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Mörder im Zug

Mörder im Zug

Titel: Mörder im Zug Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Frank Goyke
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verlassen. Alle Akten sind beschlagnahmt, und ich lasse es versiegeln.«
    »Ich brauche dafür aber einen Beleg«, sagte Düwel.
    Barbara versprach ihm alle Belege der Welt, Uplegger rief die Spusi.
    Der Bauschutt aus dem Baltikum lagerte in einem weit von der Verwaltung entfernten Teil der Deponie. Tietze übernahm es, sie zu führen, Schmude begleitete sie, während Düwel sich verabschiedet hatte, da er für die Müllimporte nicht unmittelbar verantwortlich war. Schweigend gingen sie über das von Natriumlampen erleuchtete Deponiegelände. In der Ferne war der rötlich-gelbe Schein der Großstadt zu sehen, reflektiert von tiefliegenden Wolken. Zum Glück war der unbefestigte Boden gefroren. Barbara hielt ihren Mantelkragen mit einer Hand zu, Uplegger musste sich hin und wieder schnäuzen. Nach einer Weile begannen die empfindlichen Kapillargefäße in seiner Nase zu bluten.
    »Dort!« Tietze zeigte auf eine große, kraterartige Vertiefung. »Mittlerweile sind die Lieferungen Routine, ich muss den Fahrern gar nicht mehr viel sagen. Ich weise einfach in die entsprechende Richtung und sage: Tam! Viel mehr Russisch ist nicht kleben geblieben, außer Da und Njet.«
    »Die laden selbstständig ab?«
    »Klar. Die haben modernste Lastzüge, die machen fast alles automatisch. Wir laufen hier nicht mit Schippen umher.«
    Barbara trat an den Rand des Kraters, der nur einige Meter tief war. Betonblöcke, aus denen die Moniereisen ragten, Berge von Holzbalken, Teer- und Wellpappe, Fensterrahmen mit zersprungenen Scheiben, Halden von Ziegelsteinen, an denen manchmal noch Putz und sogar Tapete klebte, all das füllte die Grube. An ihrer breiten Zufahrt stand ein gelber Bulldozer von Caterpillar , etwas tiefer ein zweiter. Vor ihm und teilweise mit Schutt, Balken und Dachpappe bedeckt lagen an die drei Dutzend Fässer.
    »Herr Tietze?«
    »Ja?«
    »Herr Schmude?«
    »Ich bin hier.«
    »Treten Sie bitte näher«, sagte Barbara. Uplegger zog sein Handy hervor und machte ein paar Aufnahmen. »Was ist das?«
    »Was meinen Sie?«, fragte Schmude.
    »Ich sehe dort Fässer.«
    »In der Tat …«
    »Seit wann werden Bauabfälle in Fässern transportiert?«
    »Ja, äh …« Schmude schaute Tietze an, der schwieg. »Ich weiß nicht. Andere Länder, andere Sitten?«
    »Die liefern immer so«, sagte Tietze.
    »Bauschutt in Fässern! Bald kommt der Weihnachtsmann, und die Kinder bringt der Klapperstorch! Ich bin Laie, aber eins weiß sogar ich: Fässer haben eine viel zu geringe Kapazität.«
    Uplegger hatte bereits eine Telefonnummer gewählt. »Sieht so aus, als würden wir ein zweites Spusi-Team brauchen.«
    »Ich verstehe das alles nicht«, sagte Schmude.
     
    Seine Lage war schlechter als zuvor, aber das hatte ja passieren müssen bei dem überstürzten Aufbruch. Eigentlich hatte er die Fahrkarte im Zug lösen wollen, aber als die Schaffnerin zwischen Schwaan und Bützow auf ihn zugekommen war, da war ihm siedend heiß aufgegangen, dass er sein Portemonnaie vergessen hatte. Er konnte nicht bezahlen, und er konnte sich nicht einmal ausweisen.
    Die Zugbegleiterin hatte ihn mit einem Schwall hämischer Worte übergossen, sie hatte sich über ihn lustig gemacht und gefragt, ob er betrunken sei. Am schlimmsten hatten sich jedoch die Stimmen gebärdet, die ihn als Versager, als kompletten Idioten, hirnlosen Kretin beschimpft hatten: Er war es nicht wert, dem Weltforum zu dienen.
    Zwei Uniformierte hatten ihn in Bützow aus dem Zug geholt und zu einem VW-Bus gebracht, auf dem Bundespolizei stand. Sie hatten zwei Fotos aufgenommen, en face und im Profil, und wollten seinen Namen wissen, seine Anschrift, sein Ziel. Da es keinen Zweck hatte, sie zu belügen, hatte er Auskunft gegeben; nur was das Ziel betraf, hatte er ihnen Sand in die Augen gestreut und einfach Halle gesagt, Halle an der Saale. Ein Lesegerät für den Chip in seinem Gehirn hatten sie offenbar nicht, sonst hätten sie sofort gewusst, dass er log. Die beiden hatten zuerst über ihr Walkie-Talkie mit ihren Auftraggebern gesprochen und dann eine Anzeige aufgenommen wegen etwas, das sie Leistungserschleichung nannten. Dann hatten sie ihn gehen lassen.
    Er hatte alles hilflos über sich ergehen lassen. »Versager! Idiot! Kretin!«, pochte es in ihm. Da saß er nun in Bützow, ohne Geld und Papiere, mitten in der Nacht bei Eiseskälte auf einer Bank und hielt sich die Ohren zu, obwohl das nie Zweck hatte; irgendwie wurden die Stimmen auch per Chip übertragen. Der Bahnhof schien

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