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Mörderische Ärzte: der hippokratische Verrat

Mörderische Ärzte: der hippokratische Verrat

Titel: Mörderische Ärzte: der hippokratische Verrat Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Hans Pfeiffer
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der bis zuletzt einen Freispruch erhofft hatte, brach völlig zusammen.
    »Eine Tragödie«, schrieb der Reporter des Bonner GENERALANZEIGERS: »Aus Liebe wurde Hass - aus dem friedlichen, hilfsbereiten und weichherzigen Mann ein überlegter kaltherziger Mörder. Der Vorhang fällt über einer Tragödie der menschlichen Irrungen - Wirrungen.« Der Anwalt des Verurteilten erhielt aus allen Schichten der Bevölkerung Briefe, vor allem von Ärzten, die das Urteil zu hart nannten.
    Ein Jahr später hob das Preußische Staatsministerium das Todesurteil auf und verhängte eine lebenslängliche Zuchthausstrafe.
    Über eine diesem Pfeilgift-Mord vergleichbare Tat aus jüngster Zeit berichtete Raimund Kusserow im STERN. Ausgeführt wurde das Verbrechen, wie es im Bericht heißt, durch eine Injektion mit Succynil-Asta, das wie das indianische Pfeilgift Curare nerven-lähmend und absolut tödlich wirke. Der Mord spielte sich vor dem Hintergrund einer gescheiterten Ehe ab und wurde vom Täter mit biblischem Pathos angekündigt: »Du hast mein Leben zerstört. Wir sehen uns wieder vor dem Jüngsten Gericht!«
    Dr. Friedhelm Zaborsky, neunundvierzig Jahre, war Chefarzt eines Koblenzer Krankenhauses, ein bei seinen Patienten beliebter und angesehener Chrirug, hochqualifiziert in seiner Arbeit, aber schwierig im Charakter. So wenigstens empfand es nach zwanzig Jahren Ehe seine Frau Dagmar. Was die Ehepartner einander entfremdete, war der alte und kaum lösbare Konflikt eines arbeitsbesessenen Mannes zwischen Beruf und Familie. Aus kleinen Verhältnissen stammend, hatte der begabte junge Mann mit eiserner Energie das Medizinstudium absolviert und sich bis zum Chefarzt hochgearbeitet. Er war scheu und introvertiert und fand in der Arbeit Selbstbestätigung. Wie viele innerlich gehemmte Menschen glich er Unsicherheit durch äußere Schroffheit aus. Es kam zu Streitigkeiten mit der Krankenhausverwaltung. In langwierigen juristischen Auseinandersetzungen rieb er sich auf. Der Alkohol war kein Ausweg, sondern gefährdete noch mehr sein seelisches Gleichgewicht und natürlich auch die Beziehung zu Frau und Kindern. Dagmar beklagte, ihr Mann sei unfähig zu jedem Gespräch über die gemeinsamen Probleme. Gingen ihm die Argumente aus, stand er auf und verließ das Zimmer. Auch zu seinen drei Söhnen fand er keinen Kontakt mehr. In der Familie schließlich völlig isoliert, schien er sich dieser Entfremdung nicht einmal bewusst zu sein. Denn als ihm seine Frau durch ihren Rechtsanwalt mitteilen ließ, sie wolle sich von ihm trennen, empörte sich in ihm alles gegen eine solche Zumutung. Sein Stolz war verletzt, sein Selbstbewusstsein gebrochen. Wahrscheinlich liebte er auf seine Art Dagmar noch immer. Sie war sein einziger Halt, er wollte sie nicht verlieren. Eher wollte er sterben. Aber sie sollte mit ihm in den Tod gehen. Nach dem langen Schlaf würde er sie Wiedersehen, bei der Auferstehung am Jüngsten Tag. Dort würde Gott sie richten für ihre Treulosigkeit.
    An einem Januartag 1985 beschaffte er sich eine Anzahl Ampullen Succynil-Asta. Man kann nur ahnen, in welchem seelischen Zustand er sich befand, als er wenige Tage später morgens zu Dagmar sagte, sie solle heute ihr schönstes Kleid anziehen. Auf ihre Frage, was das bedeuten solle, antwortete er, sie würden sich erst Wiedersehen zum Jüngsten Gericht.
    Aber sie zog nicht ihr schönstes Kleid an. Sie trug einen grauen Wollrock und einen beigen Mantel, als sie einkaufen ging. Und als sie heimkam, empfing sie ihr Mann, einen Hammer in der Hand. Mit mehreren Schlägen auf den Kopf streckte er sie nieder und injizierte der Bewusstlosen das dem indianischen Pfeilgift Curare ähnliche Gift.
    Dann versuchte er sich selbst durch eine Injektion zu töten, was jedoch misslang.
    Der Staatsanwalt meinte, es sei nur ein vorgetäuschter Selbstmord gewesen, um der Anklage wegen vorsätzlicher Tötung zu entgehen und sie als Affekthandlung, als Totschlag, erscheinen zu lassen.
    Juristisch mag das einleuchten, psychologisch überhaupt nicht.
    Die pathetische Verkündigung vom Wiedersehen beim Jüngsten Gericht lässt ahnen, dass seine Frau mit ihrer Absicht, den Mann zu verlassen, die tiefste Schicht seiner Lebensfähigkeit zerstört hatte. Er wollte nicht mehr leben, sondern mit ihr zusammen sterben.

    Tote Strombahnen

    Nichts setzt so sehr die Phantasie in Gang wie der Entschluss, ein perfektes Verbrechen zu begehen. Das Hirn des Mörders entwickelt dabei eine geradezu produktive Tätigkeit.

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