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Mörderische Ärzte: der hippokratische Verrat

Mörderische Ärzte: der hippokratische Verrat

Titel: Mörderische Ärzte: der hippokratische Verrat Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Hans Pfeiffer
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suchte. Im Verlauf des Gesprächs - über das er sich auch im Prozess nicht äußerte - bestärkte er wahrscheinlich Bröcher in der Erkenntnis, dass eine weitere Flucht sinnlos sei.
    Bemüht, das Seelsorger-Geheimnis nicht zu verletzen, erreichte Clemen über einen Mittelsmann, dass die Kölner Kriminalpolizei den Aufenthaltsort der Flüchtlinge erfuhr. Bald erschienen hier zwei Kölner Kriminalbeamte. Bröcher und Emilie erklärten sich bereit, mit ihnen nach Köln zurückzukehren. Hier wurden beide in Haft genommen.
    In der langwierigen Voruntersuchung bemühte sich Bröcher, seine Tat völlig anders darzustellen, als er sie Oberarzt Dr. Frick geschildert hatte. Damals stand er unter dem Schock der Mordbeschuldigung. Nun, da er einen Mordprozess vor sich hatte, suchte er seinen Kopf durch eine falsche Aussage zu retten. Nun war keine Rede mehr davon, dass er seine Geliebte durch Mord von ihrem Ehemann »befreien« wollte. Jetzt erklärte er, lediglich fahrlässig Oberreuters Tod verursacht zu haben. Oberreuter habe nämlich Syphilis gehabt und ihn gebeten, den Klinikaufenthalt gleich zu nutzen und mit einer Syphilisbehandlung zu verbinden.
    Diesen Wunsch des Freundes habe er durch die NovasurolTherapie erfüllt. Er habe allerdings zu wenig Erfahrung mit dem Quecksilbermedikament gehabt und deshalb eine zu hohe Dosis gespritzt. Die Folge sei doppelt verheerend gewesen, weil Oberreuter durch die gleichzeitige Herzerkrankung bereits geschwächt gewesen sei.
    Der Tote konnte dazu nichts mehr sagen. Aber bei der Obduktion war keine Spur einer Lues gefunden worden. Bröchers Darstellung war eine unglaubhafte Schutzbehauptung.
    Frau Oberreuter blieb während der Voruntersuchung bei ihrer ersten Aussage: Sie habe von Bröchers Mordplan und seiner Ausführung nichts gewusst.
    Am 30. Mai 1927 begann vor dem Kölner Schwurgericht der Prozess gegen Dr. Joseph Bröcher und Emilie Oberreuter.
    Der Prozess, so schrieb ein Gerichtsreporter zuvor, werde großes Aufsehen erregen. Es handele sich hier um einen ungewöhnlichen Kriminalfall. Ein Arzt sei angeklagt, unter dem Einfluss einer Frau, der er in Liebeshörigkeit unterworfen war, einen Kranken ermordet zu haben.
    Über den Beginn des Prozesses schrieb der Berichterstatter, im Schwurgerichtssaal herrsche gemessene Feierlichkeit und die Atmosphäre eines »großen Tages«. Über die Angeklagten hieß es: »Auf der Anklagebank oben hat Frau Oberreuter Platz genommen, eine etwas schmächtige, dunkel und überschlicht gekleidete Dame mit überaus leidendem Gesichtszug und Blondhaar. Unten auf der Bank sitzt Dr. Bröcher mit eingefallenem Gesicht, versonnen, gedrückt.«
    Der Prozessverlauf zerstörte Dr. Bröchers Selbstbildnis vom Drachentöter. Wie schon in der Voruntersuchung stand er nicht mehr zu seiner Tat. Er leugnete seine sexuellen Beziehungen zu Emilie und charakterisierte sie als rein freundschaftlich. Er leugnete, Oberreuter vorsätzlich mit Novasurol getötet zu haben, und bezeichnete sein Handeln nur als fahrlässig. Er stellte auch in Abrede, Oberarzt Dr. Frick die Befreiung Emilies von ihrem Mann als Mordmotiv genannt zu haben. Fühlte sich Bröcher durch Zeugenaussagen in die Enge getrieben, wollte er sich nicht mehr an Äußerungen und Handlungen erinnern können. Für die angebliche Syphilis Oberreuters hatte er keine Beweise. Dass er mehrmals vor den Quecksilber-Injektionen Digitalis in überhöhter Dosis verabreicht hatte, erklärte er als peinliches Versehen. Und dass er am 27. März eine absolut tödliche Menge Novasurol gespritzt hatte, begründete er mit zu reichlichem Alkoholgenuss: »Ich verlor einfach jede Perspektive in meinem Handeln.«
    Emilie versuchte, alles von sich zu schieben, was auch nur den Anschein erwecken konnte, dass sie ihren Mann loswerden und Bröcher an sich binden wollte. Ihr Mann sei immer nett zu ihr gewesen. Das Sparbuch über 5000 Mark habe Bröcher nicht für sie angelegt, sondern um das Geld vor dem Zugriff seiner Schwester zu retten. Sie habe niemals Bröcher heiraten wollen, er wäre ihr zu weichherzig. Sie habe ihn weder geliebt noch intime Beziehungen zu ihm gehabt.
    Die vielen Zeugen bestätigten übereinstimmend die jahrelange sexuelle Bindung zwischen Bröcher und Emilie. Bröcher habe völlig unter ihrem Einfluss gestanden. Sie habe ihn aufgefordert, ihren Mann zu vergiften. Und Bröcher habe mehrfach geäußert, es sei nicht schade, wenn Oberreuter sterbe.
    So zog sich das Netz um Bröcher immer enger zusammen.
    Noch

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