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Moerder Im Gespensterwald

Moerder Im Gespensterwald

Titel: Moerder Im Gespensterwald Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Frank Goyke
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wenigstens spüren, dass wir da sind!«
    »Herr Gundersen hat einen Schwager …«
    »Na und?«
    »Dieser Schwager ist verheiratet und hat zwei Söhne. Besser gesagt: war und hatte! Denn, Herr Henke, als Ihr Mitstreiter Dominic Brauer eifrig Bäume zählte, wurde die gesamte Familie ermordet. Interessiert Sie das?«
     
    Frau Albrecht bedauerte zweifellos, Uplegger ins Vertrauen gezogen zu haben. Da sich wohl zugleich etwas wie Schuldbewusstsein regte, stimmte sie umso bereitwilliger der Vernehmung ihres Sohnes zu. Uplegger verließ also den Raum, um ihn wieder hereinzuholen. Im Vorraum saßen jetzt nur noch Ali und Lutze, der Uplegger hinter dem Rücken des Jungen ein Zeichen gab: Er deutete zum Ausgang.
    Uplegger verstand. Er übergab Lars der Obhut seiner Mutter, schnappte seine Unterlagen und folgte Lutze auf den Platz vor der Kurverwaltung.
    »Sie haben die Gelegenheit genutzt?«
    »Und ob. Sozusagen für ein informelles Gespräch.« Das Wort mochte er anscheinend. »Mein Nachwuchs ist schon erwachsen, und es hat mich einfach interessiert, was Kinder heuzutage spielen. Im Freien, wenn sie nicht am Computer hocken.«
    »Und? Was spielen Sie – außer Wikinger, Pirat und … vielleicht Anno 2070 ?« Marvins neues Lieblingscomputerspiel.
    »Na, Jungs müssen sich immer bewegen … Mädchen vielleicht auch, da wird der Impuls aber gern unterdrückt … Jedenfalls stehen Fahrrad, Skateboard, Inliner und so weiter ganz oben. Auf Bäume klettern, schwimmen – logisch, wenn man am Meer wohnt. Und dann spielen sie tatsächlich noch Klassiker wie Verstecken mit Abschlagen, was mich überrascht hat.«
    »Mich haben schon Wikinger und Pirat überrascht«, gab Uplegger zu.
    »Na, da gibt es doch eine Menge Filme … Das kupfern die ab. Aber nicht nur das.« Der Lorbass räusperte sich. »Eins hat mich wirklich erschüttert. Sie erinnern sich an Breivik, den Killer von Oslo?«
    »Den vergisst man nicht so schnell.«
    »Das haben die Burschen natürlich alles am Fernseher verfolgt. Und Lars hat dann ein neues Spiel eingeführt und ist sogar noch stolz darauf.«
    »Wie heißt das Spiel? Breivik’s Memory?«
    »Nein.« Lutze schüttelte den Kopf. »Mass Killing.«

VII Hass und Lügen
     
    Und wieder Warnemünde, Stau und Parkplatzsuche: Barbara hatte Piet Henke entlassen, denn der junge Mann hatte für den Tattag ein Alibi. Mit anderen Wood Watchers hatte er in Stralsund Plakate gemalt, abends eine Strategiebesprechung geleitet, und Barbara hatte sich vergewissert, dass dies der Wahrheit entsprach.
    Für den frühen Abend hatte sie sich bei Eidsvag in Dorf Lichtenhagen angemeldet, und um die Stunden bis dahin zu nutzen, stand eine Stippvisite bei Jähnicke & Söhnen auf Barbaras Programm, die sie Familie Jähzorn getauft hatte. Sie stellte ihren Wagen vor dem verriegelten Munch-Haus ab, und wieder regnete es. Nur verwegene Ausflügler waren unterwegs, angetan mit Regencapes oder zumindest mit Schirmen bewehrt. Ein paar Kinder aber genossen die Flut: Sie sprangen barfuß durch Pfützen oder ließen alle möglichen Gegenstände, durch Zauberspruch in Schiffe verwandelt, zur großen Fahrt in See stechen. Allerorten sah man Gummistiefel, doch manche Spaziergänger patschten auch, in Ermangelung geeigneteren Schuhwerks, in Sandalen durch das Wasser. Barbara überquerte die Bahnhofsbrücke, denn Jähnickes Kutter lag an der Mittelmole. Von hier aus warf sie einen Blick den Alten Strom entlang: Die Gaststätten waren gerammelt voll, sogar in den Türen stand man und wartete auf Sonnenschein. Als sie die Mittelmole betrat, hörte der Regen schlaganfallartig auf.
    Auf dem kurzen Weg zur Möwe musste sie nur ein paar überdachte Stände mit Schmuck, Täschnerwaren, Postkarten, Andenken und maritimem Nippes passieren. Die Möwe war einer dieser alten Fischkutter aus Holz, mit blaugestrichenen Planken und einem weißen Steuerhaus. Fast über die gesamte Fläche zwischen Steuerhaus und Bug war eine dunkelgraue Persenning gespannt, unter ihr stand eine improvisierte Ladentheke. Ein auffälliger Geländewagen protzte auf dem Pier.
    Auch auf der Mittelmole gab es Restaurant an Restaurant, und kaum dass es wieder trocken war, wimmelten die Touristen auf dem Liegeplatz. Von der Möwe kam ein bulliger Endzwanziger über den Steg, der mit beiden Händen eine Tafel trug und sie praktisch allen in den Weg stellte. Er schaute sich um, zog eine Schachtel Camel aus seinem karierten Hemd und klopfte eine Zigarette heraus. Vor dem Leib trug er eine

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