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Mörder und Marder

Mörder und Marder

Titel: Mörder und Marder Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gisbert Haefs
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Schusters Zimmer.
    »Was ist denn los?«
    Susanne Steul sah ihn an und sagte nichts. Jorinde lächelte, als sie sein verschlafenes, verquollenes Gesicht sah, aber es war kein frohes Lächeln. »Ein Job für Sie, Meisterdetektiv«, sagte sie.
    Hoff kam aus dem Zimmer. »Ah, du bist wach.«
    »Wie soll man bei eurem Kreischen schlafen?«
    Hoff schob die anderen beiseite. »Ich glaube, jetzt kannst du dich austoben. Du wolltest doch immer einen friedlichen Mord klären, oder?«
    Matzbach zwinkerte. Er fühlte sich schon entschieden wacher. »Hat Schuster den Löffel abgegeben?«
    »Ja. Ich bin auf dem Weg zum Klo über seinen Marder gestolpert und wollte ihn zurückbringen. Die Tür war zu; ich weiß nicht, wie das Vieh rausgekommen ist. Jedenfalls hab ich die Tür aufgemacht.« Hoff deutete mit dem Daumen hinter sich, zu Schusters Zimmer, lächelte grimmig und streckte den Arm aus, mit aufgestelltem Daumen. Dann drehte er ihn wie ein Cäsar nach unten.
    * Vgl. Und oben sitzt ein Rabe

ZWEITER TEIL
    Sie standen alle da herum, in verschiedenen Stadien der Be- und Entkleidung. Matzbach, längst nicht wach genug, verzichtete auf Spurensuche in den verschlafenen und verwunderten Gesichtern. Hoff hielt Vespasian unterm Arm; der Marder war sehr ruhig.
    »Hat jemand etwas angefaßt?« Baltasar gähnte und kratzte sich den Kopf.
    Niemand antwortete zunächst. Hoff lehnte sich mit dem Rücken gegen den Rahmen der Zimmertür. »Ich glaube, ich bin als erster da drin gewesen«, sagte er. »Ich hab die anderen geweckt, aber außer mir ist niemand reingegangen.«
    »Der Blick von der Tür reicht völlig«, sagte Evita. Sie stand ganz hinten, nahe der Treppe; Strähnen hingen ihr wie blondes Trauerlametta im Gesicht.
    Baltasar rieb sich die Augen. »Dann ist es gut. Gibt es hier einen Schlüssel?«
    »Was willst du mit einem Schlüssel?«
    »Was man mit einem Schlüssel gemeinhin tut: schließen.« Er streckte die Hand aus.
    Hoff wandte sich um, öffnete die Tür halb, griff mit spitzen Fingern um das Schloß herum und zog innen den Schlüssel ab. »Und jetzt?«
    »Nun steck ihn von außen rein. Ja. Und dreh ihn um. Dummes Kerlchen. Erst die Tür zumachen, sonst bringt das nichts. Ja, fein. Gib ihn mir. Brav.«
    Henry verzog das Gesicht. »Papi, was hast du vor?«
    »Ich werde mich jetzt von der Nacht reinigen, die Zähne putzen und ein Tagesgewand über mich werfen. Dann werde ich in aller Ruhe frühstücken. Und dann werde ich mir Gedanken machen. Hauptsache, bis dahin geht niemand da rein. Es darf nichts angefaßt werden.«
    Hoff schielte auf den Marder unter seinem Arm. »Was machen wir mit dem Untier?«
    Matzbach schlurfte zu seinem Zimmer zurück. Über die Schulter sagte er: »Ich schenke ihn dir.«
    »Er hat mal irgendwas für einen Teilchenbeschleuniger erfunden und ein paar blöde Schlager komponiert. Beides bringt ihm noch immer Geld. Dann hat er im Lotto gewonnen und sich der Bildung ergeben.« Hoff warf Matzbach einen hilfesuchenden Blick zu, aber Baltasar kaute auf einer Brotrinde und starrte Löcher in die Tischplatte. »Außerdem hat er verrückte Bücher geschrieben und drei Verbrechen aufgeklärt, ja?«
    Bei »Verbrechen« erwachte Matzbach aus seiner Morgentrance. »Drei, von denen du weißt. Und ein Dutzend, die dir unbekannt sind. Tjaha.« Damit versank er wieder in seiner Meditation.
    Evita Rieseby schob ihren Teller von sich. »Er ist also nicht nur feist und frech, sondern auch noch vielseitig unbegabt. Und was sollen wir mit einem Privatdetektiv? Ich hab die Leiche von Gaspard ja nicht gesehen. Ich weiß also nicht, ob er nicht an seinem schäbigen Charakter eingegangen ist. Aber selbst wenn es ein Mord war – dafür ist die Polizei zuständig.«
    Arthur Melcher nickte; ein ironisches Lächeln waberte um seine dünnen Lippen wie der weiße Seidenschal um seine Schultern. »Das ist richtig, Evita. Aber hast du schon mal aus dem Fenster geschaut?«
    Alle Köpfe – bis auf die von Baltasar und Jorinde – drehten sich zum jeweils nächsten Fenster. Adelheid Koslowski stand auf und ging an die Gartenseite, blickte hinaus und brach in Rufe des Entzückens aus.
    Der Schnee lag gleichmäßig etwa eineinhalb Meter hoch. Außen reichte er fast bis zur Fensterbank. Von einem mannshohen Holzschuppen, der Gartenwerkzeug enthalten mochte, ragte nur das Dach über die weiße, ebene Fläche; kleine Hügel verbargen Büsche. An der Vorderseite war es ähnlich. Auf der Veranda war Schnee durch die Zwischenräume im

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