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Mörder und Marder

Mörder und Marder

Titel: Mörder und Marder Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gisbert Haefs
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Verse. »Kommt ihm ein Matzbach auf seinem Gebiet nah, hängt der Korsar ihn sogleich an die Blut-Rah. So besser?« Damit ging er hinaus; Hoff schloß kichernd die Tür.
    Schuster aß ebenso unersprießlich, wie er aussah. Binnen Minuten war sein Hemd voll von Eierflecken, und der Boden um das Sofa wäre jedem Pickhuhn ein Fest gewesen.
    Matzbach zog Horaz als Gesellschaft vor, nickte aber bald wieder ein. Er erwachte, als Schuster geräuschvoll aufstand und seinen Marder zwischen Decken so verkeilte, daß Vespasian nicht entwischen konnte. Dann griff der Tierverleiher nach der Instantkamera und verließ den Raum. Matzbach hörte ihn auf der Treppe, seufzte, stand auf und holte die Weinflaschen, die er am Nachmittag in der Küche abgestellt hatte.
    Nach einer Weile kam Schuster kichernd zurück. Baltasar lehnte es ab, sich die mehr als zehn Bilder anzusehen.
    Schuster kicherte immer weiter; dabei bediente er sich mit Baltasars Wein, schien aber wenig zu vertragen. Bald begann er, intermittierend zu lallen, und schließlich schlief er ein.
    Später tauchte Hoff auf. Er lahmte, war guter Dinge, warf dem schnarchenden Schuster einen unfreundlichen Blick zu und ging in die Küche. Mit Broten und Kaffee kam er zurück, setzte sich an den großen Tisch und aß. Danach atmete er durch und deutete auf den Bauernschrank. »Baltasar, da drin ist ein Schachbrett, samt Figuren. Magst du, oder willst du lesen?«
    »Ich will lesen, aber ich kann dich ja nicht hängen lassen.«
    Als er aufstand, erwachte Schuster. Er rülpste, kicherte und kam schwankend hoch. Mit kühnem Griff packte er eine der offenen Flaschen und setzte sie an den Mund. Er trank etwa einen halben Liter kräftigen Rotweins, ohne Pause zu machen, dann ließ er die Flasche fallen, packte den Marder und wankte aus dem Raum, die Treppe hinauf. Sie hörten ihn kichern, bis eine Tür ins Schloß fiel.
    Hoff runzelte die Stirn. »Was hat er? Er trinkt nie oder fast nie, er verträgt nämlich nichts. Nur wenn er was zum Feiern hat. Hat er was zum Feiern?«
    Baltasar zuckte mit den Schultern. »Ich kümmere mich nicht um die Dinge, die einen Dunghaufen zum Stinken bringen. Du eröffnest.«
    Nachdem Hoff zwei Partien triumphal gewonnen hatte, stand er auf. Er lächelte wie über eine feine Anekdote. »Ich komm sofort wieder. Mir ist eingefallen, wie man diesem Stinktier die Suppe versalzen kann.« Er ging zum Couchtisch, nahm die Instantkamera, suchte in einer schmierigen Tasche neben dem Sofa nach Filmpäckchen, fand eines und ging zur Tür. »Ich werde den ganzen Rest auf seine dumme Visage abschießen, wie er im Bett liegt und besoffen schnarcht. Dann hat
der
Zirkus mit den ewigen Unterbrechungen da oben wenigstens ein Ende.«
    Nach einiger Zeit kam er zurück. »Erfolg.« Er warf einen Stapel Bilder auf den Tisch, die Kamera aufs Sofa.
    Uninteressiert blickte Matzbach auf das oberste Foto. Es zeigte den chaotischen Raum, vom Blitz erhellt, den Schneevorhang im Fenster, den wie gelähmt mit offenem Mund liegenden Schuster, den aufgeschreckten Marder wie einen Wachtposten daneben und ein Glas mit seltsamem Inhalt auf dem Nachttisch.
    Matzbach nahm das Foto nun doch in die Hand und deutete auf das Glas. »Was ist das denn?«
    Hoff blickte ihm über die Schulter. »Ach, wußtest du das nicht? Er hat ein Glasauge. Wenn er gesoffen hat, nimmt er’s raus und legt’s ins Wasser. Angeblich schläft er dann besser.«
    »Manche Leute kriegen von Schnaps Gehirn- oder Wadenkrämpfe. Vielleicht verkrampfen sich bei Schuster die Muskeln in der Augenhöhle. Die Welt ist ein Irrenhaus. Spielen wir noch?«
    Sie spielten noch. Gegen drei Uhr beendeten sie den Tag; niemand hatte sie bei den letzten Partien gestört. Im Haus herrschte tiefer Friede. Auf seinem Korridorstück angekommen, hörte Baltasar entschlossenes Schnarchen; es kam aus Schusters Zimmer. Matzbachs Raum war angenehm warm. Baltasar legte drei Briketts nach, entkleidete sich und stieg ins Bett. Etwas war anders, aber er wußte nicht sofort was. Er dachte müde darüber nach, stand noch einmal auf und ging zum Fenster. Die Schneewand war verschwunden; der Schneefall hatte aufgehört. Im klaren, kalten Himmel strahlte ein angebrochener Mond. Ringsum war alles weiß und eben.
    Als Matzbach erwachte, hatte er nicht das Gefühl, ausgeschlafen zu sein. Dann registrierte er den Lärm auf dem Korridor. Fluchend stieg er in die Pantoffeln, umgab seinen Leib mit Hemd und Decke und öffnete die Tür. Alle drängten sich vor

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