Moerder Im Gespensterwald
nicht nur sogenannte Stilmöbel, sondern auch Lampen, Vasen, Gemälde und Geschirr aus vergangenen Zeiten, überwiegend aus dem 19. Jahrhundert. In dem Glasschrank im Wohnzimmer war nur ein kleiner Teil ihrer angeblich ererbten Münzkollektion ausgestellt, der weitaus größere lagerte in einem unverschlossenen Schrank des Arbeitszimmers. Ein herbeigerufener Geldexperte warf einen Blick auf die Stücke und gelangte zu der vorläufigen Einschätzung, dass nur eine Silbermünze aus einer ehemaligen schwedischen Besitzung stammte: ein halber Riksdaler aus
Riga, ausgegeben im 17. Jahrhundert unter der Herrschaft von Gustav II. Adolf. Der Experte war kein ausgewiesener Numismatiker, sein Spezialgebiet waren Fälschungen, also konnte er den Wert der Münze ohne Katalog nicht bestimmen. Auch kannte er nicht jedes Stück, sodass er nur eine sehr vorsichtige Auskunft gab, was man für die Sammlung wohl bekommen könnte: Nicht mehr als 50 000 Euro. Plus minus, eher minus. Barbara fand das durchaus beachtlich.
Auch Militaria gab es zuhauf, die meisten aus der Zeit des Zweiten Weltkriegs. Offenbar war es in den Kreisen dieser Sammler nicht üblich, Belege auszustellen, sodass es keine Beweise für Eidsvags Behauptung gab, er habe alles gekauft oder eingetauscht. Es existierten aber auch keine Indizien für das Gegenteil, etwa in Gestalt eines Tiefendetektors; die Schaufeln und Hacken, die man fand, konnte man für Raubgrabungen ebenso verwenden wie für die Gartenarbeit. Eindeutige Hinweise darauf, dass der Künstler ein Raubgräber war, fehlten, und somit fehlte auch die rechtliche Handhabe, das private Kriegsmuseum zu beschlagnahmen. Barbara beschränkte sich darauf, alle Gegenstände mit eindeutiger Nazisymbolik wie Haken-und Sonnenkreuzen sowie Sig-Runen einsammeln und abtransportieren zu lassen; Eidsvag besaß nämlich doch SS-Devotionalien, und zwar deutsche.
Lange verharrte sie vor seinem Laptop, der im Schlafzimmer stand und eingeschaltet war. Uplegger stand neben ihr, und es fiel ihm nicht schwer, ihre Gedanken zu erraten. Der Bildschirm war schwarz, doch als sie auf das Touchpad tippte, erschien ein Bildschirmschoner. Kein Einzelbild, sondern eine Sequenz, wenn auch eine harmlose: Fotos seiner Tochter.
»Ich weiß nicht, ob wir unsere Kompetenzen überschreiten, wenn wir das Ding einsacken«, sagte Uplegger.
»Der Durchsuchungsbeschluss ist eindeutig. Wir dürfen nur beschlagnahmen, was verfassungsfeindliche Kennzeichen enthält. Kinderbilder gehören nicht dazu.« Barbara schaute sich verstohlen zur Tür um, Uplegger verstand den Wink und ging, sie zu schließen. Währenddessen grub sie in ihrer Umhängetasche nach Einmalhandschuhen, die sie ihm reichte. »Sie verstehen mehr davon.«
Wortlos riss er die sterile Packung auf, streifte die Handschuhe über und setzte sich vor den Laptop. Er rechnete mit einem Feld, das ihn zur Eingabe eines Passwortes aufforderte, als er jedoch das Touchpad abermals berührte, verschwand der Bildschirmschoner, und der Desktop erschien. Eidsvag musste sich sicher fühlen, zu sicher für einen Mörder?
Sein erster Weg führte zu Outlook , wo er die E-Mail-Ablage aufrief. Dort waren sage und schreibe 259 Mails gespeichert, die Uplegger nur überfliegen konnte, und zwar nicht die Texte, sondern nur die Absender. Auf den ersten Blick sagte ihm keiner etwas. Auch Barbara, die ihm über die Schulter blickte, schüttelte den Kopf.
Uplegger ging ins Internet und klickte auf der Startseite den Button Meistbesuchte Seiten an.
Die erste Seite hieß www.hecht-antik.de , die zweite www.militariakoehler.de , und es bestand kein Zweifel, dass dort keine sauren Drops feilgeboten wurden. Es folgte eine Seite namens www.grosse-titten.de , die Barbara schmunzeln ließ, und auch www.lesbensex.de erlaubte nicht viele Interpretationen. Es gab noch zwei Altwaren-und eine Sexseite, und dann: www.kamh.de , die Website der Kameradschaft Mecklenburger Heimatschutz, sowie – www.nordisk.nu . Barbara frohlockte. Das genügte ihr, um Magnus’ Laptop einen Urlaub im Polizeilabor zu genehmigen.
Dann knöpften sich die beiden Kommissare noch einmal ihren Verdächtigen vor. Durch die Hausdurchsuchung war er ziemlich nervös geworden, denn er wusste ja, was man finden würde, und so zog er Schneisen in den feuchten Rasen.
»Wie ein an Hospitalismus erkrankter Eisbär im Zoo«, kommentierte Barbara nicht ohne Häme und winkte ihn herbei. Abermals nahm man auf der Terrasse Platz.
»Ich nenne Ihnen noch einige
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