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Moerder Im Gespensterwald

Moerder Im Gespensterwald

Titel: Moerder Im Gespensterwald Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Frank Goyke
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Kollege eines Tages statt mit Sojadrinks und biodynamischen Joghurts mit brauner Brause und Schinkenbrötchen in der Dienststelle erschienen war. Aber im Grunde war das ein Zeichen der Gesundung von der lähmenden Trauer um seine von einem Autobahnraser getötete Frau. Und obwohl Barbara im Kommissariat Dampframme hieß, hatte sie nie ein Wort dazu gesagt.
    Uplegger tippte schwungvoll auf die Enter-Taste, dann reckte er sich. »Fertig«, sagte er und blickte zum Fenster. Regentropfen liefen über die Scheibe, bildeten Rinnsale und sammelten sich auf der unteren Rahmenleiste. Da die Fenster marode waren, war es nur eine Frage der Zeit, bis das Wasser auf der Fensterbank Pfützchen bilden würde. »Ich besuche dann jetzt EVA.«
    Barbara nickte. EVA war nicht Upleggers neue Freundin, sondern der Elektronische Vorgangsassistent, den man im Zuge der Polizeireform eingeführt hatte, um Personal zu sparen. Barbara hatte das neue System Bullen-Google getauft. Gegenüber der Öffentlichkeit wurde es als Erfolg verkauft, und dummerweise schien die Kriminalitätsstatistik den Großkopfeten auch noch Recht zu geben. Allerdings erwähnte kaum jemand, dass wohl nicht die Zahl der Verbrechen, sondern lediglich die der Anzeigen zurückgegangen war. Barbara erinnerte sich sehr gut an eine beiläufige Bemerkung des Landespolizeichefs in einem Interview: »Heute wird nicht mehr jede kleine Sachbeschädigung angezeigt.« Natürlich nicht, denn solche Anzeigen wurden nicht mehr bearbeitet, sondern nur noch registriert und abgelegt. Die Bevölkerung hatte das Vertrauen verloren. Dies als Erfolg zu feiern, zeugte von Realitätsverlust – oder von Chuzpe.
    Barbara beendete ihre Tabelle und überflog noch einmal die Einträge. Die Zeitanzeige in der rechten unteren Bildschirmecke verkündete 00:12. Noch immer war Karina Dünnfelder nicht aufgetaucht.
    »Ole Pagels«, sagte Uplegger. »Zwei Verurteilungen zu Geldstrafen wegen Beleidigung und Widerstands gegen Vollstreckungsbeamte, eine Verurteilung zu Jugendarrest wegen Körperverletzung, begangen beim Festival Jamel rockt den Förster vor zwei Jahren. Drei Ermittlungsverfahren wegen Verwendung verfassungsfeindlicher Kennzeichen. Bisher noch keine Anklage.«
    »Sammeln diese Neonazis Gerichtsurteile nicht wie Trophäen? Selbst die Salonnazis mit den weißen Kragen haben doch schon vor dem Kadi gestanden …«
    »Wahrscheinlich nehmen sie es als Beweis, wie verfault das System ist.«
    »Geradezu entartet. Kein Wunder bei den vielen jüdischen, arabischen, türkischen und schwarzen Richtern in Deutschland. Wurde das StGB nicht sogar in Suren statt in Paragraphen eingeteilt?«
    »Ich kenne keine ausländischen Richter.«
    »Ausländisch? Sie meinen sicher, mit Migrationshintergrund! Ich auch nicht. Keine Richter, keine Staatsanwälte, keine Winkeladvokaten. Unsere Justiz ist überwiegend germanisch.« Barbara versuchte, die Tabelle auszudrucken, aber wie so oft scheiterte das an der Museumsreife des Druckers.
    »Martin Dünnfelder«, sagte Uplegger. »EVA kennt ihn nicht. Forstrat Wagenbach – ebenfalls Fehlanzeige.«
    »Vielleicht ist Forstrat nicht sein Vorname …«
    »Danke für den Hinweis. Wir haben auch keinen Günter Wagenbach im System.«
    »Ich kann mir nicht vorstellen, dass der Lions Club Vorbestrafte aufnimmt.«
    »Meinen Sie, die lassen sich ein Führungszeugnis vorlegen?«
    »Weiß ich’s?« Barbara wiederholte den Druckbefehl.
    »Wen haben wir noch? Ach, ja, Roger W. Bach.«
    »Und Frau Dünnfelder?«
    »Ich glaube nicht …«
    »Versuch macht klug.«
    Uplegger gab ein Murren von sich, Barbara schaute zum Drucker. Eine grüne Leuchte blinzelte ihr zu. Sie nahm die Bierbüchse und erwiderte das Blinken mit einer Zum-Wohl-Geste. Nichts geschah; vielleicht wollte der Drucker auch ein Bier.
    »O ja, hier!« Uplegger biss sich auf die Unterlippe. »Am
24. März hatte Frau Dünnfelder einen Auftritt in der S-Bahn. Gott, wie schrecklich!«
    »Lassen Sie mich nicht am ausgestreckten Arm verhungern!«
    »Zeugen haben beobachtet, dass sie schon auf dem Bahnhof Warnemünde überaus gereizt wirkte und ständig mit ihrer Tochter herumtodderte …«
    »Steht da wirklich herumtoddern ?«
    »Natürlich nicht. Offenbar wollte die Kleine nicht zum Arzt nach Rostock. ›Der tut mir weh‹, habe sie mehrmals gesagt und sich dabei an ihre Mutter geklammert.«
    »Das wird dann wohl ein Zahnarzt gewesen sein.«
    »Nein, ein Gynäkologe.«
    »Bitte, was? Hören Sie, Jonas, es geht auf halb eins,

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