basta!
»Wissen Sie, was basta auf Spanisch heißt?«, wollte Barbara deshalb nun von ihrem Kollegen wissen. Der startete gerade und blickte über die Schulter, weil er wenden wollte.
»Ich kann kein Spanisch.«
»Na, dann gucken Sie doch mal nach.«
»Ich kann nicht fahren und zugleich mein Smartphone bedienen«, sagte er, während er in den Feuerbach-Weg bog.
»Sie können mir das Ding irgendwann mal erklären.«
»Wollen Sie sich auch eins kaufen?«
Barbara schwieg und schaute aus dem Fenster auf die dicht an dicht stehenden Ein- und Zweifamilienhäuser. Neighborhood watch , nannte man es in den USA, wenn Nachbarn auf die Grundstücke von Nachbarn aufpassten, eine Art Selbsthilfe oder Bürgerwehr gegen Kriminelle – mit Orwellschen Zügen. Auch in Deutschland sah man manchmal Schilder mit der Aufschrift Wachsamer Nachbar an Gartenzäunen; Barbara stellte sich immer einen geifernden und bellenden Mann mit Bierbauch und Hosenträgern vor, der mit Grillwürsten nach Einbrechern warf.
»Zuerst werde ich einen neuen Wagen brauchen«, seufzte sie.
»Und wie lange haben Sie für den vorausgehenden Entscheidungsprozess reserviert?«
»Ach, Jonas, Sie kennen mich einfach zu gut.« Sie hatten die Hinrichsdorfer Straße erreicht, und ihr Blick fiel auf das Saunahaus Dierkow. »Ich werde Jahre brauchen, weil ich so sehr an den alten Dingen hänge.«
In den verschimmelten Räumen der Dienststelle hatten sich die Papiere zu häufen begonnen. Barbara fischte ein Fax von der Kapo Liestal aus dem Eingangskorb, auf Upleggers Schreibtisch lag ein Blatt, das eine Tabelle enthielt.
Während sie das Fax überflog, warf sie neidische Seitenblicke auf ihren Kollegen: Barbara war zwar ein ausgemachter Feind schwerfälliger Bürokratien, aber im tiefsten Herzen war sie eine Bürokratin par excellence, denn sie liebte Tabellen, Listen und Weg-Zeit-Diagramme, und sie heftete auch gern etwas ab.
»Was haben Sie da?«
Uplegger hob den Kopf. »Alle vorbestraften Personen aus den drei Windmühlen-Hochhäusern in der Rigaer Straße.«
»Einschlägig vorbestraft?«
»Was verstehen Sie unter einschlägig? Ein Tötungsdelikt? Da haben wir nur zwei Personen.«
»Ja, auch. Aber ich dachte vor allem an Delikte an Frauen.« Barbara ließ sich auf ihren Schreibtischstuhl fallen, der vor Schmerz aufschrie.
»Da gibt es eine Kombination, ein Frauenmörder. Ansonsten enthält die Liste alle Vorbestraften. Haben die Kollegen vom Revier erarbeitet … sehr gründlich.«
»Kein Wunder, bei Charlie Münz und seiner Truppe. Der Frauenmörder interessiert mich.«
»Dacht ich mir.« Uplegger grinste. »Aber erst einmal …«
»Sie wollen mich zappeln lassen?«
»Genau.«
»Na, dann! Zappel, zappel, zappel …« Barbara machte ein paar lächerliche Bewegungen mit gestreckten Armen.
»Daniel Morbacher ist zum Beispiel vorbestraft.«
»Ach?« Sie kullerte mit den Augen, wie man es von einer Frau erwartete. »Wegen eines Tötungsdelikts?«
»Nein, nein. Er war bei den Anti-G8-Demonstrationen in Heiligendamm dabei und ist wohl in ein Gerangel mit Kollegen geraten. Damals war er noch Schüler. Wegen versuchter Körperverletzung und Widerstands gegen Vollstreckungsbeamte wurde er zu 25 Stunden gemeinnütziger Arbeit verurteilt. Die er in der Behinderteneinrichtung Sonnenschein ableistete.«
»Sonnenschein? Klingt hübsch …« Barbara stanzte Heftlöcher in das Fax.
»Na ja, diese Einrichtung arbeitete etwas zu profitorientiert. Sie haben bei den Kostenträgern – entweder der Rentenversicherung oder einer Krankenkasse – Betreuungsplätze abgerechnet, die gar nicht existierten. Vor drei Jahren wurde der Verein aufgelöst und als Gesellschaft für Psychosoziale Betreuung wiedergegründet. Die Tagesstätte heißt nun Sonne für alle .«
»Haben das auch die Kollegen ermittelt?«, fragte Barbara verwundert.
»Nein, das habe ich in der Zeitung gelesen. Dazu bin ich fähig.«
»Habe ich nie bezweifelt. Wurde jemand bestraft von diesem Behindertenverein?«
»Natürlich nicht.«
»Nein, natürlich nicht«, brummte Barbara, dann wedelte sie mit dem Fax. »Leutnant Erni hat Hagner in die Mangel genommen, und der hat zugegeben, dass er hinter der Mail von
[email protected] steckt – was ja eigentlich auch zu erwarten war. Er meinte, er hätte das Gefühl gehabt, die Polizei würde sich nicht genug um die Sache kümmern, und wollte sie daher in die eigene Hand nehmen. Mit seinen Mitteln eben, also per Internet. Leiden eigentlich alle