Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Mörder im Zug

Mörder im Zug

Titel: Mörder im Zug Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Frank Goyke
Vom Netzwerk:
mitgekriegt, dass sie sich auf eine Party vorbereitet haben. Irgendwo bei einer Kumpeline in der Südstadt. In der Kneipe waren sie zum ersten Mal, und auch ansonsten hat sie die Wirtin noch nie gesehen.«
    »Was bedeutet, dass sie womöglich nicht in Schwaan wohnen?«
    »Wenn die Wirtin alle Schwaaner kennt, bedeutet es das.«
    »Danke.« Uplegger legte auf. Er rückte seine Jacke zurecht, dann klopfte er. Niemand antwortete.
    Er klopfte abermals, nun etwas lauter. Wenig später wurde die Tür aufgerissen, und eine nicht sehr große Frau bellte ihn an: »Können Sie nicht lesen?«
    Uplegger bedauerte für einen Moment, nicht so schlagfertig zu sein wie Barbara, aber dann fiel ihm doch eine Antwort ein: »Ich entstamme einer bildungsfernen Schicht.«
    Die Frau starrte ihn durch ihre hochmodische Brille an wie einen Alien, dann entspannten sich ihre verkniffenen Züge etwas und sie fragte: »Sind Sie neu bei uns?«
    »Ja.« Uplegger zeigte seinen Dienstausweis. »Und das möchte ich auch bleiben. Ist Frau Ball da?«
    »Kriminalpolizei?« Frau Schack zog die Stirn kraus. »Wieso?«
    »Frau Ball?«
    »Nein, die ist nicht erschienen.«
    »Aber«, Uplegger war etwas überrascht, »sie war heute früh im Zug.«
    »Ach, deswegen.« In den Augen der Fallmanagerin blitzte Neugier auf. »Wegen dieser scheußlichen Geschichte kommen Sie. Ich habe im Radio davon gehört. Bitte, treten Sie ein! Aber Frau Ball ist wirklich nicht gekommen.«
    »Vom Bahnhof bis hierher sind es nur hundert Meter. Wie kann man da verschüttgehen?«
    Frau Schack hob die Schultern, Uplegger betrat das Büro. Vor dem Fenster standen sich zwei Schreibtische gegenüber, von denen der eine aufgeräumt war, der andere von Papieren bedeckt. Die Wände nahmen Registraturschränke mit Hängeakten ein, es gab einen kleinen Schrank, auf dem eine Kaffeemaschine stand, einen Garderobenständer sowie ein weiteres Schränkchen mit einer halboffenen Schiebetür.
    An den Stirnseiten der Schreibtische stand ein einsamer Stuhl. Er war offenbar für die Klienten bestimmt – oder für Verdächtige, die zur Vernehmung vorgeladen worden waren, dachte Uplegger, denn dieses Zimmer unterschied sich kaum von einem Polizeibüro.
    Während Frau Schack sich an den mit Akten bedeckten Tisch setzte, trat Uplegger ans Fenster und blickte auf den Bahnhofsplatz.
    »Ist Frau Ball zuverlässig?«, erkundigte er sich.
    »Eigentlich ja.«
    »Nur eigentlich?«
    »Sie ist zuverlässig. Manchmal ist eines ihrer Kind krank und sie muss schnell zum Arzt. Dann ruft sie aber an.«
    »Heute hat sie nicht angerufen?«
    »Nein.«
    Uplegger nickte. Am Abend zuvor hatte die junge Frau einen Zug benutzt, in dem ein Mann ermordet worden war. Heute früh war sie im Zug von Polizisten befragt worden. Dann war sie verschwunden.
    »Eigenartig«, sagte er mehr zu sich, dann zückte er sein Handy. »Sie erlauben?« Frau Schack nickte. Helmich, der an der morgendlichen Aktion teilgenommen hatte, war sich sicher, dass Sandy Ball kurz nach dem Einsteigen in Pölchow befragt worden war und dass sie einen Kinderwagen dabeigehabt hatte. Niemand hatte darauf geachtet, wo sie den Zug verlassen hatte.
    »Ist Frau Ball verheiratet?«
    »Ja«, antwortete Frau Schack und senkte den Blick.
    »Haben Sie Ihre Privatnummer?«
    Frau Schack gab etwas in ihren Computer ein, dann diktierte sie ihm die Nummer, die er wiederum in die Tastatur seines Handys tippte. Er ließ es zehn Mal läuten, bevor er aufgab.
    »Vielleicht ist der Mann arbeiten«, sagte er.
    »Vielleicht«, sagte Frau Schack in einem Ton, der erhebliche Zweifel verriet.
    »Stimmt etwas nicht?«
    »Inwiefern?« Frau Schack kniff Lider und Lippen zusammen.
    »Mit dem Mann?«
    »Ich sage so etwas nicht gern, aber für mich ist er ein typischer Verlierer. Ich kenne das Muster von einigen meiner Klienten. Wir vermitteln ihnen eine Maßnahme nach der anderen, aber nach zwei, drei Wochen werfen sie das Handtuch. Immer stimmt irgendwas nicht. Die Kollegen, das Klima, das Wetter … Für ihr Versagen ist stets jemand oder etwas anderes verantwortlich, nie sie selber.«
    »Und so einer ist der Herr Ball?«
    »Viel schlimmer.« Frau Schack hatte eine Hand zur Faust geballt und hielt diese in die Höhe. »Sein Versagen macht ihn aggressiv. Er wird gewalttätig gegen die, die er für die Schuldigen hält.«
    »Auch gegen seine Frau?«
    »Ja«, flüsterte Frau Schack, und statt Neugier standen nun Tränen in ihren Augen.
    Barbara hatte den Bahnhof in Augenschein genommen und

Weitere Kostenlose Bücher