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Mörder im Chat - Ostsee-Krimi : (Aus Rostock)

Mörder im Chat - Ostsee-Krimi : (Aus Rostock)

Titel: Mörder im Chat - Ostsee-Krimi : (Aus Rostock) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Hinstorff-Verlag
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Beruhigungsmittels, indem er ausführte, dass man sich nun einmal ein Bild der verschwundenen Person und ihrer Gewohnheiten machen müsse usw. usf.
    Othello, dachte Barbara. Warum hieß der Riesenschnauzer so? Weil er schwarz war? War es politisch korrekt, einen Hund nach dem Helden eines Dramas zu benennen, der einen schwarzafrikanischen Migrationshintergrund hatte? Diskriminierte man damit nicht nachhaltig den Neger-sagt-man-nicht?
    Barbara musste ein Lachen unterdrücken, während Uplegger seine kleine Rede beendete. Er hatte von Ermittlungstaktik und Ermittlungstechnik gesprochen, Polizeiphrasen, wenn es galt, irgendetwas zu verschleiern, z.B. die Tatsache, dass man derzeit wie ein Schwein ins Uhrwerk guckte.
    »Wir wissen immer noch nicht genau, warum Lena nicht studiert hat«, sagte Barbara. »Besser gesagt, wir wissen nicht, warum sie ausgerechnet bei der WBG angefangen hat.«
    »Na ja, irgendwas musste sie ja machen. Und die Wahrheit ist …« Frau Schultz senkte Blick und Stimme.
    »Ja?«
    »Lena ist schon eine kleine Traumtänzerin«, ergänzte der Mann. »Sie wollte eigentlich Schauspielerin werden oder Sängerin, also auf jeden Fall ein Star. Ich meine, das wollen viele Mädchen … Jungs wohl auch … Ja, in einem bestimmten Alter! Aber doch nicht mehr mit Abitur!«
    »Warum denn nicht?«, fragte Uplegger.
    »Weil man damit Hochschulreife erlangt hat«, sagte Herr Schultz kalt. »Man sollte dann klug genug sein, um allen Unterschichtenfantasien eine Absage zu erteilen.«
    ***
    Barbara wollte unbedingt den Streichelzoo sehen, Uplegger nicht. Trotzdem folgte er ihr schulterzuckend ein Stück den Ludwig-Feuerbach-Weg entlang. Es nieselte nur noch, ein Schirm war nicht nötig, jedenfalls nicht für die paar Schritte. Am Ende stellte Barbara fest, dass der Streichelzoo wegen des schlechten Wetters geschlossen war: Die Gehege standen unter Wasser, die Tiere mussten im Stall bleiben.
    »Dann wird es im Polizeigehege Dierkow wieder feucht zugehen, wenn auch nicht fröhlich«, meinte sie. Uplegger verstand diese Anspielung sofort: Vor drei Jahren hatte das kleinste Revier Rostocks einen Neubau bezogen, der mit dem üblichen Tschingderassabum eröffnet worden war. Der Bauminister in höchsteigener Person war angereist und hatte die Wache als eine der modernsten Dienststellen Mecklenburg-Vorpommerns bezeichnet. Schon wenige Wochen später stieg Nässe die Wände hinauf, Rohre waren undicht, bei starkem Regen tropfte es von den Decken. Die Dampframme war, als die Sache an die Öffentlichkeit kam, hellauf begeistert gewesen, hatte sie doch ein Faible für Baupfusch, vor allem, wenn er durch Offizielle mit viel Getöse eingeweiht worden war.
    Sie kehrten zurück zum Fontaneweg und damit zu ihrem Wagen.
    »Ist das nicht ein starkes Stück, den Berufswunsch Schauspielerin oder Sängerin als Unterschichtenfantasie abzutun?«, fragte Uplegger.
    »Weiß ich nicht.« Barbara hob den Blick zum grauen Himmel. »Ich wollte das nie werden.«
    »Obwohl Sie zweifellos geeignet wären …«
    »Wegen meines großen Resonanzraumes?« Barbara kniff die Augen zusammen und schaute ihn von der Seite an. »Ich weiß nicht, ich weiß nicht, aber Ihre Versuche in Ironie scheitern immer.«
    Uplegger betätigte die Fernbedienung, während Barbara noch einmal auf das Grundstück der Familie Schultz schaute. Insgeheim hoffte sie, Othello möge an den Zaun kommen, aber nichts dergleichen geschah.
    Sehr ergiebig war das Gespräch mit den Eltern nicht gewesen. Sie wussten nun, dass eine Kollegin der Mutter aus der Universitätsbibliothek diese auf die Waterkant aufmerksam gemacht hatte; deren Schwägerin arbeitete dort, leitete das Außenbüro in Reutershagen und wusste, dass die WBG Kaufleute in der Grundstücks- und Wohnungswirtschaft ausbildete, mit der Spezialisierung auf Hausverwaltung. Offenbar war das eine anspruchsvolle Lehre, denn sie dauerte drei Jahre. Das erstaunte Barbara, denn sie hatte noch nie mit Hausverwaltungen zu tun gehabt, deren Mitarbeiterinnen in irgendeiner Weise qualifiziert wirkten. Um Anliegen der Mieter niederzuschlagen, brauchte man doch keine dreijährige Ausbildung.
    Uplegger klemmte bereits hinter dem Lenkrad, als sie zu ihm stieg. Auch die Eltern hatten Lena als schüchtern, zurückhaltend und gehemmt bezeichnet, das Verhältnis zur älteren Schwester und deren amerikanischem Ehemann hatten sie als gut beschrieben. Was gut bedeutete, wollten die Eltern nicht näher erklären. Gut sei eben gut, und

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