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Mörder und Marder

Mörder und Marder

Titel: Mörder und Marder Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gisbert Haefs
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verstaute den Marder wieder unter der Decke, wo er sich wand und knurrte. »Tiere verleihen, meinen Sie? Ist doch naheliegend, oder? Ich bin oft im Park spazierengegangen, wo die Herrchen und Dämchen in der Abenddämmerung ihre Tölen zum Kacken ausführen. Irgendwann fiel mir auf, daß dieser Vorgang verwandt ist mit dem samstäglichen Autowaschen. Und Autos kann man mieten oder leasen. Also, was liegt näher?«
    »Wohl wahr. Und davon kann man leben?«
    »Mühelos. Ich hatte einige Anfangsinvestitionen, dafür habe ich natürlich Schulden gemacht. Aber inzwischen läuft’s.«
    »Wie sind Ihre Tarife? Was kostet der Marder, zum Beispiel?«
    »Vespasian? Tja, der ist nicht repräsentativ. Er hat einen Stammbaum.«
    »Gibt’s das bei Mardern?«
    »Klar doch. Jedenfalls seit ich mich darum bemühe. Passen Sie auf: Die Dame in Königstein, die Vespasian mietet, hat Knete bis zum Abwinken. Vespasian ist der Enkel eines Marders, der vor sechs Jahren den damaligen Verteidigungsminister in einer Bonner Kneipe gebissen hat. Einen SPD-Mann. Die Dame mit Knete in Königstein finanziert aber die CDU. Also ist Vespasian für sie eben nicht nur ein Marder, sondern ein ganz besonderer Marder. Sie wird, was ihr nicht weh tut, hundertfünfzig im Monat für ihn überweisen. Plus Transportkosten – meine Fahrt hierher ist Teil der Anfahrt zum Abliefern. Und ich habe weiter nichts mit ihr und Vespasian zu tun. Sie wird ihn füttern ...«
    »Vermutlich mit moskauhörigen Hennen.«
    »Kann sein. Wenn er krank ist, läßt sie für ihn
den
Marderspezialisten einfliegen. Und wenn sie ihn nicht mehr will, gibt sie ihn mir zurück.«
    »Was, wenn er ausbüchst?«
    Schuster zog die Nase inwendig hoch. »Das ist ihr Risiko. Vespasian ist laut Liefervertrag bewegliches Gut in meinem Besitz. Ich überlasse der Dame für die Dauer des Mietverhältnisses den Nießbrauch, wodurch aber meine Eigentumsrechte nicht geschmälert werden. Wenn der Marder ein Loch unterm Zaun buddelt und im Wald verschwindet, dann ist das Veruntreuung. Für diesen Fall haben wir uns auf eine Konventionalstrafe von sechs Monatsmieten geeinigt.«
    Matzbach war beeindruckt. »Das sind neunhundert. Selbst wenn er im Verlauf des ersten Mietmonats türmt, bringt er ihnen also tausendfünfzig Mark. Gute Sache. Was hat er gekostet?«
    Schuster grinste. »Futter und Kraulen und eine Kontrolluntersuchung. Das wiederum läuft unter Geschäftskosten. Gegenwert vielleicht sechzig Mark. Und natürlich meine Zeit.«
    »Woher haben Sie den Vertragstext? Gibt es da Standardvordrucke wie bei Mietverträgen?«
    »Nein. Ich hab in einem Buch römische Vertragstexte gefunden, unter anderem Verträge über den Kauf und die Vermietung von Haussklaven. Die Konditionen sind da so ähnlich.«
    Auf der Treppe polterten mehrere Leute abwärts. Henry Hoff in einem rosa Bademantel, ansonsten gänzlich barfuß, kam ins Kaminzimmer geschossen.
    »Du siehst gut durchblutet aus«, stellte Matzbach fest. »Wie nach hundert Liegestützen.«
    Hoff grinste nur und goß sich Kaffee ein. Dann schwenkte er die Kanne. »Ist gleich leer. Macht jemand Nachschub?«
    Schuster erhob sich wortlos, gürtete seine Lenden fester mit der Decke, betrachtete einen Moment lang Vespasian, als wolle er mit dem Marder ein Quiz veranstalten, und reichte ihn dann Baltasar.
    »Ein Becher ist noch drin«, sagte Hoff, als Schuster die Tür zum Flur öffnete. Es zog eiskalt herein. »Susanne! Hier ist noch ein Kaffee übrig!«
    Susanne Steul kam herein. Sie trug Gesundheitslatschen, die auf der hölzernen Treppe mehr Lärm gemacht hatten als dem Gewicht der schlanken, sportlichen Frau angemessen. Bekleidet war sie lediglich mit etwas zwischen Hemd und Poncho, aus dickem dunkelbraunem Frottee, das wie ein Vierecksschurz den Bereich zwischen Schultern und Oberschenkeln verhüllte.
    Sie lächelte amüsiert, als sie Matzbach die Hand reichte. »Ich hab schon gehört, wie Sie Evita haben auflaufen lassen. Freut mich, Sie kennenzulernen. Hoffentlich sind Sie nicht das ganze Wochenende so grimmig.«
    Baltasar zwinkerte und schaute ihr ins Gesicht. Das Haar war dunkelbraun und kurz, die braunen Augen lächelten mit, und die leicht nach links weisende, angestupste Nase gab dem Ganzen jenen Charme, den die Klassik der anderen Gesichtsteile nicht besessen hätten. »Ich werde versuchen, den Liebreiz Ihres Anblicks durch schmiegsame Umgangsformen zu erwidern.«
    Hoff hüstelte. »Ein neuer Zug an dir, Baltasar. Aber nicht

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