die Belegschaften niederzuhalten; am beliebtesten waren die Zwänge der Globalisierung. Noch bevor sie Uplegger etwas erwidern konnte, rief ihr Handy-Oldtimer nach ihr. Da ihr ohnehin nur eine Floskel oder halbherzige Antwort eingefallen wäre, ging Barbara gern an den Apparat.
    Vom Hauptweg zweigte eine kleine Stichstraße nach links ab, die vielleicht namenlos war oder ein Teil des Ludwig-Feuerbach-Wegs, es gab kein Namensschild. Die Dierkower Mühle tauchte auf, mit weißen Planken verkleidet und mit grünen Dachgauben versehen; auch die vier Flügel waren grün und weiß. Sie leuchtete regelrecht vor dem düsteren herbstlichen Hintergrund. Uplegger fuhr durch eine riesige Pfütze und bewässerte den Vorgarten eines Zweifamilienhauses, der das momentan gar nicht nötig gehabt hätte, einschließlich der blauen, der gelben und der grünen Abfalltonne. Zugleich lauschte er Barbaras Telefongespräch, wobei ihre kargen Worte kaum mehr verrieten, als dass es um einen PKW ging. Links erschienen, eine Einmündung rahmend wie Wachtposten, zwei Straßenschilder mit der Aufschrift Fontaneweg .
    »Ziel erreicht«, verkündete die künstliche Navigatorin. Uplegger lenkte nach links und bremste, wobei ihm bewusst wurde, dass es in der Siedlung bisher keinen Gegenverkehr gegeben hatte. Barbara trennte die Verbindung und sagte: »Frau Christen hat eine interessante Beobachtung gemacht. Sie hat das Hochhaus schon vor 22 Uhr verlassen, aber nur ein paar Minuten davor, etwa um 21:45 Uhr, sagt sie. Auf dem Parkplatz fiel ihr in der Nähe ihres Wagens ein roter Honda Civic auf. Den Fahrzeugtyp kennt sie, weil sie vor Jahren selbst einen hatte. An dem Wagen selbst war nichts Besonderes, aber im Innern: Sie ist sicher, dass dort ein junger Mann gesessen hat, der sein Gesicht mit einer Kapuze verbarg und rauchte.«
    Uplegger schaltete den Motor aus. »Das hat sie im Dunkeln und bei Regen sehen können?«
    »Die Silhouette soll sich im Licht einer Straßenlaterne abgezeichnet haben.«
    »Und woher weiß sie, dass es die Silhouette eines jungen Menschen war?«
    Barbara quälte sich wie immer mit dem Sicherheitsgurt. »Für einen Jasager sind Sie ganz schön skeptisch. Sie hat das Gesicht gesehen, als die Zigarette aufglimmte.« Sie öffnete die Tür und stieg aus, was noch mühsamer war. Natürlich goss es aus Kübeln.
    »Das klingt schon glaubwürdiger.«
    »Nicht? Und interessanterweise fährt Daniel Morbacher einen roten PKW dieser Marke.«
    »Oh!« Uplegger stieg ebenfalls aus, nachdem er den Knirps von der Rückbank geklaubt hatte, und spannte ihn auf. In diesem Moment ging ein starker Windstoß durch den Fontaneweg. Der Schirm klappte um.
    Das war sein Ende.
    Auch Barbara hatte kein Glück. Was sie über ihren Kopf hielt – inzwischen waren drei Speichen vom Bezug entblößt – verdiente nur den Namen Krücke. Als sie das Grundstück der Familie Schultz erreichte, war alles nass, bis auf ihr Haar und das Gesicht. Dass ihr Wasser in den Nacken lief, musste sie eben in Kauf nehmen – bei einem von ihr Eintagsschirm getauften Schnäppchen für 2,45 Euro.
    Des Schlenkers nach Schmarl wegen erschienen die Kriminalisten eine halbe Stunde später als angekündigt. Die Mutter war es, Uta Schultz, die sie an der Gartenpforte empfing und über den kurzen Plattenweg zur Haustür führte. Wacholder säumte den Weg, und kurz bevor die Tür erreicht war, schoss ein schwarzes Ungetüm zwischen dem Gesträuch hervor. Ein Riesenschnauzer stürzte sich auf Barbara, beschnupperte

Weitere Kostenlose Bücher