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Mörder im Zug

Mörder im Zug

Titel: Mörder im Zug Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Frank Goyke
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wühle zwar den ganzen Tag im Dreck, aber das heißt nicht, dass ich jeden Schuttabladeplatz kenne. Hausmüll wird, glaube ich, nach dem Sortieren verbrannt. Gibt es nicht eine Verbrennungsanlage im Hafen?«
    »Nicht im, aber am Hafen«, sagte Wendel. »Das Ding heißt Restabfallbehandlungsanlage …«
    »Na, toll! Und die Kippe hier heißt Abfallaufbewahrungsanstalt oder was! Ich sag euch, wir Deutsche sind bekloppt. So, und jetzt möchte ich meine Arbeit machen.« Er schaltete das Diktiergerät ein. »Moin, Frau Pergande! Ich hab ein Paket Kaffee gekauft.« Er spulte zurück, testete die Aufnahme. »Also los! Diktat: Fundortaufnahme durch EKHK Pentzien und Kollegen um Null Null neununddreißig, Tagebuchnummer … Hat mal jemand die verdammte Tagebuchnummer?«, brüllte er.
    »Hundertneun aus elf«, brüllte es aus einem der Overalls zurück.
     
    Die Deponieeinfahrt wurde von zwei Natriumdampflampen beleuchtet, die man getrost antik nennen konnte. Die gesamte Anlage war umzäunt, das Gittertor befand sich im Lichtkegel einer der Lampen. Ein Gebäude daneben kehrte dem Deponieweg eine fensterlose Fassade zu, an der eine große Tafel befestigt war. In der Luft lag ein unangenehmer und scharfer Geruch.
    »Pentzien hat recht«, sagte Barbara, während sie mit Uplegger auf das Tor zuging. »Vermutlich sollte die Leiche rasch entdeckt werden. Wenn auch Sie recht haben und Kröner der anonyme Anrufer ist, so könnte er der Täter sein. Vielleicht hatte er ursprünglich vor, schon von hier aus anzurufen, bekam dann aber Muffensausen.«
    »Warum sollte er das vorgehabt haben?«
    »Schlechtes Gewissen? Er wollte Riccardo gar nicht töten, aber dann ist die Situation eskaliert. Das haben wir doch öfter.«
    »Ja, schon. Doch haben Täter, die nicht töten wollen, selten Kabelbinder dabei. Für mich sieht es eher nach einer geplanten Hinrichtung aus.«
    »Das schmeckt mir zu sehr nach Mafia.« Barbara bohrte im Ohr, wurde fündig und betrachtete das Bohrgut. »Nicht jedes von Ausländern betriebene Restaurant ist eine Geldwaschanlage, nicht jeder, der mal in Neapel war, gehört gleich zur Camorra. Was wollte Riccardo hier? Romantisch ist es ja wahrlich nicht …«
    »Ist es denn überhaupt sicher, dass es Riccardo ist?«
    »Ich habe ihn in diesen Klamotten gesehen. Gewissheit bringt die Obduktion, aber für Zweifel sehe ich keinen Grund.«
    Fahrgeräusche ließen die beiden aufhorchen, fast gleichzeitig wandten sie sich um. Auf der Deponiestraße näherte sich der Kastenwagen der Gerichtsmedizin. Doktor Geldschläger entstieg dem Wagen. Uplegger hob grüßend die Rechte. Geldschläger kopierte die Geste.
    Auf der Tafel an der leeren Fassade war zu erfahren, dass man sich auf der Deponie mit Baustoffrecycling befasste. Barbara las auch die Namen der beiden Betreiber: »Das darf doch nicht wahr sein!«, entfuhr es ihr.
     
    Barbara hatte zuerst die auf der Tafel angegebene Servicenummer angerufen, war aber am Anrufbeantworter gescheitert. Dann hatte sie Breithaupt gebeten, Dampf zu machen, und er hatte bewiesen, dass mehr in ihm steckte als ein Taschenträgertalent. Nach wenigen Minuten hatte er die Privatnummern der Verantwortlichen ermittelt und sie aus dem Bett getrieben. Sie hatten zugesagt, sich sofort auf den Weg nach Parkentin zu machen.
    Mirko Düwel, Geschäftsführer der Rostocker Stadtentsorgung , fuhr standesgemäß Mercedes, und er sah so gar nicht nach Müllkutscher aus, sondern wirkte in seiner Kluft aus dunklem Mantel, Anzug, weißem Oberhemd und Krawatte wie ein smarter BWL-Absolvent. Er mochte gerade vierzig sein und hatte einen mindestens zehn Jahre älteren Mann im Schlepptau. Auch der hatte einen Schlips umgebunden, trug darüber aber eine wattierte Arbeitsjacke. Düwel näherte sich den Kriminalisten und lächelte, so als habe er Kunden vor sich. Der Ältere hingegen machte ein betroffenes Gesicht. Nach der gegenseitigen Vorstellung war klar, dass er Tietze hieß, Chef der Deponie war und die Schlüssel hatte. Auf Geheiß seines Vorgesetzten öffnete er das Tor zu seinem Reich von Schutt und Asche und bat die Besucher in das Gebäude neben der Einfahrt, wo sich sein Büro befand.
    »Sie entsorgen also Baustoffe«, sagte Barbara. »Was dürfen wir uns darunter vorstellen?«
    »Nun, alles, was auf einer Baustelle oder beim Abbruch eines Gebäudes anfällt«, erklärte Düwel. »Wir zerkleinern Betonelemente, entfernen die Monierung, bereiten alte Ziegelsteine auf und so weiter. Herr Tietze hat bestimmt eine

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