Mörder und Marder
zur Tür.
»Eh, also Freitag. Ich hol dich ab«, sagte Hoff.
»Bestens«, murmelte Matzbach. Er packte den Türknopf.
»Moment noch«, rief Henry. »Vorhin hast du was über Käsekrusten und Pizzaöfen gesagt.«
»Habe ich das? Ach so, ja, es gibt einen guten Grund dafür, Käsekrusten in einem Pizzaofen anzuheizen. Ja.«
Der Flanellkunde blickte besorgt zwischen beiden hin und her.
»Und der wäre?« Hoff biß sich auf die Unterlippe, um nicht laut zu lachen.
»Ich kenne ein Lokal«, sagte Baltasar verträumt. Er tätschelte liebevoll seine Wampe. »Ein italienisches, um nicht zu sagen italisches. Dort gibt es köstlichen, uralten, steinharten Parmesan. Man kann ihn nur essen, indem man ihn mit den Backenzähnen bröckchenweise bricht und malmt. Die Kruste ziehe man sich langsam und genüßlich zwischen den oberen und unteren Schneidezähnen hindurch, um nicht das Beste zu missen. Wenn man die steinigen Krusten dann in den Pizzaofen legt, etwa fünf Minuten lang, dann kann man sie noch einmal warm und weich ablutschen. Großartig.« Damit ging er.
Als die Tür ins Schloß gefallen war, blickte der Ratsuchende Hoff an. »Haben Sie viele solche Freunde?«
Hoff grinste. »Glücklicherweise nicht.«
»Hinter Kirburg links ab; ich sag Bescheid.« Hoff lehnte sich zurück. Matzbach hielt den Ford-Kombi in der Linken; mit der Rechten lenkte er den Brasil-Stumpen zwischen Mund und Aschbecher hin und her.
»Fuchskaute«, sagte er bedächtig.
»Was kaute der Fuchs?«
»Dummkopf. So heißt der höchste Berg in dieser verlassenen Gegend. Scchshundertsiebenundfünfzig Meter.«
»Ach so.«
»Ja.«
Hoffs Wagen litt den schweren Piloten. Die Bundesstraße war geräumt; rechts und links erhoben sich schmierige Schneewände bis in Mannshöhe. Seit dem frühen Morgen hatte es sogar in Bonn geschneit, und hier, weit höher als im Rheintal, fielen die Flocken dicht und schnell. Die geräumte und gesalzene Fahrbahn würde sehr bald wieder unpassierbar sein.
Der Kombi war für ein langes Wochenende beladen – Brot, Kaffee, Butter, Konserven, Zigarren und Zigaretten, Bier, Wein und Schnaps, außerdem Nebensächlichkeiten wie Wäsche und Zahnbürsten. Bisweilen rutschte das Wagenheck weg. So in diesem Moment.
»Achterliche Unbill gen Backbord«, kommentierte Baltasar. Er kurbelte, um einem entgegenkommenden Kleinbus zu entgehen. Hoff schloß die Augen.
»Na?« sagte er, als die Fahrt wieder glatter verlief.
»Na ja.« Matzbach lutschte an seiner Zigarre und spie Krümel an die Innenseite der Windschutzscheibe. »Aber das Wahre ist es nicht.«
»Versuch’s mal mit der Limousine.«
»Hab ich längst. Noch unwahrer. Nein, ich glaub, ich muß noch ein bißchen suchen.«
»Wieviel hast du denn in den letzten Monaten in Mietwagen investiert?«
Baltasar winkte ab. »Reichlich. Aber was will man machen? Fahrbare Wagen lassen sich nur testen, indem man sie fährt. Und dann reicht eine Proberunde mit dem Händler um den Block nicht.«
»
Du
kannst es dir ja leisten. Wie geht es deinem Vermögen?«
Baltasar grinste und schmatzte im Gleichtakt mit den Scheibenwischern. »Gut. Danke der Nachfrage. Ich könnte von den Zinsen leben – aber das wäre ja langweilig.«
»Natürlich. Däumchen drehen ist nichts für dich. Andere wären froh, wenn sie könnten.«
»Niemand sei daran gehindert, seine Däumchen zu drehen. Meine sind allerdings umfänglich und drehen sich kaum.«
»Ha. Welche Wagen hast du probiert?«
Matzbach holte Luft und ratterte eine Reihe in- und ausländischer Namen herunter. »Ein paar kommen in die engere Wahl. Aber nur ein paar. Der große Rover ist ein nettes Gefährt, und auch der Leichenwagen von Benz.«
Hoff kicherte. »Matzbach im Leichenwagen – als Fahrer oder als Cargo? Übrigens kannst du, wenn es nicht gerade dauernd weiterschneit, noch so eine Leichenkarre probieren, oder die gleiche.«
»Wieso? Steht das Haus auf einem Friedhof?«
»Nee, aber einer der drei anderen Knaben hat sich als Bestatter selbständig gemacht. Mit Privatfriedhof.«
»Mit
was
?«
»Privatfriedhof. Irgendwo in einem Nebental der oberen Ahr. Heinrich heißt er. Er hat da billig ein Stück Grund gekriegt und seinen Privatfriedhof eröffnet.«
»Ja, aber wozu? Wer will denn an der oberen Ahr auf einem Privatfriedhof beigesetzt werden?«
Hoff hob die Brauen. »Jede Menge reicher Pinkel. Mitglieder vom Düsseldorfer Golf-Club und von ähnlichen geschlossenen Anstalten. Vor ein paar Jahren ist Heinrich darauf gekommen.
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