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Mörder im Zug

Mörder im Zug

Titel: Mörder im Zug Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Frank Goyke
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können auch Networking sagen.« Ein halb spöttisches, halb angewidertes Lächeln grub sich für einen Moment in ihre Züge. Sie öffnete den Karton und zog ein Glas heraus. »Also?«
    »Meinetwegen.«
    »Gut.« Sie füllte das Glas bis kurz unterhalb des Rands.
    Barbara fragte: »Kennen Sie einen Andriejus Medanauskas?«
    »Ein Künstlerkollege? Klingt irgendwie … nach Baltikum.«
    »Der Produktionsleiter der Golden World Caviar Production .« Barbara nahm das Glas entgegen. Die Zeugin Pastor rauchte und tat dabei so, als dächte sie nach.
    »Nie gehört«, antwortete sie schließlich. »Und den Namen hätte ich mir gemerkt.«
    »Hat Herr Rauch mit Ihnen nie darüber gesprochen, dass sein Produktionsleiter ihm Probleme macht?«
    »Nein!« Die Künstlerin schaute an Barbara vorbei zum Tor. »Warum sollte er mir so etwas anvertrauen? Ich treffe ihn bei Vernissagen oder auch mal im Restaurant oder im Theater, und ich lade ihn zu meinen Feten ein, weil er ein einflussreicher Mann ist – und weil er Geld hat. Gestern wurde eine Ausstellung in der Wollhalle eröffnet, da war er dabei. Immerhin hat er sie mitgesponsert. Außerdem sitzt er im Kuratorium. Ich begegne ihm zwangsläufig immer mal wieder. Güstrow ist schließlich keine Millionenstadt.«
    Die letzten Worte konnte Barbara kaum verstehen, weil ein Güterzug vorbeidonnerte. Die Hausherrin verdrehte die Augen, Barbara probierte den Wein. Er schmeckte ihr, aber einen Unterschied zu den Billigimporten aus dem Supermarkt vermochte ihre alkoholgeschädigte Zunge nicht zu erkennen.
    Der offenbar aus schweren Waggons bestehende Zug wollte nicht enden. Er brachte den Boden zum Vibrieren, und Barbara fragte sich, wie man unter solchen Umständen schöpferisch tätig sein konnte. Die andere schien ihre Gedanken zu erraten, denn als endlich wieder ländliche Stille eingekehrt war, sagte sie: »Ich habe Haus und Grundstück von meinem Vater geerbt. Schön ist es hier ja, aber der Lärm! Die Idylle trügt.«
    »Wenn es überhaupt so etwas gibt.«
    »Wo sich Menschen aufhalten, kann keine Idylle bestehen. – Also, warum haben Sie nach diesem … Mann gefragt?«
    »Andriejus Medanauskas. Er ist das Opfer.«
    »O je!« Penelope Pastor legte die Stirn in Falten. »Der Produktionsleiter von Rauch?«
    Die Kriminalkommissarin öffnete ihre Handtasche und wühlte nach der vergrößerten Passkopie. Die Malerin widmete sich ihrer Zigarettenschachtel. Diese Sucht war Barbara erspart geblieben. 13 oder 14 war sie gewesen, als sie mit zwei Schulfreundinnen auf dem Sportplatz am Rande von Lütten Klein geraucht hatte, heimlich natürlich und in der Dunkelheit. Ihr war davon so schlecht geworden, dass sie es für immer bleiben ließ. Den Alkohol hatte sie erst viel später entdeckt.
    »Vielleicht haben Sie ihn schon einmal gesehen.« Sie reichte ihrem Gegenüber den Fotoabzug.
    Penelope warf nur einen kurzen Blick darauf und sagte: »Ja, habe ich. Ich fahre öfter nach Güstrow. Er war ein paar Mal im Zug. Oder auf dem Bahnhof. Vom Sehen ist er mir bekannt.«
    »Und gestern?«
    »Nicht dass ich wüsste. Ich war allerdings ziemlich aufgewühlt. So eine Vernissage ist furchtbar anstrengend, Smalltalk hier und Smalltalk da … Hatte auch ein paar Gläser Sekt intus. Ich habe nicht darauf geachtet.« Die Zeugin gab das Bild zurück.
    »Wie sind Sie eigentlich vom Bahnhof in Schwaan hierher gekommen?«
    »Zu Fuß.«
    Barbara riss die Augen auf. »Zu Fuß?«
    »Ja. Immer zwischen Warnow und Bahndamm entlang. Marienstraße. Sind ungefähr zwei Kilometer, also eine knappe halbe Stunde. Im Sommer nehme ich das Fahrrad.«
    »Haben Sie kein Auto?«
    »Nicht mal einen Führerschein.« Penelope Pastor lächelte jetzt beinahe wie ein kleines, schamhaftes Mädchen. »Ich bin viermal durch die Fahrprüfung gerauscht, dann hab ich es aufgegeben. Es geht auch ohne. So komme ich nie in die Verlegenheit, mit Alkohol im Blut zu fahren.«
    »Höchstens mit dem Fahrrad«, sagte Barbara bissig. Die Anspielung ärgerte sie.
    Als Antwort erntete sie ein helles Lachen. »Aber Sie verraten mich nicht?«
    »Ich könnte den Schwaaner Kollegen einen Tipp geben.«
    »Na, dann muss ich keine Angst haben. Wenn die mich erwischen wollen, müssen Sie Überstunden machen. Noch einen Schluck?«
    Barbara hatte gar nicht bemerkt, dass ihr Glas schon leer war. Sie nickte.
    »Haben Sie gestern irgendetwas Besonderes festgestellt? Auf einem der Bahnhöfe, im Zug oder während des Fußmarsches?«
    Penelope Pastor zündete sich

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