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Moerder Im Gespensterwald

Moerder Im Gespensterwald

Titel: Moerder Im Gespensterwald Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Frank Goyke
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normal!«
    »Haben Sie denn nicht an die kleine Karina gedacht?«, wollte Uplegger wissen. Ihm war bewusst, dass es sich um eine moralisierende Frage handelte, und er kannte die Antwort schon, die ehrliche wie die erlogene.
    »Selbstverständlich haben wir das.« Sie war empört, weil Empörung jetzt angesagt war. »Wir haben uns öfter darüber unterhalten. Aber der Mann geht fremd, er hat irgend so eine jungsche Geliebte. Kommt es nicht andauernd vor, dass vernachlässigte Ehefrauen … so einen Missbrauch erfinden?«
    »Um sich zu rächen, meinen Sie?«
    »Ja.«
    »Mag sein, dass so etwas vorkommt, aber andauernd sicher nicht. Woher wissen Sie, dass der Mann eine Geliebte hat?«
    »Na ja … halb Nienhagen weiß davon.«
    »Das spricht sich herum, ja?«
    »Nienhagen ist ein kleiner Ort.«
    »Sie sagen es. Hat sich der Verdacht auf Missbrauch auch herumgesprochen?«
    »Wie …?« Frau Albrecht warf den Kopf zurück. Bei einer so kleinen Person sah das ein wenig lächerlich aus.
    Uplegger schaute auf seine Niederschrift, obwohl das nicht nötig war; er tat es um der Wirkung willen.
    »Haben Sie wirklich Stillschweigen gewahrt? Frau Albrecht, Sie haben es – ich zitiere – nicht im Ort herumgetragen?«
    Wieder war sie entrüstet: » Ich tue so etwas nicht!«
    »Und Ihr Mann?«
    »Der unterliegt der Schweigepflicht. Ich muss schon sagen …«
    »Nicht als Privatperson.« Uplegger schlug die Handflächen aneinander. »Sie wissen, dass wir in einer Tötungssache mit fünf Opfern ermitteln, es geht also nicht um eine Kleinigkeit. Daher sagen Sie mir jetzt, wer in Nienhagen von den Vorwürfen gegen Herrn Dünnfelder weiß.«
    Frau Albrecht klappte zusammen. »Ich habe es der Architektin erzählt, der Frau Bach. Weil deren Tochter doch mit Karina befreundet ist.«
    »Wo?«
    »Beim Frisör.«
    Das hier ist ein ganz schlechter Film, dachte Uplegger und fragte zugleich: »War der Frisör nicht dabei?«
    »Es ist eine Frisörin.«
    »Und?«
    »Ja, die schon.«
    »Und andere Kundinnen? Oder Kunden?«
    »Ich muss überlegen …« Musste sie nicht. »Eine Kellnerin aus dem Seepferdchen war auch da, glaube ich.«
    »Na gut, Frau Albrecht.« Uplegger nahm ein weißes Blatt. »Dann lassen Sie uns jetzt eine Liste machen.«
     
    Barbara hatte Brauers Aussagen mit Upleggers Bericht verglichen und keine nennenswerten Abweichungen gefunden, sodass sich über die Anwesenheit des Waldökologen in Tatortnähe hinaus keine weiteren Verdachtsmomente ergeben hatten. Allein konnte Brauer das Verbrechen ohnehin nicht begangen haben; für eine gemeinsame Tat standen sich die Baumzähler ihrer Meinung nach nicht nahe genug. Oder war es vorstellbar, dass sie sich spontan entschieden hatten, Karina zu vergewaltigen und zu töten, sozusagen aus einer Laune heraus? Das war wenig wahrscheinlich, aber möglich – falls das Mädchen überhaupt vergewaltigt worden war.
    Es war Sonnabend, in der Rechtsmedizin war nur der Bereitschaftschaftsdienst, und Assistenzarzt Dr. Karp vertröstete sie auf Montag. Er druckste ein bisschen herum, und Barbara entnahm seinen Worten, dass Karina noch gar nicht obduziert worden war. Nur die Aufnahmeuntersuchung hatte man erledigt, aber es interessierte sie nur mäßig, wie groß und schwer das Kind gewesen und dass der Scheidenabstrich ins Labor gebracht worden war. Sie wollte Resultate, keine Verheißungen. Da es nicht in ihrer Macht lag, die Prosektoren am Wochenende an ihre Tische zu pfeifen, fügte sie sich zähneknirschend dem Unbeeinflussbaren, leerte die Flasche, zerkaute eine Pastille und schickte Brauer nach Hause. In leicht euphorischem Zustand betrat sie Vernehmungsraum 2.
    Piet Henke stand am Fenster, von dem aus er in den Hof der Dienststelle blickte, wo es wenig mehr zu sehen gab als ankommende und abfahrende Polizeifahrzeuge. Das Gewitter hatte sich verzogen, es hatte keine Abkühlung gebracht, sondern die Schwüle noch verstärkt. Der junge Mann trug eine enge Jeans und präsentierte Barbara einen festen und recht weit vorstehenden Hintern, für den ihr sofort ein Wort einfiel: Entenarsch. Langsam drehte er sich um. Er war durchaus nicht hässlich mit seiner glatten Haut, den blaugrauen Augen und dem halblangen, leicht lockigen aschblonden Haar, als Jurorin bei einem Schönheitswettbewerb hätte Barbara ihm sieben von zehn Punkten gegeben. Oder siebeneinhalb.
    »Bitte, setzen Sie sich!«
    Das tat er, und sie belehrte ihn mit hunderte Male wiederholten Worten, Worten wie Asche im Mund. Zeuge Henke hatte

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