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Mörderische Ärzte: der hippokratische Verrat

Mörderische Ärzte: der hippokratische Verrat

Titel: Mörderische Ärzte: der hippokratische Verrat Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Hans Pfeiffer
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Richter gerade einen Gegenstand in halber Zigarettenlänge aus der Westentasche zog und ins Feuer des Ofens warf. Er nahm Richter vorsorglich fest.
    Der bekannte Bonner Gerichtsmediziner Prof. Dr. MüllerHess obduzierte die Leiche von Käthe Mertens. An den inneren Organen fand er keine krankhaften Veränderungen, die einen natürlichen Tod bewirkt haben könnten. Insbesondere das Herz war völlig normal. Nur im Dickdarm fand sich eine eigenartige blaurote Verfärbung der Schleimhaut, die leicht aufgelockert und verschwollen aussah. Dieser Befund ließ vermuten, dass eine Vergiftung vorlag. Das erforderte weitere toxikologische Untersuchungen.
    Erste polizeiliche Ermittlungen hatten inzwischen ergeben, dass Dr. Richter einen Tag vor Käthes Tod eine mehr als tödliche Menge kristallinischen G-Strophantins erworben hatte. Deshalb wurde der Bonner Pharmakologe Prof. Dr. Kühner mit der toxikologischen Analyse beauftragt. Kühner kam dabei u. a. zu folgendem Ergebnis:
    »In Blut, Magen, Dünndarm und Scheide der Leiche konnte ich kein Strophantin finden. Dagegen lieferte das Herz einen Auszug... Weiter erwies sich der Extrakt aus dem Dickdarminhalt der Leiche zehnmal wirksamer als der Herzextrakt.« Dieser Extrakt führte dann beim Tierversuch am Frosch zu systolischem Herzstillstand. Prof. Kühner fasste seine Untersuchung zusammen:
    »... dass Frau Mertens mit größter Wahrscheinlichkeit durch in den Mastdarm gebrachtes kristallisiertes Strophantin gestorben ist.«
    Nach langwierigen Voruntersuchungen erhob die Staatsanwaltschaft gegen Dr. Richter Anklage wegen Mordes und zusätzlich wegen Meineids im damaligen ScheidungsProzess von Juwelier Mertens.
    Im Juni 1929 fand vor dem Bonner Schwurgericht die Verhandlung gegen Dr. Richter statt.
    Der Prozess erregte großes Aufsehen. Es wurde ein Sensationsprozess. Der Angeklagte war als Arzt vielen Menschen im Umland bekannt. Vor jedem Verhandlungstag kam es vor dem Gerichtsgebäude zu »lebensgefährlichem Andrang«, wie eine Zeitung berichtete: »Die verschiedensten Volksschichten sind vertreten, neben Krankenpflegern stehen Ärzte und Universitätsprofessoren, neben Studenten und Gerichtsreferendaren Kriminal- und Polizeibeamte, Arbeiter, Handwerker, Kontoristinnen.«
    Für die mehr als vierzig Gerichtsreporter der deutschen Zeitungen war eine Pressezentrale mit den notwendigen Fernsprechanschlüssen eingerichtet worden.
    Vor Beginn des Prozesses ermahnte der Vorsitzende die Pressevertreter, objektiv und ohne sensationelle Färbung zu berichten. Einige Phasen der Verhandlung, vor allem über die sexuellen Beziehungen zwischen Dr. Richter und Käthe Mertens, fanden unter Ausschluss der Öffentlichkeit statt.
    Der Angeklagte selbst verfolgte anfangs die Anschuldigungen gegen ihn aufmerksam und gelassen, wurde aber unter der Last der Beweise immer nervöser. Mit »eisiger Höflichkeit« erhob er Einspruch, wenn die Beweislage besonders gefährlich für ihn wurde. Dabei wurde seine eigene Verteidigungsstrategie deutlich, in der Voruntersuchung hatte er noch den Besitz von Strophantin überhaupt geleugnet. Nun, in der Hauptverhandlung, gab er zwar den Erwerb des Giftes zu, leugnete aber, es zum Mord verwendet zu haben. Er habe es zu therapeutischen Zwecken in seiner HNO-Praxis gebraucht und am Mordtage zufällig in der Aktentasche gehabt. Frau Mertens müsse ihm das Gift heimlich entwendet und sich damit, aus Kummer, weil er sie verlassen wollte, selbst umgebracht haben. Richter war sicher nicht bewusst, wie absurd diese Behauptung war. Wie hätte Frau Mertens wissen sollen, dass sich in dem Glasröhrchen Gift befand? Und warum sollte ein Selbstmörder sich auf so ungewöhnliche Weise das Gift - statt es zu schlucken - in den Dickdarm schieben? Im Magen hatte sich ja keine Spur des Giftes gefunden.
    Außerdem konnten ihm Zeugen und Sachverständige diese Schutzbehauptung widerlegen. Das konzentrierte G-Strophantin-Pulver wäre für eine Behandlung in der HNO-Praxis nahezu lebensgefährlich, die von Richter angegebene Therapie also absolut ungeeignet. Unglaubhaft auch, dass die lebenslustige Käthe Mertens selbstmordgefährdet gewesen sei. Wenn sie Richter mit Selbstmord gedroht hatte, so hatte sie ihn damit erpressen wollen. Das hatte sie ihrer Freundin gestanden. Die Aussagen der Polizisten bekräftigten auch, dass Richter bei der Verhaftung das Glasröhrchen aus der Westentasche gezogen hatte. Käthe konnte es ihm also nicht heimlich aus der Aktentasche entwendet

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