Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Mörder und Marder

Mörder und Marder

Titel: Mörder und Marder Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gisbert Haefs
Vom Netzwerk:
Mundwinkel stieg. »Bis acht komm ich nicht, deshalb ist keins für Sie dabei.«
    Baltasar klopfte auf seinen Bauch. »Anders als andere habe ich ja auch keinen anstrengenden spitzen Sport getrieben, folglich reichen die Kraftreserven noch. Und den guten Gaspard Schuster wollen Sie hungern lassen?«
    Der schmale Mund verzog sich diesmal abwärts. »Das Schwein kann von mir aus auch noch verdursten und erfrieren.« Es klang gehässig.
    »Tsk, tsk, tsk. Nur weil er sich nicht häufiger als jeden neunundzwanzigsten Februar wäscht?«
    »Nein. Es gibt viel bessere Gründe, aber das geht Sie nichts an.« Sie ergriff das Tablett mit dem Brotstapel, wandte sich um und ging zur Treppe.
    Baltasar blickte ihr nach. »Wir sind alle eine liebe große Familie«, murmelte er. Dann schnitt er vier Scheiben Brot ab, verfertigte vier Spiegeleier mit Schinken und Käse, goß in einen weiteren frischen Becher Kaffee und begab sich ins Kaminzimmer. Er schaltete das große Licht über dem Eßtisch an, setzte sich und begann zu essen.
    Schuster erwachte, gähnte, knackte mit den Fingern, klemmte sich Vespasian unter den Arm und stand auf.
    »Hmmm.« Er kam an den Tisch. »Nett, daß Sie mir auch zwei Eier gemacht haben.«
    »Sie Illusionist«, sagte Baltasar mit vollem Mund. »Die sind alle für mich.« Er spülte mit Kaffee das letzte Stück des zweiten Brots hinunter und fiel das dritte an.
    Schuster kratzte sich die fettige Kopfhaut und hinterließ eine Schuppenspur auf seinem Leidensweg in die Küche. Dort redete er klagend mit dem Marder.
    Matzbach aß zu Ende. Anschließend setzte er sich mit Horaz, einer neuen Zigarre und dem Rest Kaffee in den Sessel. Als jemand den Raum betrat, blickte er zunächst nicht auf, da er annahm, es sei entweder Vespasian oder Schuster.
    »Sie sind Matzbach, wie? Blöde Frage, natürlich. Außer Ihnen ist ja keiner im Haus, den ich nicht kenne.«
    Im Licht der Eßtischlampe sah Matzbach einen sehr großen, schlanken, auch in der Reglosigkeit nervös wirkenden Mann mit schwarzen Haaren, die ihm auf die Schultern fielen und dort Locken bildeten. Um die Schultern hatte er einen weißen Seidenschal gelegt, trug ansonsten nur eine blaue Unterhose und Jesuslatschen. Aus dem Gesicht stachen die extensive Nase und die intensiven Augen hervor, deren Farbe Baltasar aus dieser Entfernung nicht erkennen konnte.
    »Baltasar Matzbach, das stimmt. So, wie Sie aussehen, würde ich Sie für das Double von John Cassavetes halten, wenn ich nicht wüßte, daß Sie Arthur Melcher sind.«
    Der Auftragsdichter verschränkte fröstelnd die Arme vor der Brust. Sie war unbehaart, und wenn er atmete, zeichneten sich die Rippen ab. »Der Vergleich ist nicht mehr originell.« Er kniff die Augen zusammen. »Zu Anfang war ich halb empört und halb am Bauch gestreichelt; nun hab ich ihn so oft gehört, daß er mir nicht mehr schmeichelt.«
    »Mit Ihren Versen meinen Sie sicher den Vergleich, ja?«
    Cassavetes/Melcher rümpfte die Nase. »Nenne mir, Muse, das Männlein, das eines Verses Bedeutung hurtigen Hirnes erhascht, ist sie nur ganz offenbar. Matzbach ist es, der Edle, jawohl; mit klebriger Zunge kündet er kühn, wiewohl karg, daß er den Dichter verstund.«
    »Ich bin beeindruckt. Können Sie auch normal reden?«
    »Klar doch, Mann, eh. Ich richt mich nach der dummen Kundschaft.«
    Schuster tauchte auf, mit Marder und einem Teller. Er warf Melcher einen Seitenblick zu und steuerte sein Sofa an. Der Auftragsdichter zog eine Grimasse. »Ekler Zwerg, geh ans Werk und verpiß dich unterm Berg«, sagte er.
    Gepolter auf der Treppe. Jemand in höchster Eile. Henry Hoff, barfuß und mit hastig übergeworfenem Bademantel, platzte ins Zimmer, zwinkerte Baltasar zu und berührte Melcher am Ellbogen.
    »Eh, Arthur, du wirst gebraucht.«
    Melcher verdrehte die Augen. »Meine Knie sind schon ganz weich. Was ist denn nun wieder?«
    Henry legte den Kopf schief. »Tja, Evita hat sich was einfallen lassen, dazu brauchen wir Verstärkung.«
    Melcher nickte griesgrämig. »Diese verdammten Handbücher«, murmelte er. »Ach, ertränkte doch jemand Evita, irgendwo tief im Brahmaputra! Dann läs ich friedlich die
Bhagavad-Gita
, statt unter Keuchen das
Kamasutra

    »Bildung«, stellte Matzbach fest, »schützt nicht vor allzu naheliegenden Reimen. Obwohl die Anspielungen fast fein sind, für die generelle Grobheit, die in diesem Haus gang und gäbe ist.«
    Melcher wandte sich zum Gehen, die Hand auf Hoffs Schulter. Wegwerfend ergänzte er die

Weitere Kostenlose Bücher