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Mörderische Ärzte: der hippokratische Verrat

Mörderische Ärzte: der hippokratische Verrat

Titel: Mörderische Ärzte: der hippokratische Verrat Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Hans Pfeiffer
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weil er betrunken Sprechstunde abhielt. An manchen Abenden saß er stundenlang allein in einer Schenke und trank unmäßig.
    Noch war sich Bröcher in diesen Tagen darüber klar, dass er diesen Zustand nicht mehr lange durchhalten konnte. Er war dabei, sich körperlich und beruflich zu ruinieren. Los kam er von Emilie nicht, sie hielt ihn mit eisernen Ketten fest. Und er wusste auch, warum. Er verstand ihre verzweifelte Umklammerung: Sie litt unter ihrem Mann, sie hasste ihre Ehe, sie wollte frei sein für ihn. Aber Oberreuter hielt sie fest, wie ein Drache sein Opfer. Ihn musste er töten, um Emilie zu befreien.
    Wer von beiden zum ersten Mal von Mord sprach, war auch später, im Prozess, nicht aufzuklären. Es kann Emilie gewesen sein, die während einer Kaffeestunde, in Anwesenheit von Bekannten, zu Bröcher gesagt hatte: »Wie lange soll das noch so weitergehen? Du bist doch Arzt. Du hast doch Gift!« Aber auch Bröcher kann als erster den Mord ins Gespräch gebracht haben.
    Möglicherweise hatten sich beide auch gar nicht über einen Mord abgestimmt. Bröcher handelte, und Emilie ließ ihn wissend gewähren.
    Noch war Bröchers Mordplan völlig vage. Fest stand von Anfang an, dass er Oberreuter vergiften musste. Er wollte auch nicht riskieren, dass das Opfer Verdacht schöpfte. Er sollte das Gift freiwillig aufnehmen - aber welches Gift, wusste Bröcher noch nicht. Alles war noch Gedankenspiel, beruhigend und beunruhigend zugleich. Beruhigend, weil dann endlich alle Konflikte für immer gelöst wären. Beunruhigend, weil er, trotz allem sorgfältig verhehlten Hass auf Oberreuter, einen Menschen töten musste, der ihm vertraute. An manchen Tagen glaubte Bröcher, Emilie zuliebe könne er die Tat ohne Skrupel begehen. An andern fürchtete er, dieser Belastung nicht gewachsen zu sein. Mehr denn je betäubte er sich mit Alkohol.
    Im Februar 1927 brach die winterliche Grippeepidemie aus. Oberreuter und Emilie erkrankten. Die Behandlung übernahm Freund Bröcher. Bröcher verabfolgte dem bettlägerigen Oberreuter Digalen-Injektionen. Digalen war ein Digitalispräparat, ein Herzmittel. Wird es in überhöhter Dosis gespritzt, entfaltet es allmählich seine giftige Wirkung.
    So kam es bei Oberreuter durch die überhöhte Dosis bald zu Verdauungsstörungen, Erbrechen und schließlich zu Herzrhythmusstörungen. Die Herzfrequenz verlangsamte sich auf 58 Schläge in der Minute.
    Am 8. März rief Bröcher Oberarzt Dr. Frick im Marienhospital an. Beide Ärzte kannten sich seit Jahren, Bröcher hatte ja als Assistenzarzt im Hospital gearbeitet, und als er dann schon seine Privatpraxis gegründet hatte, überwies er manchen seiner Patienten an dieses Hospital. Bröcher bat den Kollegen, sich seinen Patienten anzusehen, Oberreuter leide als Folge der Grippe an einer beängstigenden Herzschwäche.
    Dr. Frick kam Bröchers Bitte nach, untersuchte Oberreuter, bestätigte die hochgradige Herzschwäche und ordnete Einweisung ins Marienhospital an. Oberarzt Dr. Frick und die Arzte Dr. Strunck und Dr. Graß übernahmen die weitere Behandlung. Allmählich ließen Übelkeit, Erbrechen und Durchfälle nach. Bröcher kam jeden Tag in Oberreuters Krankenzimmer, um sich nach seinem Befinden zu erkundigen. Wenn er Oberreuter wieder verließ, erschien meist Emilie zu Besuch.
    Nach einigen Tagen sprach Bröcher seinen Kollegen Dr. Strunck an und forderte ihn auf, das zur Herzstärkung verordnete Koffein wieder abzusetzen. Dr. Strunck war über dieses Ansinnen verwundert: »Im allgemeinen, Herr Kollege, scheidet ein Patient, wenn er ins Krankenhaus kommt, aus der Behandlung seines bisherigen Arztes aus!«
    Bröcher winkte ab. »War ja nur ein Spaß.« Und burschikos fügte er hinzu: »Manchmal habe ich den Eindruck, seine Frau wäre froh, wenn der Kerl um die Ecke ginge. Es wäre nicht schade um ihn.«
    Strunck blickte Bröcher fassungslos an. Bröcher grinste augenzwinkernd. Strunck beruhigte sich. Bröcher war für seine manchmal taktlosen Bemerkungen bekannt.
    Im Lauf einer Woche war Oberreuter so weit wiederhergestellt, dass er aus der Klinik entlassen werden sollte. Puls und Temperatur waren normal, Übelkeit und Erbrechen hatten aufgehört. Bröcher ließ sich nicht anmerken, wie ihn diese Nachricht erschreckte. Bisher hatte er nicht den Mut gefunden, seinen Mordplan in die Tat umzusetzen. Nun musste er handeln. Oberreuter sollte im Marienhospital sterben. Deshalb schließlich hatte er ihn durch das Digitalis krankenhausreif gemacht. Tod

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