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Mörder und Marder

Mörder und Marder

Titel: Mörder und Marder Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gisbert Haefs
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Damals fing das gerade wieder an mit Einsargern, die gegen Aufpreis eine Seebestattung anbieten und so. Na, und da hat Heinrich sich gedacht, warum nicht auch andere exzentrische Formen der Beisetzung, die sonst nirgends gestattet sind?«
    Matzbach verschluckte sich an Zigarrenrauch. »Hu. Harr. Hmph. Echa, echa. So. Hat er sich gedacht? Aber wie ist das möglich? Ich denke, in diesem unseren Lande hat der Staat nicht nur das Gewalt-, sondern auch das Entsorgungsmonopol, was zum Beispiel Gewaltopfer angeht.«
    »Hat er. Aber in der mittleren Eifel gibt es noch ein paar Besonderheiten. Du weißt, es gibt sie überall.«
    »Ja, natürlich. Wie die Ziegen auf der Hofgartenwiese.«
    »Was ist das nun wieder für eine Geschichte?«
    »Professor Lützeler ist dir ein Begriff, ja? Der hat in Unterlagen geblättert und herausgefunden, daß jeder ordentliche Professor an der Rheinischen Friedrich-Wilhelms-Universität zu Bonn das Recht hat, seine Ziegen auf der Hofgartenwiese oder unter den Bäumen der Poppelsdorfer Allee weiden zu lassen. Oder so ähnlich.«
    »Da fällt mir was ähnliches aus England oder Amerika ein, was ich neulich gelesen habe. Ein Student hat da rausgekriegt, daß einem Examenskandidaten auf Kosten der Universität während der Prüfung ein Humpen Ale zusteht.«
    Matzbach leckte sich die Lippen. »Das erinnert mich daran, daß ich Durst habe. Und? Hat er sein Ale bekommen?«
    Hoff schüttelte den Kopf und grinste. »Nein. Einer der Professoren kannte die Uni-Verfassung auch sehr gut und hat darauf bestanden, daß der Kandidat zuvor die vorgeschriebene Uniform anlege und seine Lenden mit etwas gürte, an dem er den einem freien Manne zustehenden Degen befestigen kann. Erst dann werde man ihm Ale reichen.«
    »Kredenzen.«
    »Wie bitte?«
    »Wenn du schon vergebens versuchst, dich einer dem feierlichen Gegenstand deiner Rede angemessenen gehobenen Sprache zu befleißigen, dann solltest du Ale nicht reichen, sondern kredenzen.«
    »Von mir aus kredenzen. Aber zurück zu Heinrich Genenger ...«
    »Wie heißt der hinten?«
    »GeNENGer.«
    »Aha. Das tut mir leid für ihn.«
    »Sag’s ihm selbst. Jedenfalls hat er in diesem Nest in der Eifel Land gefunden, das ›Galgenberg‹ genannt wird. Früher mal mit Recht. Irgendein Fürstbischof hat es mal nem Grafen abgetreten mit der Maßgabe, daß dort nie etwas angebaut werden darf. Daß dieses Land ausschließlich für die Verbrennung von Ketzern, das Schinden von Verworfenen und das Ansammeln von Schädeln zu verwenden ist. Die gräfliche Sippe existiert noch, und diese Bodenverwendung ist nie revidiert worden. Heinrich hat das Stück zu Lehen genommen und seinen Privatfriedhof aufgemacht.«
    »Die Grafensippe hat ihm das einfach gegeben?«
    Hoff nickte. »Die haben das, glaube ich, sogar komisch und passend gefunden.«
    »Aber wer läßt sich denn da bestatten?«
    »Och, alle möglichen feinen Leute, denen Seebestattung zu vulgär ist. Heinrich hat mit dem Bürgermeister ausgehandelt, daß auf dem Friedhof alles erlaubt ist, was nicht die Öffentlichkeit stört. Die Öffentlichkeit wohnt aber ein paar hundert Meter weit weg, außerdem gibt es alte hohe Bäume, und Heinrich hat eine Mauer gezogen. Man kann sich also gar nicht gestört fühlen.«
    Baltasar stopfte die kalte Zigarre in den Aschbecher. »Du willst mir doch nicht erzählen«, sagte er strahlend, »daß dieser Heinrich da notfalls jemanden nach mithraischem Ritus ins Jenseits schickt?«
    »Ich weiß nicht, wie der aussieht, aber Heinrich tut das. Und stell dir mal vor, du wolltest dich auf einem Düsseldorfer Friedhof in einem schwarzen Tüllsarg beerdigen lassen, den zehn nackte Mädchen tragen, und dazu spielt eine Blaskapelle
Ein Prosit der Gemütlichkeit
. Stell es dir vor – kein Friedhofsamt erlaubt das. Aber bei Heinrich ist es möglich.«
    »Ich freue mich, den Jungen kennenzulernen.« Matzbach nickte mehrmals heftig. »Ein Mann nach meinem Herzen. Erzähl mir doch noch was über die anderen Irren.«
    Hoff hob die Hand. »Fahr mal ein bißchen langsamer. Da müßte gleich die Abzweigung kommen.«
    Es schneite immer dichter. Matzbach lenkte den Wagen im Schrittempo. »Frau Holle muß aber sämtliche Kissen gleichzeitig gelocht haben, Ei, die Daunen.«
    »Ei
der
daunen heißt das.« Hoff grinste.
    »Wo kömmt denn nur das Schneechen her? Wir sind doch schon im Märzen.«
    »Halt!«
    Matzbach bremste vorsichtig; der Wagen machte einen Halbkreis-Rutscher und blieb unter einem Straßenschild

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