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Mörder Quote

Mörder Quote

Titel: Mörder Quote Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: T Hermanns
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niedliche Mischung aus Pippi Langstrumpf und einer Miniatur-Mireille-Matthieu.
    Die genauen Umstände des Unfalls waren wohl erstaunlich unklar, obwohl das Einkaufscenter zu dem Zeitpunkt gut besucht gewesen war und Xena/Heike nicht nur eine auffallende Person, sondern ja auch schon ein kleiner Fernsehstar gewesen war. Aber nur einige wenige Besucherinnen des Centers erinnerten sich an ein »schwarz gekleidetes Mädchen, das hektisch und aggressiv durch das Einkaufszentrum lief«. Ein Mann hatte im Parkhaus gesehen, wie Xena/Heike auf das Motorrad gesprungen war und »viel zu schnell losdonnerte«.
    »Sie wirkte irgendwie panisch«, wurde er zitiert. »Aber das tun ja heute viele junge Leute.«
    Neben Sascha tauchte plötzlich Chantal auf, die heute trotz eines klassisch geschnittenen schwarzen Minikleids aufgedonnert wirkte, was an zu großem Silberschmuck und ihrer hochtoupierten Frisur lag. Schnell überflog sie die Artikel.
    »Tragique, tragique!«, murmelte sie in Saschas Richtung und beschloss dann offenbar, ihn auf ihre »Wispern in Versailles«-Art einzuweihen. »Gleich bei der PK , mein Schatz«, flüsterte sie unter ihrer viel zu großen Jackie-O-Brille hervor, »wird es eine Riesenüberraschung geben! Freu dich drauf! Deine Chantal ist heute Mata Hari!«
    Damit stöckelte sie davon, umgeben von einem Hauch von »Mystery«, dem neuesten Parfüm von Dolce & Gabbana. Sascha straffte sich und checkte noch ein letztes Mal die Wand. Die Kandidaten hatten bisher keine Statements zu Xenas Tod abgegeben, darum hatte die Produktion sie gestern gebeten. Man wollte sich das für die heutige Pressekonferenz aufheben, zu der sich so viele Journalisten angemeldet hatten wie nie zuvor.
    »Das Interesse ist extrem hoch, bitte repräsentiert unsere Sendung und Xenas Vermächtnis!«, hatte es in der internen E-Mail geheißen. Deshalb hatte Sascha jetzt auch seinen besten und schmal geschnittensten schwarzen Anzug an plus ein großes Kreuz um den Hals – pietätvoll, Xena-like und sehr schick. Ach ja – und einen Satz in der internen E-Mail hatte natürlich auch jeder Kandidat genau gelesen. Sascha ließ ihn sich noch mal auf der Zunge zergehen – »Die Xena-Tribut-Show am Samstag hatte mit 27 % Marktanteil den bislang höchsten Zuschaueranteil der gesamten Staffel.«
    Saschas Version von Elton Johns »Your song« war sehr gut angekommen, das wusste er. In den Internetumfragen vom Sonntag stand er jetzt auf allen Fanseiten auf Platz zwei. Direkt hinter der toten Xena.

KAPITEL 17
    Die Pressekonferenz fand wegen des großen Andrangs ausnahmsweise direkt im Studio statt. Das violette Licht, das der preisgekrönte Lichtdesigner jetzt über den langen aufgebauten Tisch mit der schwarzen Samtdecke schickte, verlieh der Szene etwas Klerikales, irgendwo zwischen Trauerfeier und letztem Abendmahl. Tanya checkte die Sitzordnung. Wie immer wurden die drei Juroren in der Mitte platziert, rechts und links von ihnen die restlichen sechs Kandidaten, aufgeteilt nach Jungs und Mädchen. Sie war froh darüber, dass sie wie immer genau die Mitte einnahm. So musste sie bei diesem schwierigen Termin nicht wie Marco Deutz genau neben Mephisto sitzen und auch nicht wie das Pitterchen neben der wortkargen Fatima. Die hatte wirklich ein samtenes schwarzes Kopftuch gefunden – und damit genau wie alle anderen ihre Interpretation zum Stylingthema Trauer geliefert. Für Sascha und Lilly war es als eher brav-niedliche Typen einfach gewesen, aber schon Mike Ds schwarzer Adidas-Trainingsanzug mit der schwarzen Baseballcap hätte original aus einem Comic über trauernde Rapper stammen können, während Chantal sich zu dem Modell »Lady Gaga als Maria Callas« entschlossen hatte.
    Aber Mephisto war derjenige, der Tanya am meisten überraschte. Sie hatte mit allem gerechnet: einem schwarzen Cape, einem Vampiroutfit mit schwarzem Rüschenhemd, vielleicht sogar mit einer schwarzen Mönchskutte. Stattdessen trug der Mann ohne Gesicht heute einen einfachen schwarzen Anzug von der Stange, der mehr nach Kaufhof als nach »Twilight« aussah. Dazu seine klassische Teufelsmaske, aber der Gesamteindruck war eher Loriot an Halloween als das nun schon berühmt-berüchtigte Castingmonster. Der Teufel trägt C & A, frei nach dem bekannten Film mit Meryl Streep.
    Marco hatte sich in ein enges schwarzes T-Shirt unter dem Jackett gepresst, was aus ihm einen trauernden Ed Hardy machte, Pitterchen sah eigentlich aus wie Mephisto, nur in BOSS , und sie selber hatte jetzt

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