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Mörder und Marder

Mörder und Marder

Titel: Mörder und Marder Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gisbert Haefs
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Knurrlaute von sich. Endlich ließ er den japsenden Jungmarder wieder sinken.
    »Dieser Mensch da, wenn’s einer ist, Schuster Gaspard, Animalist«, sagte Jorinde Seyß mit hängenden Mundwinkeln, »hat doch tatsächlich die Frechheit gehabt, nach mir zu grapschen.«
    Hoff wühlte in seiner Reisetasche und zerrte Hauslatschen heraus. Er stieg aus seinen nassen Schuhen und stellte sie vor den Kamin. Ein Scheit knackte. »So, hat er, der Freche? Und was hast du gesagt, liebste Jorinde?«
    »Na was? Schuster, bleib von meinen Leisten!«
    Matzbach klopfte auf die Sofalehne; das Gewuschel bewegte sich schwach. »Hat man dir ins Förmchen geschissen, Söhnchen?« sagte er, beinahe mitleidig. Dann setzte er hinzu: »Aber vielleicht wäre es anders, wenn Sie sich bisweilen wüschen. Nicht zu oft, man muß das vor allem am Anfang nicht übertreiben, aber hin und wieder.«
    »Er behauptet, daß seine Tiere ihn dann nicht erkennen oder abstoßend finden.« Jorinde feixte. »Deshalb ist es ihm lieber, wir erkennen ihn zu gut und finden ihn abstoßend. Aber solange er
das
noch hat, geht’s ihm offenbar erträglich.« Sie deutete auf eine Instantkamera, die auf dem flachen Couchtisch lag.
    »Ach so einer?« Baltasar nickte. »Ein nur spannend entspannter Junge ist das?«
    Hoff spuckte in den Kamin. »Wenn’s nur das wäre. Von mir aus soll er zwischendurch in die Zimmer platzen und Polaroids machen. Aber ich glaube, er hat ein Verhältnis, von dem er uns nichts sagt.«
    Der Wuschelkopf tauchte auf. »Häh?«
    Hoff nickte. »Genau. Häh. Oder auch bä-ä-ä-ä. Wie war das denn mit der hübschen weißen Ziege?«
    Wuschel versank in Decken und indigniertem Schweigen.
    Matzbach schnalzte. »Ach, Sie waren das?«
    »Wer? Was? Ich?«
    »Ja. Der, der mit der unwilligen Ziege vorneweg nackt durchs Dorf gezischt ist.«
    »Was soll ich sein?«
    »Ja, und die kurzsichtigen Omas an der Ecke kommentierten wie folgt: Nä nä, die Jugend vun heut. Ken Butz op dm Aasch, ävver en wiiß Mopped.«
    Jorinde prustete; sie sah hinreißend aus, mit geblähten Wangen und bebenden Nüstern. Hoff, der den Witz längst kannte, seufzte nur.
    Schuster richtete sich halb auf. Das teigige Gesicht war ein Fragezeichen, der Mund ein Strich der Gedankenlosigkeit, das Kinn ein Apostroph, das den Fragelaut ersetzte.
    »Ach so. Sie sind ja Elsässer«, sagte Matzbach. »Dann muß man das übersetzen, das sehe ich ein. Keine Hose auf dem Arsch, aber ein weißes Moped.«
    Schuster machte nur »P!« und versackte wieder.
    »Übrigens hat das Ferkel wirklich keine Hose an«, sagte Jorinde.
    Schuster hielt den Marder hoch. »Zoologie: Sechs. Das ist kein Ferkel, sondern ein Marder.«
    Plötzlich waren Jorinde und Henry verschwunden. Baltasar, auf dem Heimweg von der Toilette, fand nur Schuster und seinen Marder vor. Daraufhin machte er sich an eine Inspektion des Hauses.
    Die Diele war nur ein durch eine Tür abgetrennter Teil des Korridors zwischen Frontveranda und Küche. Rechts von ihm lagen das Kaminzimmer und ein großer Raum voller Gerümpel. Dahinter führte eine einmal gewendelte Treppe aufwärts. Wie der Querstrich eines T schloß sich die Küche an, mit antikem Herd und hinfälligen Hilfsmöbeln wie Regal, Schrank und Tisch.
    Links neben der Küche war eine Vorratskammer mit leeren Regalen und einer Tür zum Garten. Gegenüber der Treppe verbarg sich eine winzige Abstellkammer. An der linken Flurseite lagen weiterhin ein Zimmer, in dem von Kargheit umgeben vier verrottete Rattansessel rasteten, und das kalte Bad neben der Diele, das Matzbach bereits besucht hatte. Am Wasserhahn über der Wanne hing ein Eiszapfen.
    Die Etage war ebenfalls wie ein T angelegt. Den Querstrich über Küche und Vorratsraum bildete hier ein kleiner Flur, an dem drei Zimmer lagen. Von diesen war nur das rechte geheizt; verstreute Gegenstände, eine auf dem Bett lauernde Hose, ein kleiner Käfig auf dem Boden und ein weiterer, der drei Ratten enthielt, auf dem fensternahen Tisch gaben Auskunft über den Pensionsgast.
    Rechts vom größeren Flur lagen das Oberende der Treppe und drei Zimmer, links ebenfalls drei Zimmer und ein weiteres Bad, über dem eisigen Geschwist im Parterre. Im oberen Bad stand ein winziges Elektroöfchen auf verlorenem Posten, neben einem kalten Kanonenofen. Die drei Zimmer auf der linken Flurseite waren geheizt, mit Taschen und Mänteln belegt und hatten schauderhafte Vorhänge an den Fenstern.
    »Nun noch des Pudels Kern«, murmelte Matzbach. Dann

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